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KARATE:
Der intelligente Weg zum WM-Sieg
Der Schweinfurter Alex Krug holt den Titel im Kumite. Auch die von ihm und Alexander Parchaev-Günther trainierten Kids Dennis Chinarev, Leon Wegner und Arhur Anisimov gewinnen Medaillen für den Klub Kraftwerk, der mehr als nur ein Verein ist.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:22 Uhr

Er hat schon einen mächtigen Händedruck. Doch er weiß seine Kraft mit Gefühl einzusetzen: Schließlich ist Alex Krug in Athen gerade Karate-Weltmeister im Kumite geworden – und da geht es zwar im Kampf zur Sache, doch werden Schläge wie Tritte dosiert ausgeführt, da es nicht Ziel ist, den Gegner außer Gefecht zu setzen. Eine Form der physischen Auseinandersetzung, die dem 41-jährigen Schweinfurter gefällt. Nach Bandscheiben-OP genau das richtige für ihn, der lange Zeit lieber beim Kickboxen mit Schmackes zugehauen hat. „Ich habe früher andere Leute im Ring niedergeschlagen, das wollte ich irgendwann nicht mehr. Man wird eben erwachsen. Und Karate ist intelligenter.“

Als 13-Jähriger ist Krug in seiner Heimat Kasachstan zum Kampfsport gekommen, lernte schnell Kickboxen, Boxen und eben Karate. Jetzt, mit 41, ist er Weltmeister des WKU-Verbandes, für den im Vollkontakt-Kickboxen ja auch die mehrfache Weltmeisterin Christine Theiss medienwirksames Aushängeschild war, ehe sie 2013 ihre Karriere beendete. Von ihrer Popularität ist einer wie Krug meilenweit entfernt („ich kann mit Karate kein Geld verdienen“), seinen Titel holte er ja auch bei den Veteranen. Das hört sich älter an, als es ist, in seiner Klasse stehen 35- bis 44-Jährige auf der Matte, in seinem Fall mit einem Gewicht unter 80 Kilogramm.

Eine überraschende E-Mail

Gestaunt hat Krug nicht schlecht, als sich am 2. Juli der Bundestrainer per Mail gemeldet hatte, um ihn mit der deutschen Nationalmannschaft nach Athen zur WM zu schicken. Nicht aus Jux und Tollerei, der Schweinfurter, der nach seinem Bandscheibenvorfall eigentlich nur Jugendtrainer sein wollte, es dann aber doch nicht lassen konnte, war zu diesem Zeitpunkt bereits bayerischer und deutscher Meister sowie Sieger einiger internationaler Turniere. „Aber damit hätte ich nie gerechnet, das war eine große Überraschung für mich“, sagt der eher introvertiert wirkende Sportler. Natürlich musste er nicht lange überlegen, er sagte zu, selbst die relativ kurze Vorbereitungszeit konnte seine Euphorie nicht bremsen: „Ich musste nichts extra für die WM machen, ich trainiere eh schon viermal unter der Woche und zweimal am Wochenende, ich habe nur einen freien Tag. Das ist extrem, mehr würde ein 41-jähriger Körper nicht aushalten.“

Den letzten Haken machte sein Arbeitgeber, der Kunststofftechnik-Betrieb ROS, hinter die Griechenland-Reise: Fünf Tage Sonderurlaub. Und Krug zahlte mit Leistung zurück. Nach einem Freilos im Viertelfinale besiegte er im Halbfinale zunächst den Engländer George Russel („er war stabil, aber ich war besser“) und im Finale schließlich den Waliser Marc Coakley. Dieser Kampf wird Krug lange in Erinnerung bleiben, mit leuchtenden Augen schildert er: „Ich lag 30 Sekunden vor Schluss mit 1:3 hinten, da beschloss ich kurzfristig meine Taktik zu ändern, stellte aus Passiv-Attacken um und holte mit drei schönen Attacken noch drei Punkte zum 4:3-Sieg.“ Die Schläge, und darum geht es im Kumite, waren besonders sauber und exakt ausgeführt. „Das ist keine Schlägerei, das ist Vollkontakt mit Berechnung“, so Krug. Wieder daheim überraschte sein Boss den Kunststofftechnik-Mechaniker, der 2003 nach Deutschland gekommen war, mit einem Willkommensplakat am Werkstor.

Ans Aufhören denkt Krug („ich mache weiter, bis es körperlich nicht mehr geht“) längst nicht, für die WM 2019 in Österreich ist er als Titelverteidiger ohnehin bereits qualifiziert. Denn eigentlich wollte er es nach seinem Wechsel 2014 von Budokan Schweinfurt, wo er unter Karl Heine trainiert hatte, zu Kraftwerk eher langsam angehen lassen. Aber offenbar hat sein persönlicher Trainer Jaroslav Ivanitzki den alten Ehrgeiz neu erweckt.

Erfolgreicher Kraftwerk-Nachwuchs

Und diesen Ehrgeiz transportiert Krug als Co an der Seite von Kraftwerk-Cheftrainer Alexander Parchaev-Günther auch auf den Nachwuchs des erst 2013 gegründeten Vereins, der sich neben den Disziplinen Boxen, Kickboxen, Mixed Martial Arts, Grappling und K1 insbesondere der Vermittlung des gesellschaftlichen Wertesystems an Kinder und Jugendliche verschrieben hat. Obwohl er den Bären im Logo trägt, sind Bärenkräfte nicht alles für's Trainerteam, wie Vorsitzende Janina Günther sagt. Ihr Verein lebe den Leistsatz: „Wir lieben, was wir tun. Diese Passion leben wir jeden Tag.“ Drei der Kraftwerk-Jugendlichen waren selbst in Athen mit über 2000 anderen Athleten der unterschiedlichsten Altersklassen am Start und sammelten ebenfalls Medaillen. Dennis Chinarev, der im Dezember Elf wird, wurde jeweils Erster in den Wettbewerben Leichtkontakt Kickboxen und Kick-Light der Klasse bis 30 Kilogramm; der gleichaltrige Leon Wegner holte jeweils Bronze. Der 14-jährige Arhur Anisimov (bis 55 kg) gewann im Kick-Light Gold, im Leichtkontakt Silber.

Krugs ältere der drei Kinder haben, wie kann's anders sein, ebenfalls Kampfsporterfahrung. Sohn Arthur (14) ist Kickboxer, ebenfalls im Kraftwerk und bei der WKU. Tochter Xenja (18) war bayerische Karate-Meisterin, wenngleich für die Farben Budokans und des Deutschen Karate-Verbandes. Ganz freiwillig sind sie nicht in Papas Fußstapfen getreten, wie Mama Oxana schmunzelnd erzählt: „Wir kommen aus einem Land, in dem es nötig war, sich auch verteidigen zu können. Wir sind entsprechend erzogen. Das geben wir an unsere Kinder weiter. Da stand es nicht wirklich zur Debatte, dass die Kinder lieber Klavierspielen lernen.“

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Foto: Xenia Krug
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Foto: Krug
 
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