Die Fußball-Regionalliga hat ihren Spielbetrieb vor drei Wochen wieder aufgenommen, der FC 05 Schweinfurt versucht die Klasse sportlich auf direktem Weg zu halten – und hat nach den Niederlagen in Buchbach und gegen Aschaffenburg mehr Schwierigkeiten als gedacht. Die Mannschaft von Gerd Klaus ist vor dem Gastspiel beim FC Eintracht Bamberg (Samstag, 14 Uhr) schon zum Punkten verpflichtet, um nicht möglicherweise auf einen direkten Abstiegsplatz zu rutschen. Doch parallel zum Sportgeschehen arbeitet der Vorstand um Markus Wolf nicht nur an der Planung für die Saison 2014/15, sondern immer noch auch an einem Konzept für die Rückkehr des Profifußballs nach Schweinfurt. Aktuell legt Ligakonkurrent Würzburger Kickers vor mit seiner Kampagne „3x3 – in drei Jahren 3. Liga“. Wolf und Verwaltungsratsvorsitzender Jürgen Scholl zeigen im Gespräch auf, wo die Möglichkeiten, aber auch die Schwierigkeiten beim FC 05 liegen.
Markus Wolf: Nein, ganz sicher nicht. Das ist eine gute Marketing-Geschichte, aber auch nicht mehr, denn ich gehe davon aus, dass sie den Großteil des Geldes im Hintergrund bereits zusammen hatten. 3,6 Millionen Euro in so kurzer Zeit sind unmöglich aufzutreiben. Entscheidend ist, dass es offenbar noch nicht angenommen wird: Im ersten Punktspiel nach Bekanntgabe der Kampagne kamen 700 Zuschauer. Andererseits: Alles was die Kickers jetzt machen, haben wir ja schon vor eineinhalb Jahren versucht: Werbespot, Marketing, Kampagnen. Aber da gibt es keinen Neid. Wenn sie es schaffen, sei es ihnen gegönnt. Aber man darf nicht vergessen, dass der FC 05 in der Region Unterfranken immer die Nummer eins war und auch noch ist. Deswegen wollte Thorsten Fischer ja damals auch in Schweinfurter einsteigen, bevor er dann nach Würzburg ist. Die Tradition, die der FC 05 hat, die erkaufst du dir nicht mit Geld, die erarbeitest du dir über Jahre hinweg. Jürgen Scholl: Neid wäre der falsche Begriff. Die Idee, Unterstützung in großem Maßstab bei Wirtschaft, Politik und Bevölkerung herbeizuführen, ist gut. Das wollen wir auch in Schweinfurt. Ich sehe die Kickers aber nicht als Mitbewerber, sie bedienen ein anderes geografisches Umfeld.
Scholl: Wir gehen einen Weg, von dem wir meinen, dass er nachhaltig und beständig ist, und bei dem wir versuchen, sportlich und wirtschaftlich Schritt für Schritt aufzubauen. Für uns wäre es natürlich auch wesentlich leichter, wenn wir über einen derartig großen Sponsor wie beispielsweise die Firma Flyeralarm verfügen würden. Wolf: Es wäre halt schön, wenn wir in Schweinfurt mit der Industrie im Rücken auch so eine Euphorie hinkriegen würden. Wenn sich da vier zusammentun, käme man auch auf eine Million Euro Etat, da kannst du ganz anders arbeiten. Aber das ist in Schweinfurt nicht gegeben. Die Würzburger haben es geschafft jetzt, die Schweinfurter jammern darüber und bekommen ihren Hintern trotzdem nicht hoch.
Wolf: Beispielsweise hatten wir intensive Gespräche mit Knauf. Aber letzten Endes kannst du keinen dazu prügeln, sich zu engagieren. Man darf nicht vergessen, dass die Regionalliga halt „nur“ die höchste Amateurliga ist. Sponsoren wie s. Oliver oder Brose sind kein Neuland, wir waren auch dran. Aber wenn die nicht wollen, dann liegt es entweder daran, dass Herr Fischer andere Kontakte hat, andere Deals laufen, oder die haben einfach keine Lust auf uns. Und was heißt „klotzen“? Wir hatten doch auch Strategien wie den „Klub der Generationen“ oder „Eine Mannschaft für die Region“. Aber wenn es da gegenseitige Deals gibt, kannst du nichts machen. Andererseits: Es muss beim Sponsor auch Herzblut für die Sache dabei sein. Ist das nicht vorhanden, kann der Schuss auch in zwei, drei Jahren nach hinten los gehen. Scholl: Nicht vergessen sollten wir auch, dass auch beim FC 05 das Marketingkonzept mittel- bis langfristig auf einen Aufstieg in den Profifußball ausgelegt war und ist. Wir wollten die großen Industrie-Unternehmen der Stadt ins Boot nehmen, jedes mit vielleicht 100 000 Euro, für Global Player vergleichsweise unerhebliche Beträge. Wolf: Das Problem ist halt, dass der FC 05 in den zehn Jahren, bevor ich gekommen bin, nur von Skandalen gelebt hat. Das wirft man uns immer noch vor. Warum? Ich habe einen Haufen Geld investiert und alles bereinigt. Dann sind wir mit bescheidenen Mitteln von der Landesliga in die Regionalliga aufgestiegen. Wir haben das Nachwuchsleistungszentrum zurück geholt und machen erfolgreiche Jugendarbeit. Wir haben alles erfüllt, was man uns für ein eventuelles Engagement aufgetragen hat. Soll ich mich noch ausziehen und nackig über den Marktplatz laufen? Da bleibt unter dem Strich der Punkt, an dem man resigniert. Beispiel Turkish Airlines: Die haben sich alles angeschaut und gefragt, was denn die heimische Wirtschaft mache. Die sahen halt nicht ein, alles alleine zu stemmen, während die ansässige Industrie nichts macht.
Wolf: Nehmen wir den Schweinfurter Nachsommer. Schöne Sache, die ich auch unterstütze, aber das ist was für zwei Wochen. Fußball ist etwas Nachhaltiges, wo ich auch für die Jugend etwas tue, für die Integration. Es ist sehr wichtig die Kunst und Kultur zu fördern. Man darf aber meiner Meinung nach den Sport nicht aus den Augen verlieren. Ich meine, dass auch der Sport als eine Art universelle Sprache ausreichender finanzieller Förderung bedarf und zwar nicht nur der FC 05 , sondern generell die Sportvereine in Schweinfurt.
Scholl: Ich glaube der Weg der Vernunft ist aus der Geschichte des FC 05 der einzige Vermittelbare. Mein Appell geht in Richtung der Großindustrie. Es ist ein gewaltiges Renommee, einen Verein wie den FC 05 in der Stadt zu haben. Der Verein hat das Potenzial, dass er von der hiesigen Wirtschaft besonders unterstützt werden müsste. Wir sind an einem Punkt, wo wir es nicht mehr selbst beeinflussen können. Wir haben die Situation „Henne oder Ei“: Gehen wir finanzielles Risiko, um mit einem besseren Kader aufzusteigen und für Sponsoren interessanter zu werden, oder gehen wir den serösen Weg und finden Sponsoren mit denen wir aufsteigen können?
Wolf: Das darf aber nicht heißen, dass ich nur noch das eine mache. Ich zieh morgens doch auch beide Schuhe an. Man hat versäumt, die Sportstadt parallel zu fördern. In den letzten Jahren kamen in Bezug auf den FC 05 Schweinfurt nur Lippenbekenntnisse.
Wolf: Wir laden doch die Stadt ein, wir laden zu Sponsorengesprächen. Es kommt halt keiner. Deswegen: Wenn sich bis zum Ende der laufenden Saison die Industrie nicht mit uns zusammen setzt und für die Zukunft kein vernünftiges Konzept hinstellt, dann wird sich der Herr Wolf möglicherweise nicht mehr im September zur Wahl stellen. Die Chance in Schweinfurt war da, wer nicht will, der hat schon. Unter den derzeitigen Umständen, habe ich keine Zeit mehr, mein Aufwand steht nicht mehr im richtigen Verhältnis zum Ertrag. Ich habe ein Geschäft zu führen und bin dabei, meine Flagship-Stores deutschlandweit zu installieren, was sich rum gesprochen hat durch die Testimonials mit Lothar Matthäus.
Wolf: Natürlich bin ich da dran, was zu machen. Aber man darf nicht vergessen, dass zuletzt kein Spiel war. Ich habe auch Kontakte zu Maurizio Gaudino oder Giovanne Elber, vielleicht bekomme ich die mal zum Spiel her. Die Frage ist aber: Warum immer ich? Ich bin ausgebrannt und leer. Wenn sich jetzt nichts tut, dann habe ich's immerhin probiert. Ich habe den Verein zehn Mal vor der Insolvenz gerettet. Mit diesen bescheidenen Mitteln geht es nicht mehr weiter. Wir haben mit Schalding-Heining zusammen den kleinsten Etat – 140 000 Euro, bei einem Gesamtvolumen für den ganzen Verein von gut 600 000.
Wolf: Nichts. Eigentlich. Aber der Anspruch ist zu hoch. Jeder erwartet, dass wir aufsteigen.
Wolf: Illertissen hat nach meinem Kenntnisstand einen vielfach höheren Etat. Hätte ich den in Schweinfurt, könnte ich mit dem hiesigen Umfeld in der 3. Liga spielen. Scholl: Ich glaube der FC 05 wird sich nicht dafür schämen müssen, möglicherweise für einige Zeit „nur“ in der Regionalliga zu spielen. Wir glauben, dass wir uns auch mit Beständigkeit Schritt für Schritt nach oben arbeiten und uns als sympathischen Verein präsentieren können. Und vergessen machen, was da an Skandalen war. Unser Ziel ist es ja zunächst, uns in der Liga zu etablieren. Erst wenn es wirtschaftlich machbar ist, kann man von mehr reden. Es ist uns gelungen, die Wirtschaft weiter einzubinden. Wir sind dankbar für weit über 50 Sponsoren und wir glauben, dass durch ein breiteres Aufstellen verhindert werden kann, dass der Verein in grundlegende Probleme käme, wenn sich der momentane Hauptsponsor zurückziehen oder sein Engagement reduzieren würde. Wolf: Außer uns sind es maximal noch drei Konkurrenten in der Regionalliga, die so aufgestellt sind wie wir. Der Rest ist doch von einem großen Sponsor abhängig.
Wolf: Wir gehen doch die Großindustrie an mit Fünf-Jahres-Konzept. Aber die dafür Verantwortlichen kommen nicht aus Schweinfurt. Da ist kein Bezug zu Stadt und Verein da. Scholl: Die Auskunft in den Gesprächen war regelmäßig die, dass die sportliche Dimension, in der wir uns bewegen, nicht für ein Engagement reicht. Da sind wir wieder bei „Henne und Ei“. Sollst du wirklich waghalsig in Vorleistung gehen, um darauf zu hoffen, dass die Industrie mit einer Million einsteigt? Nein, dann gehen wir lieber den beständigen Weg. Unser Konzept ist gut, aber wir kommen in der Regionalliga an die Grenze.
Scholl: Provokante Antwort: Wenn die Kickers nicht den einen Großsponsor Flyeralarm im Rücken hätten, der, nachdem sein Konzept in Schweinfurt nicht angenommen wurde, Würzburg als Ersatzstandort genommen hat, dann wäre es für sie auch schwierig. Da wird der Rest nämlich beinahe zum Selbstläufer. Aber natürlich werden wir es versuchen, unser Konzept in den nächsten Wochen zu verbessern.
Wolf: Es ist eng.
Wolf: Es gab vier Monate keine Zuschauereinnahmen. Und wir sind auch im Rahmen ein kleines Risiko gegangen. Es fehlen wohl bis Saisonende 50 000 bis 60 000 Euro. Vielleicht werden es etwas weniger, wir haben noch paar Spiele und, wenn es spannend wird, viele Zuschauer. Doch es ist eben so, dass das der Herr Wolf wieder ausgleichen wird.
Wolf: Unabhängig davon, dass ich überzeugt bin, dass wir sportlich die Klasse halten, planen wir so oder so nur für Regionalliga. Wir werden dementsprechend den Budgetplan und mit dem Trainer auch die Mannschaft zusammenstellen. Alleine schon, um dem neuen Vorstand alle Möglichkeiten zu geben. Scholl: Falls es einen neuen Vorstand gibt . . . Wolf: Da bleibe ich lieber Hauptsponsor, oder wenn ein Hauptsponsor kommt, dann auch gerne Co-Sponsor. Vielleicht gliedert man ja auch die erste Mannschaft aus und setzt einen hauptamtlichen Geschäftsführer ein. Ich könnte mir da eine beratende Funktion vorstellen. Eine Ausgliederung wäre übrigens der beste Weg. Wir arbeiten daran, wir prüfen das und ich glaube auch, dass das bei den Mitgliedern kein größeres Problem wäre.
Wolf: Regionalligatauglich ja, mit leichten Verstärkungen können wir uns möglicherweise auch etwas weiter nach vorn orientieren. Aber zum Thema Verstärkungen: Wenn wir Spieler ansprechen, die beispielsweise auch mit Seligenporten in Verbindung stehen, und kommen mit unseren Mitteln, dann ist es praktisch unmöglich, die zu überzeugen. So dreht sich der Hamster in seinem Rad: Hast du kein Geld, bekommst du keine Spieler, hast du keine Spieler, bekommst du nur schwer Geld. Dann wird gemotzt und es bleiben Zuschauer weg – ein Teufelskreis. Hätten wir die 1,2 Millionen von den Kickers, ganz ehrlich, wir wären schneller oben als die.
Scholl: Ja. Aber man muss halt in der Regionalliga spielen, um sich die Chance zu erhalten. Vielleicht kann man sich noch breiter aufstellen mit kleineren Sponsoren. Wir haben in der Region eine starke Wirtschaftsplattform. Es können sich Zufallsprodukte entwickeln. Und vielleicht kommt ja mal ein Verantwortlicher eines großen Unternehmens ins Stadion, erwischt ein Spiel mit toller Atmosphäre, hat ein wirtschaftlich gutes Jahr, eine halbe Million übrig und sagt, „Mensch bei dem Verein könnte ich ja was machen“. Das weiß man nicht vor der Saison und deswegen kann man auch nicht von der falschen Liga sprechen. Wolf: Bayernliga wäre die totale Resignation. Du versuchst sportlich das Bestmögliche rauszuholen. Als 100-Meter-Läufer, der 11 Sekunden laufen kann, läufst du auch nicht freiwillig 13 Sekunden. Und die Mannschaft kostet uns in der Regionalliga und Bayernliga praktisch gleich viel. Und dann ist die Regionalliga fürs Image wichtig. Einen FC 05 Schweinfurt kennt jeder, egal, wo ich hinkomme, egal mit wem ich rede. Wer kennt Kickers? Der FC 05 ist ein schlafender Riese. Nur darf man nicht vergessen, ihn zu wecken. Es wäre schön, über den FC 05 und den Fußball alle zwei Wochen in der 2. oder 3. Liga tausende Leute in die Stadt zu holen und ihnen zu zeigen, was aus Schweinfurt geworden ist. Wir müssten nicht einmal in die Infrastrukturen investieren. Wir haben das Stadion, das Gelände. Es müssten nur die Kräfte gebündelt werden. Ich bin mir sicher: Die Angestellten der Schweinfurter Industrie wären stolz, wenn ihr Unternehmen den Verein unterstützen würde, zu dem sie gehen. Da müssen wir hin, dann spricht auch keiner mehr über Geldkoffer.
Wolf: Klar könnten wir auch eine spektakuläre Kampagne machen, aber entscheidend ist doch die Nachhaltigkeit. Wir können auch ein Werbefoto mit Promis machen. Aber was nützt das, wenn am Ende die ganze Arbeit wieder an mir hängen bleibt. Wir haben auch schon mit einer professionellen Werbeagentur gesprochen. Aber die kostet richtig Geld. Natürlich kann man sagen: Geh in Vorleistung und es wird was draus. Aber ich sehe das Risiko, dass es am Ende des Tages am Hauptsponsor hängen bleibt. Vom Tisch ist das aber noch nicht. Vielleicht versuchen wir den überregionalen Weg. Denn das Ziel bleibt 3. Liga. Denn wenn wir erstmal dort wären, könnten wir es auch stemmen. Zwischen Fürth und Erfurt ist Niemandsland. Wir wären prädestiniert dafür, aber es geht nur mit viel Geld. Aber wir lassen nichts ungenutzt. Beispielsweise ist die Vermarktung der Sitze im Sachs-Stadion oder des Stadionnamens noch nicht ganz vom Tisch. Scholl: Wir dürfen aber bei unserer Geschichte nicht aus den Augen verlieren, wirtschaftlich solide zu arbeiten.
Samstag, 14 Uhr: FC Eintracht Bamberg – FC 05 Schweinfurt
0:1 in Buchbach, 0:2 gegen Aschaffenburg – der FC 05 Schweinfurt hat zweimal recht ordentlich gespielt nach der Winterpause, aber zweimal verloren, ohne dabei einen Treffer erzielt zu haben. Schon in der Vorbereitung beklagte Gerd Klaus nach meist gutem Spiel das fehlende Resultat. Mit ein Grund für die Erfolglosigkeit, die den FC 05 zurück auf die Relegationsplätze geworfen hat, ist, dass Torjäger Tom Jäckel momentan nicht trifft.
Und dann ist da noch dieses Phänomen, dass immer, wenn ein Gegner über einen herausragenden Individualisten verfügt, dieser die Schweinfurter beinahe im Alleingang besiegt. Gegen Aschaffenburg war es Doppeltorschütze Salvatore Bari. Solche Individualisten über Jahre nicht in den Griff zu bekommen, lässt auf ein gewisses Defensiv-Defizit, angefangen in der Mittelfeld-Rückwärtsbewegung, schließen.
Nicht nur, aber auch da, will Trainer Gerd Klaus ansetzen in Bamberg. „Wir müssen die Bälle mehr fordern als gegen Aschaffenburg, da haben wir nach der Pause nur noch mit langen Bällen gespielt.“ Mehr Mut also? „Ja. Das ist ein Endspiel, da darf man keine Angst haben.“ Zumal es ein Geduldspiel werden könnte: Bamberg spielt mit zwei zusätzlichen Innenverteidigern vor der Viererkette, ist also defensiv sehr massiv aufgestellt. Da täte ein Distanzschütze dem FC 05 gut, doch Steffen Krautschneider fehlt nach der fünften Gelben Karte ebenso wie Bastian Lunz nach der schon zehnten.