
Wer bei der U-18-Leichtathletik-WM vom 12. bis 16. Juli in Nairobi sicher dabei sein will, der musste sich bei der internationalen Jugendgala in Schweinfurt präsentieren. So war beim größten Leichtathletik-Event auf unterfränkischer Bühne nahezu die gesamte deutsche Spitze dieser Altersklasse angereist und kämpfte in den verschiedenen Wettbewerben um maximal zwei WM-Startplätze.
140 Kampfrichter und Helfer, die der Leichtathletik-Kreis Schweinfurt-Haßberge mit dem Organisationsteam um Sebastian Müller und Heribert Finster wieder aufgeboten hatten, sorgten für eine tolle Wettkampfbühne und die Athleten dankten es mit Leistungen, die oftmals Weltklasse-Niveau hatten. Störend war bei idealen Temperaturen lediglich hin und wieder der böige Wind.
Über eine kleine Panne mussten selbst die Kampfrichter schmunzeln. Die U-18-Jungs lieferten sich im Kugelstoßen einen derart starken Wettkampf, dass das zur Verfügung gestellte Maßband nicht ausreichte. Aber Ersatz war schnell gefunden und so konnte die Weiten-Jagd ohne große Verzögerung weitergehen. Gleich drei Jugendliche überboten die WM-Qualifikationsnorm von exakt 19 Metern. Tim Northoff vom TuS Jöllenbeck, der bis dato Zweitbeste der Weltjahresbestenliste, legte mit 20,10 Metern im dritten Versuch vor.
Auch Nico Maier vom SR Yburg Steinbach hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 19,51 Meter erzielt. Nur Jonas Tesch, der in diesem Jahr ebenfalls schon über 20 Meter erzielt hatte, fand nicht richtig in den Wettkampf. Der junge Mann vom SV Halle rettete sich mit 17,84 Metern im dritten Versuch ins Finale. Beim sechsten Versuch passte dann alles. Auf 20,51 Meter beförderte Nico Maier die fünf Kilogramm schwere Eisenkugel. Damit verpasste er nur um einen Zentimeter die Weltjahresbestleistung. „Ich habe heute gezeigt, dass ich mit einer Drucksituation umgehen kann, da geht noch was“, sagte der selbstbewusste Sportler.
Auch in der weiblichen U-18-Jugend ruhen die deutschen Medaillenhoffnungen im Kugelstoßen. Selina Dantzler von der LG Stadtwerke München ist die Nummer zwei der Welt, kam mit der Drei-Kilo-Kugel 2017 bereits auf 18 Meter. In Schweinfurt erzielte sie bei ihrem klaren Sieg 17,26 Meter. Aber auch im Diskuswurf, den sie in Schweinfurt ebenfalls gewann, traut man ihr bei der WM durchaus den Einzug ins Finale zu.
Beste Stimmung herrschte an der Weitsprunggrube direkt vor der Haupttribüne. Bei der Vielzahl an Weltklasseleistungen jubelten sogar hin und wieder die Kampfrichter. Alleine drei Mädels blieben über der Norm von 6,05 Meter. Lea-Sophie Klik vom des LAC Erdgas Chemnitz freute sich ausgelassen über einen Satz auf 6,31 Meter. Damit gehört sie zu den Medaillenhoffnungen. Bei den Jungs war der Jubel bei zwei Sportlern allerdings nur von kurzer Dauer. Die 7,52 Meter von John Schlegl (Ahrensburger TSV) und die 7,42 Meter von Reinaldo Nogueira (SCC Berlin) waren von zu starkem Rückenwind begünstigt, so dass sie nur für das Ergebnisprotokoll, nicht aber für die Bestenliste zählen. So durfte sich der Drittplatzierte Ole Grammann (LAV Bayer Ürdingen-Dormagen) über seine 7,32 Meter bei regulärem Wind (nicht über 2 Meter pro Sekunde) freuen.
Ngo liebäugelt vergebens
Mit der WM-Norm im Weitsprung hat sicherlich auch Trung Ngo vom TSV Bad Kissingen ein wenig geliebäugelt. Bereits Anfang Mai hatte er eine Weite von 7,11 Meter erzielt und damit nur um 14 Zentimeter die Vorgabe für Nairobi verfehlt. Im hochklassigen Wettbewerb, bei dem gleich sieben Springer die sieben Meter überboten, verpasste Ngo mit seinen dennoch guten 6,79 Metern den Endkampf der besten Acht um einen Rang und damit auch die Chance auf weitere drei Versuche.
Weltklasse-Niveau hatte auch der Hürdensprint der weiblichen Jugend über 100 Meter. Elegant und schnell waren die Südafrikanerin Antoinette Van der Merwe und Antonia Buschendorf (Sportclub Magdeburg) über die 76,2 Zentimeter hohen Hindernisse unterwegs. Van der Merve setzte sich bei 0,7 Metern pro Sekunde Gegenwind in 13,38 Sekunden hauchdünn vor der Deutschen durch. Auch die 59,52 Sekunden, die für Gisele Wender (SV Bau-Union Berlin) über die 400 Meter Hürden gestoppt wurden, können in Nairobi für die Finalteilnahme reichen.
Hohes Potenzial bescheinigt Bernhard Schäfers, der bayerische Landestrainer für den jüngeren Nachwuchs, Viviane Heilmann vom TV DJK Hammelburg. Auch wenn der Lauf-Rhythmus über die technisch schwierige 400-m-Hürden-Strecke noch nicht ausgereift scheint, verbesserte sie ihre Bestzeit um rund drei Sekunden auf 1:06,77 Minuten. Die Freude darüber wurde bei der Saalestädterin nur dadurch etwas getrübt, dass sie damit um weniger als drei Zehntel Sekunden die Qualifikation zur Deutschen verpasste. Im Hochsprung der männlichen Jugend U18 steigerte sich Chimea Ihenetu vom SC Neubrandenburg auf beachtliche 2,08 Meter.
Bei den zeitgleich mit der Jugendgala ausgetragenen bayerischen Meisterschaften im Hindernislauf gab es Gold für den unterfränkischen Leichtathletik-Verband. Johanna Beck von der LG Karlstadt Gambach Lohr lief über 1500 Meter ein beherztes Rennen um den Gesamtsieg. Zweihundert Meter vor dem Ziel erkämpfte sich die 16-Jährige die Führung. Allerdings wurde sie kurz vor dem Ziel wieder von Lea Steinbach vom ASV Aichwald abgefangen und wurde in der nationalen Wertung Zweite. Den Landestitel holte sie sich aber mit rund zehn Sekunden Vorsprung. Mit ihrer Steigerung auf 5:02,93 Minuten verbesserte sie sich damit auf Rang drei der deutschen U-18-Rangliste.
Bei der U18-WM werden allerdings die international vorgeschriebenen 2000 Meter gelaufen, so dass der Lauf nicht herangezogen wird.
Einzige Starterin bei der Gala aus dem Bereich Schweinfurt war Jana Vollert. Die 16-Jährige vom Hoppachshof hatte sich über die 1500 Meter der U18 qualifiziert. In 4:51,30 Minuten verpasste die Läuferin der TG Schweinfurt zwar ganz knapp ihre Bestleistung aus dem Vorjahr, zeigte sich aber mit ihrer Leistung und Platz acht nicht unzufrieden. „In Anbetracht des unrhythmischen Rennverlaufes passt das schon“, sagt sie. Allerdings sieht sie sich über die längeren Strecken momentan besser aufgehoben als auf der Mittelstrecke. „Bei den deutschen Meisterschaften habe ich einen Start über die 3000 Meter geplant. Da soll es möglichst ein Platz unter den ersten Acht werden“, so Vollert, die dafür auch im Sommer fünf bis sechs Trainingseinheiten in der Woche absolvieren wird.
Ein zufriedener Bundestrainer
Derweil durfte sich U-18-Bundestrainer Jörg Peter dank des hohen Niveaus in Schweinfurt über viele zusätzliche Normen für Nairobi freuen. So könnte es ein großes WM-Team werden. Auch wenn die Leistungen in Schweinfurt vor allem im Sprungbereich Anlass für Optimismus geben, so sollten für WM-Medaillen in erster Linie wieder die Werfer und Stoßer in Frage kommen. Für die Sportler, die trotz Normerfüllung aufgrund ihrer starken Disziplin nicht zur WM fahren können, besteht Hoffnung, dass sie zumindest bei den Europäischen Olympischen Jugendspielen in Ungarn starten dürfen. Für die jungen Sportler, die schon in Schweinfurt nominiert wurden, war die damit verbundene Einkleidung schon ein erster Höhepunkt ihrer jungen Karriere.
Auch Rahmenwettbewerbe der U20 und Aktiven gab es in Schweinfurt, wenngleich nicht so stark besetzt wie die der U18. Aber dennoch zeigten auch da einige heimische Athleten Top-Leistungen. Allen voran glänzte Sprinter Nick Przeliorz (Erfurter LAC) aus Nüdlingen, der eine famose Vorstellung zeigte. Bei seinem Sieg über 100 Meter verbesserte er seinen Hausrekord um elf hundertstel Sekunden auf fantastische 10,73 Sekunden.
Über 200 Meter zeigte die Anzeigetafel im Zieleinlauf 21,99 Sekunden, die nach Auswertung des Zielfotos allerdings auf 22,01 Sekunden korrigiert wurde. Dennoch steigerte er seine persönliche Bestleistung um knapp eine halbe Sekunde.