„Wir haben von außen einfach unheimlichen Druck. Ich habe eine sehr sensible Mannschaft. Der erste oder zweite Platz ist momentan nicht erreichbar. Gott sei Dank ist jetzt erst einmal Pause.“ Diese vier Sätze von FC-05-Trainer Timo Wenzel bei der Pressekonferenz im Stadion an der Grünwalder Straße in München ließen tief blicken.
Ähnlich tief wie die 90 Minuten zuvor. Denn das Gastspiel bei der Bayern-Reserve zeigte Stärken, aber vor allem Schwächen der Schweinfurter Profi-Elf. Man sah, dass sie dann doch nicht das Spitzenteam ist, was sie immer vorgab, zu sein. Beispiel gefällig? Knapp eine halbe Stunde war vergangen, da kombinierten die Schweinfurter beim Stand von 0:1 schön in Richtung Bayern-Tor, doch Kevin Fery traf nach einem Doppelpass mit Adam Jabiri den Ball nicht richtig, der dann mehr oder minder in Richtung des FCB-Schlussmanns Christian Früchtl kullerte. Eigentlich gut, wenn man mal vom verunglückten Abschluss absieht. Und die Bayern-Reserve? Die macht im direkten Gegenzug ohne Umschweif das Spiel schnell, der auf der rechten Seite entlangstürmende Maximilian Franzke findet den Südkoreaner Wooyeong Jeong, der nach gut einer halben Stunde zum 2:0 einnetzt.
So geht's. Und eben nur so. Von einigen guten Ansätzen allein füllt sich das Punktekonto eben nicht in dem Maße, wie es die Schweinfurter gerne hätten. Denn eigentlich wollen sie ja besser sein als vergangene Saison, die mit Platz drei endete. Und nun? Die Bayern sind nach 20 Saisonspielen neun Punkte vor dem FC 05 – ebenso wie der VfB Eichstätt, der allerdings wie die Grün-Weißen schon 22 Partien hinter sich hat.
Abgezockte Bayern
Auch wenn es im Münchner Stadtteil Giesing wieder gut 35 Minuten lang so aussah, als würde den Unterfranken – wie so oft in dieser Saison – das Glück fehlen, stellt sich nun auch die Frage der Qualität. Langsam, aber sicher.
„Ich bin es wirklich leid. Ich kann das Gerede vom fehlenden Glück nicht mehr hören“, erklärte Mittelfeld-Abräumer Christopher Kracun, der wie Wenzel die schlechte Zweikampf-Führung als Haupt-Knackpunkt auserkoren hatte. „Man muss vor so einem Spiel ganz einfach brennen. Einige aus der ersten Elf haben das Ganze hier wohl zu locker genommen. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum wir viel zu viele 50:50-Zweikämpfe verloren haben. Wir sind die Herren-Truppe, bei den Bayern waren ganz viele junge Spieler dabei – da kann es doch nicht sein, dass wir zurückziehen.“
Wenzel sieht Anfängerfehler
Doch, es kann. Denn so abgezockt, ausgebufft und clever wie die zweite Garde des Rekordmeisters war der FC 05 nicht, was sich spätestens beim 3:0 nach 54 Minuten zeigte.
Seine erste wirkliche Chance im zweiten Durchgang nutzte der von Münchner Medien als Robert-Lewandowski-Backup gehandelte Kwasi Okyere Wriedt, um mal eben alles klar zu machen, während die Schweinfurter damit beschäftigt waren, irgendwie die Wende einzuleiten, um den Ansprüchen doch noch gerecht zu werden. Die scheinen mittlerweile zu einem riesengroßen Problem geworden zu sein. Besser zu sein als Rang drei war die Vorgabe der Verantwortlichen. Ebenso wie die Fokussierung auf den zweiten Platz nach dem Toto-Pokal-Aus am grünen Tisch gegen die Würzburger Kickers, der bei einer Bayern-Meisterschaft zur Teilnahme an der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals berechtigt.
Dass die Mannschaft damit nicht zurechtkommt und sich die „Anfängerfehler“ (Wenzel) trotz Profi-Bedingungen durch den Saisonverlauf ziehen wie ein roter Faden, verwundert nicht nur die eigenen Fans. Wer einen Profi-Vertrag bei einem ambitionierten Viertligisten unterschreibt, muss damit rechnen, permanent beäugt, kritisiert und manchmal sogar angezählt zu werden. Das ist Teil des Jobs, wenn auch wahrlich kein schöner.
Eine Lösung dieses mentalen Problems, das sich seit Wochen weiter manifestiert, muss in der Winterpause gefunden werden. Genauso wie ein Leader.
Der FC 05 mag gute Fußballer in seinen Reihen haben, doch einen wahren Wortführer, der seine Teamkollegen dirigiert und eine natürliche Autorität ausstrahlt, den gibt es nicht. Ob es ein Neuzugang richten muss, haben die Verantwortlichen um den neuen Sportleiter Björn Schlicke zu entscheiden, der im Januar offiziell seinen Dienst antritt.
Finden sich jedoch keine Lösungen, dann sieht es düster aus für die Schweinfurter. „Ich kann es sogar so unterschreiben, dass die Meisterschaft bei noch zwölf ausstehenden Spielen schon entschieden ist. Das ist natürlich bitter, weil wir das Potenzial hätten. Es fehlt uns nichts, das ist einfach eine Konzentrationssache. Wenn so oft fünf oder sieben Prozent fehlen, dann kriegst du dein Gegentor in der 85. oder 90. Minute“, so Kracun weiter, „Platz zwei ist jetzt unser primäres Ziel. Da bin ich guter Dinge, dass wir das erreichen. Ich denke, dass wir jetzt in der Vorbereitung nochmal näher zusammenrücken.“ Wenn nicht, dann droht den 05ern viel Kampf um nichts . . .
Die Statistik des Spiels
Fußball, Regionalliga Bayern
FC Bayern München II – FC 05 Schweinfurt 4:0 (2:0)
München: Früchtl – Yilmaz, Feldhahn, Mai, Meier – Franzke, Shabani (84. Köhn), Welzmüller, Evina (88. Senkbeil) – Jeong (90. Lange), Wriedt.
Schweinfurt: Eiban – Weiß, Strohmaier, Billick, Fritscher – Kracun, Fery – Maderer, Jelisic (61. Pieper), Krautschneider (70. Piller) – Jabiri (70. Görtler).
Schiedsrichter: Christian Dietz (1. FC Kronach). Zuschauer: 776. Tore: 1:0 Evina (24.), 2:0 Jeong (32.), 3:0 Wriedt (54.), 4:0 Jeong (89.). Gelb: Evina, Shabani – Jelisic.