Wenn Thomas Meißner die Augen schließt, sind sofort alle Erinnerungen da. An jenen 16. Mai, als der Fußball-Profi aus Donnersdorf mit seinem MSV Duisburg in der Dritten Liga vor 30 000 Zuschauern Holstein Kiel 3:1 schlug und den Aufstieg in die Zweite Liga feierte. Platzsturm der Fans, ausgelassene, lautstarke, feuchtfröhliche Feier in der Kabine, Fahrt mit den Mannschaftskameraden im Bus durch die Stadt, später gemeinsamer Kurzurlaub in Mallorca oder das letzte Punktspiel in Wiesbaden, als 9000 Zebra-Fans aus dem Ruhrpott nach Hessen pilgerten, um ihr Team zu feiern. Thomas Meißner schaut dann sehr, sehr zufrieden aus, lächelt gelöst, wenn er die Erinnerungen an die letzten Wochen nach dem Aufstieg abruft. „Es war“, das kann der 24 Jahre alte Innenverteidiger mit Fug und Recht behaupten, „der absolute Wahnsinn, was in der Stadt los war. Als hätten wir die WM gewonnen.“
Erst vor der Saison war Meißner, der beim FC 05 Schweinfurt und dem TSV 1860 München II im Jugendinternat ausgebildet wurde, von Borussia Dortmund II zum Ligakonkurrenten MSV gewechselt. Trainer Gino Lettieri wollte ihn unbedingt haben, setzte auch sofort auf seinen jungen Neuzugang, ließ ihn 33 Ligaspiele machen und wurde für sein Vertrauen auch dadurch belohnt, dass die MSV-Defensive mit nur 40 Gegentoren die drittbeste der Liga war. In Dortmund waren die Perspektiven für Meißner nicht ganz so rosig, wie nach dem Wechsel von Mainz II in den Ruhrpott 2013 erhofft. Ein Aufstieg in den Bundesliga-Kader unter Jürgen Klopp schien unrealistisch. In Duisburg hat der robuste Zweikämpfer Meißner, der mit gutem Stellungsspiel und Passsicherheit im Spielaufbau überzeugt, nun sein Glück gefunden. „Natürlich wäre ich auch gerne Profi in Dortmund gewesen, aber Duisburg war die absolut richtige Entscheidung. Es war ein tolles Jahr für mich, die Mannschaft und den Verein.“
In der Tat ist die Zweitliga-Rückkehr des Meidericher Spielvereins von 1902 nicht nur etwas für Fußball-Nostalgiker, denen Bernard Dietz noch ein Begriff ist. Am 29. Mai 2013, gerade einmal zwei Jahre her, wurde dem MSV, zuletzt 2005/06 in der Ersten Liga, nämlich aus finanziellen Gründen die Lizenz in der Zweiten Liga entzogen, der Verein musste zwangsabsteigen und stand vor dem Kollaps. Geschäftsführer Roland Kensch wurde entlassen, die Fans protestierten erst und solidarisierten sich dann – und Duisburg mit dem Zebra im Wappen als Gründungsmitglied der Bundesliga ja nicht irgend ein Klub, überlebte. Teil des kleinen Fußball-Wunders an der Wedau zu sein, bedeutet Thomas Meißner eine ganze Menge. „Der MSV hat schwere Zeiten hinter sich und es ist spannend zu sehen, wieviel der Verein in der Stadt den Fans bedeutet“, erzählt er. Im Laufe der Saison sei ein toller Teamgeist entstanden, „wir sind zusammengewachsen, vor allem nach der durchwachsenen Vorrunde. Wir hatten ein sehr gutes Trainingslager vor der Rückrunde und dann einen echten Lauf bekommen.“
Ob der Lauf des MSV in der Zweiten Liga genauso weitergeht, vermag Meißner, der mit Torhüter Michael Ratjczak der einzige Duisburger im Team des Jahres der Dritten Liga ist, nicht zu sagen. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr, seine Ziele sind aber klar: „Wir wollen hier langfristig etwas aufbauen und natürlich so schnell wie möglich den Klassenerhalt schaffen.“ Das sollte realistisch sein, der Großteil der Mannschaft bleibt, wird sukzessive verstärkt. Viel Zeit zum Durchschnaufen und selig in Erinnerung schwelgen, bleibt Meißner im Moment aber nicht, der Profi-Alltag ist hart.
Am Wochenende kam er von einem Kurzurlaub zurück, am Montag ist Trainingsstart, als erstes geht's dann zunächst ins Lauftrainingslager nach Eisenach. „Für einen Fußballprofi gibt's zwei Zeiträume im Jahr, die nicht so cool sind, das sind die beiden Vorbereitungen“, erklärt Meißner schmunzelnd. „Unser Trainer gibt da immer richtig Gas“ – wenn's am Ende der Saison mit so einem Erfolg wie zuletzt gekrönt wird, lohnt sich die Mühe ja.
Richtig Gas gegeben, das hat man auch bei Arminia Bielefeld in der vergangenen Saison. Und da war der aus Fitzendorf bei Burgpreppach stammende Tom Schütz mittendrin statt nur dabei. Am gleichen Tag, als die Duisburger den Aufstieg feierten, holte die Arminia ein 2:2 gegen Absteiger Regensburg und sicherte sich die Drittliga-Meisterschaft. Für Schütz die mit Sicherheit emotionalsten Tage seines noch jungen Lebens: Am Vatertag hatte seine Frau das erste Kind, Sohn Paul, gesund zur Welt gebracht. Der 27-Jährige, eher ruhige und introvertierte defensive Mittelfeldspieler durfte danach wie alle Bielefelder in den Feierrausch verfallen. Mit tausenden westfälischen Fans wurde die Rückkehr in die Zweite Liga bejubelt, denn wie den Zebras von der Wedau ist dem DSC aus dem Teutoburger Wald im deutschen Profifußball in den vergangenen Jahrzehnten Bücherfüllendes und nicht immer Positives widerfahren. Insofern war die vergangene Saison, in der sich die Mannschaft von Norbert Meier nicht nur die Meisterschaft sicherte, sondern mit ihren beherzten Pokalauftritten – erst im Halbfinale schied der Drittligist gegen den späteren Pokalsieger Wolfsburg aus – für Furore sorgte, für Schütz und Kollegen eine ganz besondere.
Für Schütz, der beim FC Bayern ausgebildet wurde und seit 2011 in Bielefeld spielt, „ist Arminia eine Herzensangelegenheit“, weswegen er seinen Vertrag auch bis 2018 verlängert hat. Und der sportliche Leiter Samir Arabi wie Coach Meier wollen ihn am liebsten gar nicht mehr gehen lassen: „Tom hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Eckpfeiler der Mannschaft entwickelt. Er übernimmt auf und neben dem Platz Verantwortung und stellt sich immer in den Dienst der Mannschaft“, so der Manager gegenüber einer lokalen Tageszeitung. Wie wichtig Schütz für seine Mannschaft ist – Norbert Meier hat seinen Sechser zuletzt sogar für „unersetzlich“ erklärt – lässt sich an der Statistik ablesen. Fünf Partien verpasste er vergangene Saison, nur eine gewann der DSC, zwei Remis und zwei Niederlagen gab es ansonsten. Auch wenn er sich in Bielefeld pudelwohl fühlt, einen Blick auf seine alte Heimat hat Tom Schütz übrigens immer. Auf seinem Facebook-Profil gratuliert der bodenständige Profi seinem alten Team aus Burgpreppach – die „Füchse“ wurden Meister der A-Klasse Schweinfurt 6.
Der dritte Zweitliga-Profi aus dem Kreis Schweinfurt ist der gebürtige Schweinfurter Stephan Schröck. Doch für das Urgestein der SpVgg Greuther Fürth, zu der der 28-Jährige nach zwei Jahren in Hoffenheim und Frankfurt vor der vergangenen Saison zurückkehrte, lief es in der vergangenen Spielzeit eher suboptimal. Zu feiern hatte Schröck im Gegensatz zu Meißner oder Schütz eher wenig, erst am letzten Spieltag zitterten sich die Kleeblättler trotz einer Niederlage in Leipzig zum Klassenerhalt. Als Mike Büskens im Winter für Frank Krämer übernahm, ging es zumindest für Schröck wieder ein wenig aufwärts. „Ich habe vorher entgegen meines Naturells gespielt“, erzählte er der Bild-Zeitung, sprich zu defensiv. Büskens erlaubte ihm wieder mehr Offensivkraft, wobei der philippinische Nationalspieler selbstkritisch genug ist, seine Leistung in der Fürther Horrorsaison richtig einzuschätzen: „Ich war nur ein Mitläufer.“
Bei seiner anderen, gar nicht so heimlichen Liebe in Asien, ist er das ganz sicher nicht. Schröck spielt gerade wieder für die philippinische Nationalelf unter Trainer Tom Dooley, von den Philippinen stammt seine Mutter und dort lebt ein Großteil seiner Familie. Für den 137. der FIFA-Weltrangliste zu spielen, ist für den jungen Vater Ehrensache. „Ich werde nie vergessen, wo ich herkomme“, erklärt Schröck auf Facebook, wo zahlreiche Bilder mit seinen Mitspielern der „Azkals“ genannten Mannschaft zu sehen sind. In der WM-Qualifikation muss Schröck in seinem 32. Länderspiel für die Philippinen zu Hause gegen Bahrain antreten, gegen das man im März ein Freundschaftsspiel 1:2 verlor.