zurück
RUDERN: DEUTSCHE MEISTERSCHAFT
Medaillen-Jäger auf dem Main: Lorenz Grimm und Julian Waller trumpfen bei den deutschen Ruder-Sprintmeisterschaften auf
Die beiden 17-Jährigen lassen bei den von ihrem Heimverein ausgerichteten Meisterschaften nichts anbrennen. Warum das Ganze auch der Beginn einer Abschiedstour sein könnte.
Großer Andrang: Bei den vom Schweinfurter Ruder-Club ausgerichteten deutschen Sprintmeisterschaften über 350 Meter starteten 556 Aktive.
Foto: Anand Anders | Großer Andrang: Bei den vom Schweinfurter Ruder-Club ausgerichteten deutschen Sprintmeisterschaften über 350 Meter starteten 556 Aktive.
Steffen Krapf
 |  aktualisiert: 17.10.2022 02:33 Uhr

Von Freitagabend bis zum späten Sonntagnachmittag war am Ufer der Schweinfurter Wehranlagen und auf dem Main ein reges Treiben auszumachen: Die deutsche Ruderszene traf sich zum Saisonabschluss zu den 26. deutschen Sprintmeisterschaften. Mittendrin im Getümmel und ganz vorne dabei, wenn es um die begehrten Medaillen ging, waren zwei junge Schweinfurter: Lorenz Grimm und Julian Waller erlebten ein erfolgreiches Ruder-Wochenende.

Fotoserie

Der Samstag war der Hauptkampftag für die zwei überaus erfolgreichen Nachwuchsathleten des Schweinfurter Ruder-Clubs Franken, die in diesem Jahr schon für so viel Furore gesorgt haben. Zum Abschluss des Ruderjahres sollte das Heimspiel möglichst zur Galavorstellung werden. Mindestens einen Titel hatte Grimm sich als Ziel vorgenommen, wie er hinterher verriet. Die Besonderheit der Sprintmeisterschaft war auch, dass nur Vereinsmannschaften erlaubt sind. Kurz gesagt: Es durften sich keine Ruderer aus verschiedenen Vereinen, wie es sonst gängige Praxis ist, in einem Boot zusammenschließen. Ein besonderer Reiz für die Rudervereine also. Fabelzeiten waren dadurch natürlich nicht zu erwarten. Mit den Zeiten der "optimierten" Bote der großen nationalen und internationalen Turniere hätten die der Sprintmeisterschaft, die in Schweinfurt an den Start gingen, nicht mithalten können - kein Beinbruch für 556 Ruderinnen und Ruderer aus 61 Vereinen. Der ausrichtende Ruder-Club Franken schickte elf Boote ins Rennen.

Wünschte viel Glück: Der Schweinfurter Trainer Dominik Blattert (links) und Lorenz Grimm beim Gespräch kurz vor einem der Starts.
Foto: Anand Anders | Wünschte viel Glück: Der Schweinfurter Trainer Dominik Blattert (links) und Lorenz Grimm beim Gespräch kurz vor einem der Starts.

Am Samstag um 6 Uhr klingelte bei Grimm der Wecker, erzählt der 17-Jährige am Sonntagnachmittag im Rückblick. Normal sind die bayerischen Meisterschaften in Schweinfurt das absolute Highlight, 2001 wurden die deutschen Ruder-Sprintmeisterschaften das bislang letzte Mal in Schweinfurt ausgetragen. Damals war Grimm noch gar nicht auf der Welt. "Es ist cool, dass mal so viele Leute hier waren", freut sich der Gymnasiast. "Das ist schon etwas Besonderes". Um 8.30 kam Grimm am Samstag auf dem Gelände an, dort traf er auch auf seinen gleichaltrigen Teamkollegen Waller, mit dem er an diesem Wochenende viel gemeinsame Zeit im Boot verbringen sollte.

"Wir sind das eigentlich nur so aus Spaß gefahren."
Der Schweinfurter Ruderer Lorenz Grimm über den Finaleinzug zusammen mit seinem Coach Dominik Blattert im Männer-Vierer

Beide hatten schon ein Rennen auf dem Buckel. Am Freitagabend qualifizierten sie sich im Männer-Vierer für das A-Finale am Samstag und übertrafen damit schon die vorab gesteckten Erwartungen. "Wir sind das eigentlich nur so aus Spaß zusammen mit unserem Trainer gefahren", erklärte Grimm. Los ging es am Samstag nach dem gemeinsamen Aufwärmen erstmal mit dem Vorlauf im Jugendvierer. Neben Grimm und Waller saßen noch Paul Philipp und Piet Berden im Schweinfurter Boot. Platz eins – ab ins A-Finale! Das fand keine zwei Stunden später statt.

Dort rechnete der gesamte Verein sich die größten Medaillenchancen aus. Grimm und seine Mitstreiter machten ein tolles Rennen, ruderten die 350 Meter in 56,75 Sekunden. Silber. Nur der Vierer des Ruderverein Münster war noch schneller auf dem Main unterwegs. Es ging Schlag auf Schlag weiter. Nur 45 Minuten später, der Himmel war behangen mit tiefgrauen Wolken – ein paar Tropfen regnete es – saßen Grimm, Waller und Philipp schon wieder im Boot, diesmal mit ihrem Coach Dominik Blattert im Männer-Vierer. Fünf Boote gingen an den Start, das des Kölner Rudervereins 1877 und des Wassersportvereins Hennef fuhr der Konkurrenz deutlich davon, dahinter folgte aber auch schon das mit den vier Sportlern in den auffällig rot-weißen Anzügen, auf denen der fränkische Rechen zu erkennen ist. Schweinfurt holte Bronze. "Es lief jetzt deutlich besser als noch vergangene Woche im Training", erklärte Grimm den Überraschungserfolg.

Die Sprintdistanz wurde bei den Schweinfurtern nur kurz trainiert 

Fünf Mal mussten er und Waller am Samstag raus aufs Wasser. Die Abstände zwischen den Rennen waren enorm kurz, berichtete er. "Es war schon anstrengend, du hattest dazwischen immer nur ganz wenig Zeit, um etwas zu essen." Die Spannung musste hochgehalten werden, ein kleines Nickerchen war nicht drinnen, da wäre der Kreislauf zu weit runtergefahren. "Die letzten zwei Rennen waren schon hart, auch wenn die Distanz kurz ist." Üblich sind auf Wettkämpfen eins bis maximal zwei Rennen pro Tag. Dann allerdings über die 2000-Meter-Distanz. Die 350-Meter-Sprintdistanz wurde nur in wenigen Trainingseinheiten vor dem Wettkampf ein paar Mal trainiert.

"Der Start ist natürlich wichtig", erklärte Waller die Herangehensweise beim Sprint. "Da halten wir voll drauf – eigentlich von Anfang an und dann die ganze Strecke." Vorab ist bei den Finalläufen die Anspannung natürlich hoch. "Bei den 350 Metern kann dich jeder kleine Fehler einiges kosten." Viele erlaubten sich die zwei Schweinfurter Ruder-Asse an diesem Wochenende nicht. Im gemeinsamen Junioren-Zweier holten sich Grimm und Waller zur Krönung die Goldmedaille. Einzig im Schweinfurter Achter lief es nicht so gut.

Der Traum ist ein gemeinsamer WM-Auftritt

Es war der rundum gelungene Abschluss einer starken Saison. "Bei mir war sie richtig gut", berichtete Grimm. Er konnte sich für die Weltmeisterschaften im italienischen Varese qualifizieren, erreichte dort im Doppelvierer Platz vier. Wallers Jahr begann etwas holpriger aufgrund von gesundheitlichen Problemen – Ende der Saison griff der Schweinfurter aber noch einmal an, qualifizierte sich für den renommierten Baltic-Cup im dänischen Aarhus und gewann dort zwei Goldmedaillen für Deutschland.

Großer Aufwand: Bei den Meisterschaften hatten nicht nur die Verantwortlichen und die Helferinnen und Helfer alle Hände voll zu tun, auch die Teilnehmenden mussten mitunter anpacken.
Foto: Anand Anders | Großer Aufwand: Bei den Meisterschaften hatten nicht nur die Verantwortlichen und die Helferinnen und Helfer alle Hände voll zu tun, auch die Teilnehmenden mussten mitunter anpacken.

Die Vorbereitungen für die nächste Rudersaison haben allerdings im Grunde jetzt schon begonnen. Nächstes Jahr wollen beide zusammen im Junioren-Zweier zur Weltmeisterschaft. "Und wenn es geht: Gold holen. Das ist der Plan", sagte Grimm dazu kurz und knapp. Vielleicht wird es der Schlusspunkt von zwei außergewöhnlichen Rudernachwuchskarrieren.

Ob und wie es nach dem Abitur, das beide im nächsten Jahr schreiben, mit dem Leistungsrudern weitergeht, steht noch in den Sternen. Der Aufwand, der jetzt bereits mit neun Einheiten von je 90 Minuten pro Woche unheimlich hoch ist, würde sich im U-23-Bereich noch einmal erhöhen. Hinzu würden verpflichtende Trainingslager in Stützpunkten kommen. "Ich weiß noch nicht, ob ich dann weitermache", sagte Grimm. Waller nickt. Er auch nicht. "Ich warte mal ab und schaue dann, wie viel Spaß mir das dann noch macht und wie es sich mit dem Studium ausgeht." Für den Schweinfurter Sport wäre es allerdings ein Jammer, wenn Grimm und Waller dann künftig nicht mehr gemeinsam in einem Boot um Titel fahren.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Steffen Krapf
Boote
Rennen
Rudersportler
Wassersportvereine
Weltmeisterschaften
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top