Von unserem Redaktionsmitglied Hans Strauß
Draußen herrscht Schmuddelwetter, und keine Menschenseele ist zu sehen, aber die kleine Turnhalle in Aidhausen ist proppenvoll. Sogar der Bürgermeister ist da, schließlich geht es um eine Premiere. Acht Wochen lang ist von fleißigen Helfern jeder fotografiert worden, der beim TSV Aidhausen und dem FC Nassach - gleich welchen Alters - dem Ball hinterherrennt oder irgendwie Verantwortung trägt. Die Bilder gingen übers Internet nach Berlin. Nun liegen sie in der Turnhalle Aidhausen auf dem Verkaufstisch, das gemeinsame Sammelalbum der beiden Vereine und die Plastiktütchen mit jeweils zehn Stickern. 201 Klebebilder sind es, wenn das Album mal voll ist. Als der TSV-Sportvorsitzende Christian Günther den Verkauf freigibt, bildet sich gleich eine lange Schlange.
Und Michael Janek (28) strahlt. Er hatte erst im Mai mit seinem Partner Aike Fiedler (21) die witzige Idee entwickelt, mit Sammelalben wie für die Stars auch in den kleinen Fußball zu gehen. Und sie scheint zu funktionieren. Jungs aus der Spielgemeinschaft reißen die ersten Tütchen auf und begutachten den Inhalt. Wer besonders viel Glück hat, findet gleich sein eigenes Konterfei auf einem der bunten Sticker. "Wir sind megastolz, unser verrücktes Projekt umsetzen zu können", sagt Janek. Dass der Testlauf von "myfoozaa.de" ausgerechnet im Haßgau steigt, hat seinen Grund: Janek stammt aus Aidhausen. "Gleich hier nebenan bin ich in den Kindergarten gegangen", erzählt der selbstständige Unternehmensberater, der seit eineinhalb Jahren in Berlin lebt und sich als begeisterten Fußballer bezeichnet.
"Spieler, Trainer und Verein erhalten ein Produkt, mit dem sie sich identifizieren und bei dem sie im Mittelpunkt stehen. Sie sind die Stars", heißt es auf der Homepage des Projekts. Nachvollziehen konnten das viele bei dem Gründerwettbewerb einer Internetplattform im Oktober. "Myfoozaa" fand so viele Unterstützer mit Beträgen ab fünf Euro aufwärts, dass das junge Unternehmen am Ende zu den 25 besten Start-Ups zählte.
"Spieler, Trainer und Verein erhalten ein Produkt, mit dem sie sich identifizieren und bei dem sie im Mittelpunkt stehen. Sie sind die Stars."
Über die Projektidee auf myfoozaa.de
So verdoppelte der Internet-Riese Google das eingenommene Startkapital auf 12 000 Euro. Für die Spender gibt es aber keine Firmenanteile, sondern Geschenke in unterschiedlicher Größe.
Zu welchem Betrag die individuellen Alben und Sticker verkauft werden, will Janek nicht verraten. Finanzieren sollen die Vereine es idealerweise über lokale Sponsoren, die im Album mit Anzeigen vertreten sind. Im Falle Aidhausen hat das, sagt Christian Günther, schon mal geklappt. Der Verkauf (Album drei Euro, Stickertütchen ein Euro) in den Sportheimen und in zwei Läden geht nun direkt in die Vereinskassen.
"Wir hoffen, auch viele andere Vereine in ganz Deutschland finden daran Interesse", sagt Janek. Mit der Basis soll es aber nicht getan sein. Janek und Fiedler haben bereits Gespräche mit Basketball-Bundesligisten und Fußball-Drittligisten geführt. Ärger mit Bilder-Sammelriesen wie Panini, die weltweit die Stars unter Vertrag haben, befürchten beide nicht: "Wir haben das juristisch abklären lassen."
Für den TSV Aidhausen und den FC Nassach sieht Christian Günther mit dem begeistert unterstützten Sticker-Projekt die Chance, Identifikation vor allem von Kindern und Jugendlichen mit dem Verein und Ort zu stiften. Gerade in einer Region wie dem Haßgau, die der demografische Wandel schwächt, sei das wichtig. "Die Kinder sehen jetzt, wer alles in der ersten Mannschaft spielt und wie er heißt. Und vielleicht kommen sie auch ja mal zum Spiel." Ab sofort ist in Aidhausen jedenfalls sammeln, tauschen und kleben angesagt. Sonntags nach der Kirche beim Frühschoppen im Sportheim soll es jetzt immer eine Tauschbörse geben. "Der Frühschoppen", präzisiert Günther unter Gelächter, "ist natürlich nur für die Erwachsenen."
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