Napoleon hatte sein Waterloo, der FC 05 hat sein Pipinsried. Selten blamierte sich eine Schweinfurter Mannschaft in den letzten Jahren so wie vor knapp einem Jahr beim 0:5 in Pipinsried beim damaligen Schlusslicht. Nun: Auch wenn's nicht ganz so schlimm war in Rain am Lech, das 1:3 (0:2) der Nullfünfer ist zu einem sehr frühen Zeitpunkt ein sehr heftiger Tiefpunkt. Denn es war phasenweise deutlicher, als es die nackten Zahlen belegen.
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"Wir haben heute auf die Fresse bekommen", rutschte 05-Trainer Timo Wenzel die Analyse derber raus als sonst. Und den Pipinsried-Vergleich, den unterschrieb er voll und ganz: "Das war identisch, nur dass wir damals wenigstens besser ins Spiel gekommen sind." Dass es diesmal allerdings fast mehr Chancen für seine Mannschaft gegeben hat, ärgerte ihn noch mehr: "Als Spitzenmannschaft musst du die dann halt auch machen."
Gegentor mitten in die beste Schweinfurter Phase
Dabei hatten die Schweinfurter sich so viel vorgenommen nach der 3:1-Gala gegen Burghausen. Und anfangs auch umgesetzt. Tempofußball bei Gluthitze. Sah nicht schlecht aus. Aber nur eine knappe Viertelstunde lang. Denn dann passten die Nullfünfer nicht auf, ließen sich nach einem Einwurf von einer schnellen Seitenverlagerung überrumpeln - und Maximilian Käser durfte am Ende seines Sprints auch noch Torwart Luis Zwick zum 1:0 umkurven (13.).
Klar, danach hatte Adam Jabiri bei einem Pfostenschuss Pech (16.), Tim Danhof scheiterte völlig frei an Keeper Kevin Maschke (21.) und hatte Stefan Maderer beim Drei-gegen-Eins die falsche Idee (24.). Dann war's endgültig dahin mit Schweinfurter Aktionismus. Von solch Nachlässigkeit zu frecheren Aktionen geradezu ermuntert, nutzte Rain prompt seine nächste zum 2:0. Bei einem Eckball verschoben die Schweinfurter alle nach rechts, ein öffnender Pass, wieder war Käser frei und überlupfte Zwick (39.). Der wiederum verhinderte mit seinem beherzten Herauslaufen gerade noch das dritte Tor: Diesmal wäre Blerand Kurtishaj durch gewesen (43.).
Wer jetzt gehofft hatte, die Schweinfurter würden sich auf ihre Stärken besinnen, sah sich getäuscht. Wie schon letzte Saison so oft, haben die es nicht geschafft, gegen einen vermeintlich Kleinen der Liga die gleiche Einstellungen wie gegen Spitzenmannschaften an den Tag zu legen. "Da glauben immer noch zu Viele, man geht da hin und gewinnt schon irgendwie", zitierte Wenzel sich selbst.
Aufsteiger Rain frecher und mutiger
Denn diese kecken Amateure aus dem Schwäbischen zeigten den Profis, dass sie bei 35 Grad 90 Minuten rennen und kämpfen können. Während die Gäste immer ideenloser wurden, sich trotz Rückstands in Ballschiebereien ergingen. Ein Mühen ja, ein Kraftakt nein - da hätte deutlich mehr kommen müssen. Und wenn's wenigstens Mut gewesen wäre. Den hatten die Hausherren: Der eingewechselte Tjark Dannemann zog aus 25 Metern einfach mal ab, hatte Glück, dass der Ball noch leicht abgefälscht wurde - 3:0 (77.).
Und der FC 05? Eine einzige Torchance nach der Pause. Die immerhin verwertete Jabiri, in dem er Maschke umkurvte und zum 3:1 einschob. In der 85. Minute. Hätte je nochmal ein Attacke-Ruf für eine wilde Schlussphase sein können. Hätte. Stattdessen schienen sich die Gäste zu diesem Zeitpunkt bereits aufgegeben zu haben. "Das fühlt sich nach einem Scheißtag an", wollte Verteidiger Marco Fritscher, der sich beim 2:0 so allein gelassen gefühlt hatte, dass er danach giftig seine Kollegen schimpfte, sein Fazit gar nicht erst eleganter formulieren als sein Trainer. Da waren manche richtig angefressen. Und zu was? Zu Recht.
Oder am Vortag? Dann könnte man früh vor dem Spiel noch ein leichtes Training einlegen, so wie gegen Burghausen. Während Wacker über diesen Vorteil des FC 05 jammerte und als einen Grund für die Niederlage anführte.
Wie bereits gesagt: wenn der FC 05 als Profi-Mannschaft seinen Trumpf freier Zeiteinteilung nicht ausspielt, den Amateur-Mannschaften nicht haben, kann er nicht Meister werden und verschenkt die einmalige (vielleicht letzte) Aufstiegschance.
Das einzige Problem: Nichts fällt dem Menschen schwerer, als ein zeitliches Opfer zu bringen! Deshalb versauen sich selbst Leute mit ausreichend Zeit & Geld reihenweise ihre zu kurz angesetzten Urlaube und enden im sinnlosen Stress.