Am Anfang deutete Einiges auf eine elitäre Trainingsgruppe mit hohem leistungssportlichen Anspruch hin. Track & Field Club Mainfranken - das hört sich aber auch mehr nach US-amerikanischer Kaderschmiede an, denn nach ganz normalem Leichtathletik-Verein. Na, ja: fast ganz normalem. Marco Gößmann-Schmitt geht mit seinem jungen Team einen eigenen Weg, um Talente nicht nur an die Spitze heranzuführen, sondern zu begeistern, zu brennen für ihren Sport.
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Ihr Sport - als solchen sollen die 60 Mitglieder des TFC die Leichtathletik und das Vereinsleben wahrnehmen. Mitbestimmung und Mitgestaltung wird groß geschrieben. Was auch der Grund ist, dass Gößmann-Schmitt als ehemaliger bayerischer Nachwuchs-Landestrainer nicht mehr mit einem alteingesessenen Verein kooperieren wollte, sondern lieber sein eigenes Ding aufziehen.
Gescheiterter Versuch beim FC 05
In Karlstadt, wo er mit der LG Karlstadt-Gambach-Lohr neun Jahre zusammenarbeitete, hatte der 31-Jährige Sportlerinnen und Sportler aus sieben Vereinen in seiner Trainingsgruppe. "Dann gab es Meinungsverschiedenheiten." Nach einem gescheiterten Versuch, beim FC 05 Schweinfurt sesshaft zu werden, gründete der Schweinfurter im Oktober 2018 den Track & Field Club Mainfranken mit Sitz in seiner Heimatstadt und einem zweiten Standort in Würzburg. Den Namen hätten sich die Aktiven gewünscht: "Weil es hipp klingt." Vereinsleben mal cool.
Track & Field - das soll sich zur Marke entwickeln. Und zwar über das Team. "Bei uns muss nicht jeder Aktive leistungssportliche Ansprüche erfüllen. Manche sind am Rechner gewiefter als auf der Bahn. Es geht um Ideen jeder Art, auch im Bereich Außenkommunikation oder Social Media", so Gößmann-Schmitt, der sich nur zu gut an seine Leichtathletik-Laufbahn erinnern kann. "Leistung steht so brutal schwarz auf weiß in Zahlen da. Das kann schön sein, aber auch ein harter Knüppel."
Karriere-Ende mit 19 Jahren
Er war 400-m-Läufer, aufgrund von "Verletzungen und Defiziten" aber kein herausragender. Da habe er mit 19 Jahren aufgehört und sein Talent als Trainer entdeckt. "Wir wollen den Jungen aufzeigen, dass sie auch andere Aufgaben haben können als zu laufen."
Nichtsdestotrotz ist die Leistungsentwicklung bei denen, die Talent und Ehrgeiz mitbringen, ein maßgebliches Ziel im TFC. Und es gibt bereits sportliche Aushängeschilder. Allen voran Naomi Hemmelmann, mit der Gößmann-Schmitt schon in Karlstadt zusammengearbeitet hat. Die 21-jährige Sprinterin ist mehrfache bayerische Meisterin und Teilnehmerin an nationalen Titelkämpfen, derzeit allerdings durch einen Muskelbündelanriss außer Gefecht. Sie ist auch in der Jugendvertretung des Vereins aktiv, kümmert sich um Fotos und Videoschnitte.
Sprint-Talente mit Perspektive
Die 22-jährige Meike Paulick machte jüngst den größten Leistungssprung, wurde in 14,93 Sekunden bayerische Junioren-Meisterin. Mit Alma Goller gibt's in der Würzburger Trainingsgruppe, die am Sanderrasen und in der Bundeswehrkaserne Veitshöchheim trainiert, eine deutsche Meisterin im Berglauf. In Schweinfurt, wo auf dem ehemaligen US-Gelände Yorktown vermehrt der Nachwuchs angesiedelt ist, haben sich mit Kevin Adeyemo (Jahrgang 2003; 100 Meter in 11,49 Sekunden) und Nele Feser (2005) zwei Sprint-Talente mit Perspektive herauskristallisiert.
Gößmann-Schmitt wartet nicht, bis Talente zu ihm kommen, er sichtet aktiv an Schulen oder bei Bundesjugendspielen. "Viele Mädchen und Jungs haben Lust auf Sport, wissen aber oft nicht, wo sie ein auf sie zugeschnittenes, modernes Angebot finden." Dass der TFC das leisten kann, will der Trainer mit seinem Team auch außerhalb des Sportplatzes beweisen. Beispielsweise mit Jugendbildungsmaßnahmen wie zuletzt der Ostsee-Reise, wo neben kulturellen und bildenden auch sportheoretische Inhalte vermittelt worden sind.
Das wird möglich durch die enge Zusammenarbeit mit dem ebenfalls in Schweinfurt ansässigen Idealverein für Sportkommunikation und Bildung, dessen Vorstandsmitglied Sebastian Bauer auch im Vorsitz des TFC mit dem Schwerpunkt Administration tätig ist. Die Vermittlung von Werten und Tugenden an junge Menschen ist beiden Vereinen gemein.
Mit ins Boot geholt haben sich Gößman-Schmitt und Bauer mit Heidrun Laschka eine Beraterin, die nach 25 Jahren in der TG 48 Schweinfurt weiß, wie schwer es ist, Leistungssport-Standorte mit Ausbildungsvereinen unter einen Hut zu bringen. "Die Breitensportvereine glauben, den Aktiven alles bieten zu können, sie tun sich schwer mit dem Loslassen", so Laschka. "Für den TFC wäre es daher Gift, Talente aktiv abwerben zu wollen. Das muss sich entwickeln." Jüngstes Beispiel ist Johanna Baunach (2005), die beste unterfränkische Mittelstrecklerin ihrer Altersklasse, die bei Gößmann-Schmitt trainiert, aber für die DJK startet.
Bis zu fünf Einheiten in der Woche
"Wir wollen Hand in Hand mit klassischen Mehrspartenvereinen die Leichtathletik in der Region befeuern", so Gößmann-Schmitt. "Früher oder später wird sich unser Modell durchsetzen und wir werden als Leuchtturm in der Szene dastehen." Er selbst ist Trainer der Leistungsgruppe, bietet in Würzburg fünf Einheiten in der Woche an. Unterstützt wird er von vier Trainerinnen und Trainern, die sich um die vielen Kinder kümmern, von denen die meisten in Schweinfurt zweimal wöchentlich trainieren.
In drei bis fünf Jahren will er für den Standort Würzburg einen Nachfolger aufgebaut haben, um sich ganz auf die übergeordneten Aufgaben eines modernen Förder-Stützpunktes konzentrieren zu können. Er macht einen Wandel in der deutschen Leichtathletik aus, weg von den zentralen Bundesstützpunkten. "Nehmen wir Fürth. Der Verband hat nicht mehr das Geld, diese Leistungszentren zu fördern. Dort regnet es in die Halle rein."
Auch EM- und WM-Teilnahmen denkbar
Es geht Gößmann-Schmitt dabei nicht um das Leistungsvermögen des Vereins, sondern um das der Sportler. "Wir müssen uns fragen: Können wir helfen? Momentan fehlt mir die Fantasie, zu sehen, dass wir nicht helfen könnten." Die fachliche Expertise bringe er mit, er habe in seiner Trainerlaufbahn Athleten betreut, die bei Europa- und Weltmeisterschaften gestartet sind. Das sollen künftig auch Athleten des TFC, wenn auch über kleine Umwege. Hemmelmann zum Beispiel sei auf St. Lucia aufgewachsen, sie könnte für den karibischen Inselstaat bei Großveranstaltungen starten.