Manchmal läuft es einfach im Leben. Julian Östreicher, Stürmer des Kreisligisten TSV Grettstadt, traf zum Saisonstart, wie er wollte. Zum Traumstart des letztjährigen Vizemeisters (fünf Siege in fünf Spielen bei 21:5 Toren), der mittlerweile mit einer überraschenden 0:5-Heimklatsche gegen die SG Dittelbrunn ausgebremst worden ist, hatte der 29-Jährige zehn Treffer beigesteuert. Er ist für den TSV aber weit mehr als nur ein Torjäger.
"Er liebt den Klub wie kein anderer", sagte Grettstadts Spielertrainer Florian Hetzel nach Abpfiff des Heimspiels gegen die SG Gochsheim II/Weyer. Östreicher traf beim 9:0-Kantersieg fünf Mal. Sein Trainer staunt selbst etwas über die Leistungsexplosion seines Schützlings, der letzte Saison in 27 Spielen acht Treffer erzielt hatte und teamintern hinter Coach Hetzel (neun Tore) und Sturmpartner Maximilian Schmitt (16) nur drittbester Torschütze gewesen war.
Hetzel glaubt zu wissen, was Östreicher derzeit so stark macht. Die vergangenen Jahre war er immer ein wichtiger Spieler gewesen, aber auch einer, der gerne in der zweiten Reihe stand. Das änderte sich zur laufenden Saison, in der der angestammte Mannschaftskapitän Luis Hofmann aus privaten Gründen etwas kürzertreten muss und daher sein Amt niederlegte. "Julian ist der logische Nachfolger", habe sich Hetzel gedacht. "Aber Julian sagt schon, er ist kein erster Kapitän. Er arbeitet gerne im Hintergrund."
Der erfahrene Hetzel – einst Regionalliga- und Bayernligaverteidiger beim FC 05 Schweinfurt – nahm Östreicher, der die letzten Jahre einer der beiden stellvertretenden Kapitäne war, trotzdem in die Verantwortung. Der Plan ging auf. "Auf einmal blüht er voll auf darin", schwärmt Hetzel. "Er geht voll voran."
Trainer Florian Hetzel weiß um die Wichtigkeit des Leaders
Nach dem verpassten Aufstieg hingen die Köpfte beim TSV Grettstadt richtig tief. Die Bezirksliga war zum Greifen nah. Erst hatte der Klub die Meisterschaft und damit den direkten Aufstieg knapp verpasst, danach setzte es in der Relegation eine empfindliche 1:5-Klatsche gegen Thulba. Umso wichtiger war danach, dass ein erfahrener Spieler wie Östreicher weiter vorangeht. "Er ist für uns saumäßig wertvoll", sagt sein Trainer. Nicht nur wegen der vielen Tore. Einen Hype um sich herum wolle der Goalgetter aber nicht, erzählt er selbst. "Das Momentum nehme ich mit, aber es kann auch sein, dass ich in zwei Wochen wieder acht Chancen für ein Tor brauche oder gar nicht treffe."
Aber auch ohne Tore ist Östreicher Leader, Macher und Anpacker im Klub – auf und vor allem auch neben den Spielfeld. "Auch meine ganze Familie ist eigentlich mehr hier draußen als daheim", sagt er und lacht. Bei den Arbeiten am Tribünen-Neubau, der mit viel Eigenmitteln direkt neben dem Spielfeld entstanden ist, war Östreicher in den vergangenen Jahren einer der fleißigen Helfer. Seit drei Jahren ist der Stürmer außerdem einer der Platzwarte. "Es ist natürlich nicht schlecht als Stürmer, die Ecken mit den Mulden zu kennen", sagt er augenzwinkernd. Die körperliche Arbeit im Freien sei ein ganz guter Ausgleich zu seinem beruflichen Alltag in einem Messlabor in der Schweinfurter Großindustrie.
Julian Östreicher hofft auf eine Meisterschaft
Der Einsatz von Östreicher und anderen älteren Spielern im Kader soll freilich auch den Nachwuchs inspirieren. "Für den Heimatverein gibt man vielleicht einfach nochmal fünf Prozent mehr", denkt der TSV-Captain, der selbst mal zwei Saisons "auswärts" spielte – für den TSV Forst an der Seite seines heutigen Trainers Hetzel. Dass es über kurz oder lang zurück nach Grettstadt geht, war aber ohnehin klar. Nach dem Aufstieg mit dem TSV 2019 als bisheriges Highlight wolle Östreicher auch mal Meister werden, sagt er. Das gelang ihm noch nie in seiner Fußballerlaufbahn. "Das wäre für mich ein Riesending."