Geduscht, das Abendessen vor sich und doch so was von emotional: Kapitän Florian Hetzel wollte gar nicht erst versuchen, einen Gang runter zu schalten. So sehr war auch er noch berauscht vom Derby-Sieg des FC 05 Schweinfurt. 3:1 (1:1) gegen die hoch gewetteten Würzburger Kickers – da hat der Aufsteiger gleich mal ein ganz dickes Ausrufezeichen gesetzt. „So ein Highlight darf nicht jeder Fußballer erleben“, sprudelten aus Hetzel die Superlative nur so heraus. „Das war wichtiger als das Bayern-Spiel. Dieses Spiel war das wichtigste der Saison.“
Dass zum Rundenende hin im zu erwartenden Abstiegskampf ein paar weniger emotionalere, aber vermutlich relevantere Partien anstehen dürften – geschenkt. Wer denkt nach so einem magischen Abend schon an schlechte Zeiten? Natürlich werden die Kickers alsbald am FC 05 vorbei ziehen, natürlich werden die Schweinfurter sich tabellarisch weiter hinten einordnen, doch wie sie die Würzburger abgewatscht haben, das hatte was: Tom Jäckels Kopfball zum 1:0 (14.) klasse, Steffen Krautschneiders Freistoß zum 3:1 (82.) genial und dazwischen Daniel Maches 40-Meter-Heber zum 2:1 (77.) phänomenal.
Nicht von ungefähr fanden sich unter den 05-Torschützen mit Jäckel und Krautschneider zwei Zugänge. Der dritte im Bunde, Philip Messingschlager, bereitete das 1:0 mustergültig vor, als er erst Mache hinterlief und dann zentimetergenau flankte. „Weltklasse“, attestierte Mache, der seinen eigenen Kunstschuss kaum fassen konnte („so ein Tor ist mir noch nie gelungen, und es wird mir wohl auch nicht mehr gelingen“), seinem neuen Partner auf der rechten Seite Qualität auch nach vorne. Als Rechtsverteidiger machte der 20-jährige Ex-Forchheimer eine gute Figur. „Philip rackert für mich mit“, so Mache, der bald ARD-Torschütze des Monats Juli sein könnte.
Ja, die neuen Nullfünfer waren alles andere als Fremdkörper. Trainer Gerd Klaus hat wieder mal ein treffliches Händchen bei den Verpflichtungen bewiesen. Die Zugänge sind vom gleichen Schlag wie die Arrivierten. Dass daraus so schnell eine Einheit wurde, ist kein Zufall. Kein Wunder also, dass der FC 05 so geschlossen das Derby annahm, mit unglaublich viel Herz rackerte, während die nur punktuell mit ihrer sportlichen Heimat verwurzelten Patchwork-Kickers sich auf ihre individuelle Klasse verließen. „Ein paar von denen waren richtig arrogant auf dem Platz. So geht man nicht in ein Derby. Wir wussten, dass wir über die Stimmung kommen mussten“, so Hetzel.
Wieviel Prozent Euphorie und wieviel echte Regionalliga-Qualität für den Sieg ausschlaggebend gewesen sei, wusste Klaus noch nicht. Letztere ist aber im Alltag gefragt. Die 05er haben gezeigt, dass sie vor dem Liga-Niveau nicht in Ehrfurcht erstarren müssen, dass sie, wie vom Trainer prognostiziert kaum zum Kanonenfutter taugen. Nun geht's am Sonntag zu Mitaufsteiger Schalding-Heining. „Die Gefahr ist da, dass wir auf einen Gegner treffen, wo du sagst, dass es ein schlagbarer ist, und dann geht es schief.“ Damit es das nicht tut, reisen die Schweinfurter bereits am Samstag nach Passau, überlassen nichts dem Zufall, demonstrieren Professionalität. Wie vor dem Derby: Der Spielzug zum ersten Treffer war einstudiert, Krautschneiders Freistoß-Variante ebenso. Und auch die etwas abwartende Haltung nach der Pause war plangemäß: „Wir wollten die Löcher finden. Keine Mannschaft hält 90 Minuten Anrennen durch“, hatte Klaus Kickers-Mängel in Konzentration und Physis erwartet und seine Mannschaft darauf eingestellt. „Sie hat die Marschroute zu 100 Prozent umgesetzt.“ Und zwei Tage frei bekommen, während die Würzburger tags darauf zum zünftigen Straftraining antraten.
Kickers-Coach Dieter Wirsching – erst vollmundig, dann ein Häufchen Elend – machte rasch Sündenböcke aus: „Wer nicht läuft, dem machen wir Beine.“ Und hackte auf Linksverteidiger und Ex-Profi Pascal Bieler herum. Dass Goalgetter Christopher Bieber fast eine Stunde draußen blieb, passte dazu. Auch, dass die Rothosen – von Ricardo Borbas feinem Treffer zum 1:1 (30.) abgesehen – nicht eine gefährliche Szene hatten.
Gefährlich war's auch nicht auf den Rängen. Beide Fangruppen feuerten frenetisch an und blieben friedlich. Das passte zu dem tollen Bild, das der FC 05 bei diesem Eröffnungsspiel dem Verband und den Vertretern der anderen Vereine ablieferte.
Die Statistik des Spiels
Regionalliga Bayern FC 05 Schweinfurt – FC Würzburger Kickers 3:1 (1:1)
Schweinfurt: Pfeiffer – Messingschlager, Hetzel, Krämer, Lunz – Seufert, Esen – Mache (85. Kleinhenz), Krautschneider (86. Kraus), Heyer – Jäckel (53. Häcker).
Würzburg: Tsiflidis – Trunk, Konjevic, Donaldson, Bieler – Mensah – Wirsching (63. Endres), Haller, Behrens (81. Istrefi) – Duhnke (54. Bieber), Borba.
Tore: 1:0 Jäckel (14.), 1:1 Borba (30.), 2:1 Mache (76.), 3:1 Krautschneider (82.). Schiedsrichter: Dietz (Kronach). Zuschauer: 6207. Gelb: Krämer / Wirsching, Trunk. Gelb-Rot: – / Trunk (83.).