
Eine so lange Zeit ohne Fußball haben Antonia und Vanessa Heider seit ihrer Kindheit nicht mehr erlebt. Von ernsteren Verletzungen blieben die Schwestern in ihrer bisherigen Fußballzeit zum Glück verschont. "Es ist ziemlich langweilig ohne Fußball", findet Antonia, mit 25 Jahren die Ältere der beiden. "Es fehlt auf jeden Fall etwas", fügt Vanessa (22) hinzu. Aktuell, in der Zwangspause, halten die beiden sich oft gemeinsam fit. Drei Läufe stehen pro Woche an, dazu "Stabi"- und Krafttraining.
Ohne Fußball geht es bei den Grafenrheinfelderinnen nicht. Auch wenn Antonia zugeben muss, dass vor Corona schon ab und an die Gedanken aufkamen, ob der Sport für sie in der jetzigen Lebensphase eigentlich noch das Richtige ist. "Früher war Fußball alles für uns", sagt Antonia. Mittlerweile haben auch andere Dinge im Leben eine größere Rolle eingenommen. "Aber Fußball ist immer noch wichtig."
Der Aufstieg mit Schweinfurt ist das Ziel
Die Zweifel sind längst zerstreut. Beide können es gar nicht mehr abwarten, mit ihrem FC 05 Schweinfurt auf den Platz zurückzukehren. Vor der Unterbrechung der Saison ab dem vergangenen November standen sie mit dem Frauenfußballteam des FC 05 auf einem ordentlichen fünften Platz in der Landesliga Nord. Für den Re-Start haben sie sich einiges vorgenommen. In die Bayernliga soll es auf jeden Fall gehen, vielleicht sogar irgendwann noch eine Klasse höher in die Regionalliga.
Unbekannte Sphären würden die Heider-Schwestern damit nicht erklimmen. Beide haben schon eindrucksvolle Spuren in der Frauenfußballszene bis in die 2. Bundesliga und die Bayernauswahl hinterlassen. Antonia, die mit der Auswahl deutscher Meister wurde und sogar einmal an einem Sichtungslehrgang des Deutschen Fußball-Bundes teilnehmen durfte, spielte von 2012 bis 2014 in der U 23, der zweiten Mannschaft des FC Bayern München. Dafür zog sie mit 16 extra nach München, wohnte in einer WG mit Mitspielerinnen, trainierte an der Säbener Straße - dort, wo auch die Stars des FC Bayern ihre Übungseinheiten verrichten und lief im Trikot des weltbekanntes Klubs in der 2. Bundesliga auf.
Vor und nach der Bayern-Zeit kickte die heute 25-Jährige insgesamt fünf Jahre für den ETSV Würzburg. Nach der Rückkehr aus München 2014 – das Heimweh war dann doch irgendwann zu groß und das Abi hatte sie auch in der Tasche – stand sie in Würzburg dann mit der knapp vier Jahre jüngeren Vanessa, die alle Jugend-Bayernauswahlen durchlief, mit der Auswahl süddeutsche Meisterin wurde und Trainingslager in Tschechien sowie der Türkei mitmachen durfte, gemeinsam auf dem Feld.
Seither bekommen es die Gegnerinnen stets mit den Heiders im Doppelpack zu tun. Auch ihre kleine Odyssee beim 1. FC Nürnberg in der Saison 2016/17 unternahmen sie gemeinsam. Ihre Reaktion auf die kurze Zeit beim Club fällt recht eindeutig aus. Nicht nur die ständigen Fahrten nach Nürnberg nervten gewaltig.

Antonia und Vanessa entschlossen sich vor vier Jahren, sportlich einen Gang zurückzuschalten. Auch, um sich besser auf Studium und Beruf konzentrieren zu können. "Back to the roots" hieß für sie, wieder das Trikot des FC 05 Schweinfurt, in dem sie bereits nach ihren Anfängen beim TSV Grafenrheinfeld aufliefen, zu tragen. Mit den Nullfünfern durften sie 2017/18 auf Anhieb die Meisterschaft in der Bezirksoberliga feiern. "Es war auch einfach mal schön, wieder nur zu spielen und Spaß haben zu können", beschreibt Vanessa den vermeintlichen Rückschritt. "Ohne den ganzen Druck" zu spielen, empfand auch Antonia befreiend.
Dabei nimmt sie die Bayern-Zeit, die sie insgesamt aber als "wunderschön" bezeichnet, als Beispiel: "Dort musstest du in jedem Training 150 Prozent geben, sonst hast du am Wochenende nicht gespielt." Der Konkurrenzkampf ließ keinen Teamspirit zu. "Jede war sich selbst die Nächste. In Schweinfurt ist das ganz anders. Wir sind ein Team, alle halten zusammen", erklärt Antonia.
Die Zukunftsaussichten – so denn irgendwann wieder mal gespielt werden darf – sind im Willy-Sachs-Stadion für die Fußballerinnen mindestens vielversprechend, wenn nicht rosig. Aus der U 17 sollen gute Spielerinnen nachkommen, berichtet Vanessa. "Hier kann etwas Gutes entstehen", denkt sie. Und von Dieter Kölbl, ihrem Trainer, halten beide ohnehin viel. Unter Kölbl spielten sie schon zu Würzburger Zeiten beim ETSV. Für Schweinfurt ein "Glücksfall". "Er ist sehr zielstrebig, hat immer gute Ideen, sein Training ist immer abwechslungsreich und fordernd", findet Vanessa. Künftig will er statt zweimal gar dreimal trainieren lassen.

Manchmal gibt es auch etwas Ärger, seit sie wieder vereint auf dem Platz stehen: Wenn Vanessa, die im zentralen Mittelfeld spielt, mit ihren Pässen zu häufig Antonia, die meist in der Sturmspitze zu finden ist, sucht, verraten die Heiders. "Antonia ist kämpferisch. Sie will immer ihren Willen durchsetzen. Wenn sie etwas vorhat, zieht sie es auch durch", beschreibt Vanessa ihre große Schwester als Fußballerin: "Sie geht immer schnurstracks in Richtung Tor – und dann rein damit." Und wie spielt Vanessa? "Sie ist technisch gut, klein und kommt überall vorbei", erklärt Antonia: "Sie kämpft immer, auf sie kann man sich immer verlassen."
Anfragen aus Würzburg haben die Grafenrheinfelderinnen abgelehnt, verraten sie. "Früher waren wir Bayern-Fans", sagt Antonia und lacht: "Heute sind wir Schweinfurt-05-Fan." Für sie zählt nur noch Grün-Weiß. Und das gemeinsam.