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Fußball:
Von Bengalo-Affäre bis Heimstetten-Irrsinn
Von unserem Redaktionsmitglied Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 30.06.2017 03:40 Uhr

Für gewöhnlich hält sich FC-05-Vorsitzender Markus Wolf bei Spielen seines Vereins mit überschwänglicher Emotion zurück. Meist steht er am Mischpult des Stadionsprechers, raucht eine Zigarette, schaut das Spiel an. Wenn's gut läuft, huscht ein Lächeln übers Gesicht. Wenn's schlecht läuft, gibt es meist leise gemurmelt Kritik. Wenn er der Mannschaft etwas zu sagen hat, tut er das intern. So ausgelassen, gelöst, voller Freude mit dem silbern glänzenden Pokal in der Hand wie nach dem 1:0-Sieg im Toto-Pokalfinale an Christi Himmelfahrt in Burghausen hat man Markus Wolf in Schweinfurt nie gesehen. Vom Präsidenten war ganz offensichtlich eine Last abgefallen.


 

„Ja, natürlich, die Erleichterung ist sehr groß“, gibt Wolf einen Tag vor der Auslosung der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde am Sonntag zu. Er fährt mit Geschäftsstellen-Mitarbeiter Benjamin Liebald nach Dortmund, während Fans, Spieler und Vereinsmitarbeiter sich um 18 Uhr im VIP-Zelt vor dem Stadion zum Public Viewing der Auslosung treffen. Der Gegner ist dem Self-Made-Millionär aus der Möbelbranche egal. Sagt er zumindest, aber wer Wolf kennt, weiß, dass es tatsächlich so ist, auch wenn die grün-weißen FCler alle insgeheim auf das Knallerlos namens FC Bayern oder BVB hoffen.

Für Wolf aber ist dieser Pokalsieg vielmehr als die Frage, wer nun der Gegner in der ersten Runde ist. Er ist der lang ersehnte „Anfangsschritt für weitere erfolgreiche Jahre.“

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Die sich der FC 05, seine Fans, seine Mitglieder und sein Vorsitzender irgendwie auch verdient hätten, nimmt man die vergangenen neun Jahre seit dem Einstieg von Wolf Möbel als Trikotsponsor am 31. Juli 2008 statt dem Silvana-Freizeitbad als Maßstab. Zum Glück gibt es die Münchner Löwen. Die haben nicht erst in den wenigen Tagen seit dem Abstieg aus der Zweiten Liga durch den Streit mit Investor Hasan Ismaik alles getoppt, was ein Fußballverein an Verrücktheiten seinen Fans zumuten kann. Doch beim FC 05 war wie ein Blick in die Zeitungen der letzten Jahre zeigt auch ganz schön was los.

16, 17, 2, 9, 13, 1, 16, 13, 14, 8 – nein, das sind keine Super-Lotto-Zahlen. Es handelt sich um die jeweilige Platzierung am Ende der Saison des FC 05 in den vergangenen zehn Jahren. Von der Bayernliga in die Landesliga in die Bayernliga in die Regionalliga – ein ständiges Auf und Ab.

Als das Engagement von Wolf als Trikotsponsor für die erste Mannschaft bekannt gegeben wurde, war Werner Jonas Vorsitzender. Schon damals hätte Wolf ahnen können, dass er sich nicht bei irgendeinem Verein engagiert. Auch wenn der gebürtige Dinkelsbühler, der mit Weltmeister und Augsburg-Manager Stefan Reuter in der Jugend in einer Mannschaft spielte, als Kind Fan des VfB Stuttgart war und als Geschäftsmann zwei Jahre Hauptsponsor des 1. FC Nürnberg, er hat mittlerweile ein grün-weißes Herz, zumal er nicht nur Haupt-Geldgeber des Vereins ist, sondern seit 11. Mai 2010 auch Vorsitzender. Und trotz aller sportlichen und vereinsinternen Turbulenzen sagt der 48-jährige Geschäftsmann und zweifache Vater: „Es gab wirklich nur wenige Momente, in denen ich ans Aufhören dachte. Ich bin ein Kämpfer und will unbedingt, dass der Verein in die Dritte Liga aufsteigt.“ Wenn das bis 2018 gelänge, wäre man übrigens im Soll: Dem, das der damalige Sportdirektor Rüdiger Mambo Mauder im September 2012 verkündet hatte: „Wir wollen bis 2018 in die Dritte Liga aufsteigen.“

Wie das fast zu erwarten war in einer Arbeiterstadt flog dieser Ausspruch den Verantwortlichen schnell um die Ohren, als der sportliche Erfolg ausblieb. Abstiegskampf ist nicht das, was das Schweinfurter Publikum dauerhaft goutiert. Im Moment herrscht Burgfrieden, der aber nur halten wird, sollte die nun unter Profibedingungen trainierende Mannschaft das von Wolf vorgegebene Ziel Meisterschaft in der Saison 2017/18 erreichen.

„Es gab wirklich nur wenige Momente, in denen ich ans Aufhören dachte. “
Markus Wolf, Vorsitzender und Hauptsponsor des FC 05, über die vergangenen neun Jahre seit seinem Einstieg im Juli 2008.

Dennoch sollten die vor allem auf der Haupttribüne zum Grantlertum neigenden Fans mal kurz die vergangenen Jahre Revue passieren lassen.

Sommer 2008: Der FC 05 bleibt nur Bayernligist, weil Regionalligist Sportfreunde Siegen die Lizenz verweigert wird. In der Abstiegs-Relegation hatte man gegen Rain/Lech 0:3 verloren, Abstieg. Damals stieg übrigens ein gewisser TSV Großbardorf als Vierter in die Regionalliga auf, aber das ist ein anderes Thema.

Herbst 2008: Kaum ist Wolf als Sponsor eingestiegen, erlebt er geballt die Verrücktheit des FC 05: Trainer Werner Dreßel muss nach elf Spieltagen gehen, Frank Lerch kann den Abstieg in die Landesliga als 17. trotz zahlreicher neuer Spieler in der Winterpause nicht verhindern. Dazu kommt der Streit zwischen dem vom Beirat ins Spiel gebrachten Investorenduo Thorsten Fischer und Tanja Hammerl und der Vereinsführung um Werner Jonas und Rudolf Löhnert über den Einstieg Fischers als Sponsor. Es ist eine Zerreisprobe, die Jonas zunächst gewinnt.

Frühjahr 2009: Frank Lerchs Team verspielt die Meisterschaft in der Landesliga, der Coach muss gehen. Am Ende der Saison fehlen nur zwei Punkte auf Meister Würzburger FV – die man gehabt hätte, wenn es nicht den Drei-Punkte-Abzug wegen der Bengalo-Affäre aus dem Derby gegen die Kickers gegeben hätte. In zwei Relegationsspielen schafft man den Aufstieg, Ex-Profi Klaus Scheer wird Trainer. Intern geraten Jonas und Löhnert immer mehr in die Kritik, die sich vor allem an der Art der Kassenführung und chronischer finanzieller Probleme entzündet.

Frühjahr 2010: Die Mannschaft spielt unter Klaus Scheer als Bayernliga-Aufsteiger eine stabile Saison, wird Neunter. Intern aber rumpelt es mächtig, Jonas und Löhnert treten zurück, Markus Wolf übernimmt als Vorsitzender am 11. Mai 2010. Im Herbst entzieht der BFV dem Verein das Nachwuchsleistungszentrum, eine Altlast aus den Jonas-Jahren. Erst im August 2011 gibt es einen Neustart.

Herbst 2011: Nach dem 0:5 in Eltersdorf wird Klaus Scheer freigestellt. Es ist die Qualifikations-Saison für die neue Regionalliga, das erklärte Ziel. Doch nach elf Spielen hat man nur acht Punkte, Udo Romeis führt die Mannschaft letztlich auf Platz 13, in der Relegation scheitert man an Augsburg II. Es ist auch die Saison der Wechselfehler: Der zweiten Mannschaft werden neun Punkte abgezogen, die erste hätte beim Pokalsieg gegen Großbardorf Florian Galuschka nicht einsetzen dürfen.

Frühjahr 2013: Mit einem Sieg in Aubstadt sichert der neue Coach Gerd Klaus Bayernliga-Meisterschaft und Regionalliga-Aufstieg.

Frühjahr 2014: Im April gibt es Ärger beim Auswärtsspiel bei Bayern II. Die FC-05-Fans werfen der Polizei unverhältnismäßige Gewalt vor. Im Mai folgt der Heimstetten-Irrsinn: Böller-Schüsse im FC-05-Block, Spielunterbrechung, 4:3-Sieg nach 1:3-Rückstand in der 87. Minute, Relegation statt direkter Abstieg, Klassenerhalt. Der Verein stand nicht nur sportlich vor dem Untergang. Der ehemalige stellvertretende Vorsitzende Udo Jablonski zieht seine Kampfkandidatur kurz vor der Jahreshauptversammlung am 2. Juni doch zurück, Markus Wolf und Marius Thein machen weiter.

Herbst 2014: Der FC spielt eine starke Vorrunde, doch der Dopingfall Mensah wirft ihn zurück, Sportdirektor Mauder geht. Die Punkte für den Sieg in Buchbach sind futsch, erst am vorletzten Spieltag schafft man den Klassenerhalt.

Herbst 2015: Nach schlechtem Saisonstart und blamablem Pokal-Aus in Bamberg fordern die Fans die Entlassung von Gerd Klaus. Auch das Sponsoring beim Club wird Markus Wolf vorgeworfen. Wolf lässt sich nicht beirren, Klaus schafft die Wende und den Klassenerhalt, obwohl man am 16. Spieltag nur zwölf Punkte hatte.

 
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