
Gesundheit in Form von Tabletten? Nicht mit Günter Traub. "Man muss schon selbst etwas dafür tun und das ist immer mit Anstrengung verbunden", sagt der ehemalige Weltklasse-Eisschnellläufer aus Schweinfurt. Und feiert am 13. März seinen 80. Geburtstag, wie könnt's anders sein, weder in der alten, noch in der neuen Heimat St. Moritz. Sondern auf dem Sprung zwischen der Sprint-Weltmeisterschaft in Holland und der Vierkampf-WM in Norwegen. In jedem Fall aber in einer Eishalle. Er läuft und läuft und läuft. Wie einst der Käfer. Alter? Alles relativ, so Traub: "Der Trick ist es, jung zu sterben, aber so spät wie möglich.“
Günter Traub ist der einzige ehemalige Spitzenathlet seiner Zeit, der noch auf dem Eis-Oval herumkurvt. Kontrahenten aus den Sechzigern sparen nicht an Frotzeleien, Eisschnelllauf-Legende Erhard Keller fragte mal "kann der denn überhaupt nicht aufhören?". Doch Traub, der auch in der für ihn neuen Altersklasse 80 bis 85 schon wieder Bestmarken aufgestellt hat, winkt ab: "Ich trainiere und laufe nicht fürs Ego, sondern vor allem aus wissenschaftlichem Interesse" - mit sich als lebendem Versuchskarnickel. "Was kann man im höheren Alter, das ist ja geprägt von Energie, Kraft-, Herzkreislauf- und Koordinationsverlusten, noch erreichen?"
Traub hadert mit seinen beiden Olympiateilnahmen
Wichtig ist es ihm, diese Altersleistungen in Relation zu setzen mit denen der Glanzzeit. 1963 und 68 war der Schweinfurter Weltrekordler im Vierkampf (500, 1500, 5000 und 10000 m), bildete mit den Olympiasiegern Erhard Keller (1968 und 1972) und Monika Holzner-Pflug (1972) die Spitze der damaligen deutschen Eisschnelllauf-Phalanx. Nur mit den eigenen Olympiateilnahmen in Innsbruck 1964 und Grenoble 1968 hadert Traub heute noch, weil ihm, der sagt, er habe Fehler immer so analysiert, dass er daraus lernen konnte, das Kunststück des perfekten Timings in der Vorbereitung nicht geglückt ist.
So stehen eben 39 deutsche Eisschnelllauf-Rekorde und sechs deutsche Meistertitel in Traubs Historie. Und: drei Weltmeistertitel, neun Weltrekorde und 39 deutsche Meisterschaften im Rollschnelllauf. Eine Vita, die Begehrlichkeiten weckte: 1969 betreute der Diplom-Sportlehrer die Olympia-Mannschaft der USA, ein prestigeträchtiges Engagement, das nach einem Jahr allerdings durch einen spektakulären Trainingsunfall, bei dem sich Traub 23 Knochenbrüche zugezogen und der Verdacht auf Querschnittslähmung bestanden hatte, beendet wurde. Danach war er zwei Jahre Nationaltrainer Italiens, in diese Zeit fielen 50 Landesrekorde "seiner" Athleten.
Fitnesstrainer von Juan Carlos und Michael Schumacher
Nachdem Traub 1975 nur knapp die Berufung zum deutschen Bundestrainer verpasst hatte, suchte er sich in seiner Wahlheimat, in der er seit 1972 lebt und wo er seit 1977 mit der Schweizerin Heidi verheiratet ist, ein neues Gebiet: Fitnesstraining. Seine Methoden waren revolutionär, schnell nannten sie ihn den "den Herzschrittmacher von St. Moritz", die Spitzensportler und Promis, die sich bei ihm im Oberengadin die Klinke in die Hand drückten. Traubs alpine Bewegungstrainings-Seminare begeisterten Spaniens König Juan Carlos genauso wie Dirigent Herbert von Karajan oder Scorpions-Gitarrist Rudolf Schenker. Als Trainer arbeitete der Ex-Eisschnellläufer auch im Motorsport, betreute den dreifachen Formel-1-Weltmeister Jackie Stewart und 1994 auch Michael Schumacher vor seinem ersten Titelgewinn.

Das erste Mal auf dem Eis war "klein" Günter mit fünf gestanden, in gebrauchten Schlittschuhen auf dem Sennfelder See. Mit Zwölf sauste er allen Mitschülern davon: "Sie nannten mich Hermes, den fliegenden Götterboten auf dem Eis." Mit 16 ging's zum ERV Schweinfurt, 1958 nach Rießersee zur ersten deutschen Junioren-Meisterschaft. Von 1961 bis 1963 war Traub dreimal in Folge deutscher Meister. Der Rest ist Geschichte. Eine Geschichte, die ihn 1965 sogar vor den damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke brachte, der ihm das Silberne Lorbeerblatt persönlich in die Hand drückte - die höchste deutsche Sportauszeichnung.
Disziplin, Spannung und Entspannung
Zurückgekehrt ist Traub 1999 ins Eis-Oval. In der AK 60-65 startete er nach langer Pause und nur drei Wochen Vorbereitung im finnischen Seinäjoki, stellte Weltrekorde auf und wurde Vierkampf-Weltmeister. Zwanzig Jahre später ist er stolz darauf, immer noch dabei zu sein: "Weil ich diese Lebensweise gepredigt habe, habe ich sie auch vorgelebt: Disziplin, Spannung, Entspannung – das sind die besten Voraussetzungen für ein gesundes Leben." Weniger leistungsorientierten Senioren empfiehlt er "ein Ausdauerprogramm von dreimal 45 Minuten Walking, Jogging, Radfahren oder Schwimmen pro Woche".

Dass er etwas mehr macht, sei klar, aber er sei auch kein medizinisches Wunder: "Ich bin nicht so unverwüstlich, wie es immer heißt, ich habe auch meine Wehwehchen, bin angeschlagen". Ihn plagt eine starke Hüftarthrose. Wenn die täglichen Meditationen nicht reichen, muss eben eine Spritze helfen. Vielleicht auch für die Zeit 22. bis 24. März, wenn Traub im norwegischen Bjugn bei der Masters-WM im Vierkampf über die 500, 1000, 1500 und 3000 Meter antritt, vielleicht zum letzten Mal bei einem großen Event. Dann hätte er womöglich wieder mehr Zeit, in Schweinfurt vorbeizuschauen, bei den „Donnerstag Waldläufern“. Und danach "auf ein, zwei Schoppen guten Silvaner".