
Die große Unbekannte in den Play-offs um die Meisterschaft in der Fußball-Regionalliga Bayern heißt Viktoria Aschaffenburg. Eine Unbekannte mit Qualität. Schließlich führten die West-Unterfranken die Tabelle zum Zeitpunkt des Abbruchs mit einem Punkt Vorsprung auf Bayreuth und Nürnberg II sowie sechs auf den zwei Spiele weniger aufweisenden FC 05 Schweinfurt an. Letzterer hatte sein bislang letztes Liga-Punktspiel im Oktober 2020 am Schönbusch und verlor mit 0:2. Jetzt stehen die Aschaffenburger als einziges Team des Play-off-Trios noch ohne Spiel da und haben zuletzt mit 1:3 im Ligapokal gegen Bayreuth verloren. Sie gelten als Außenseiter – auch für das Play-off-Spiel am Samstag (14 Uhr) gegen den FC 05, der wiederum die Bayreuther am Dienstag mit 2:1 bezwungen hatte.
So ein bisschen sind sie im Grenzgebiet zu Hessen ohnehin von sich selbst überrascht. Denn hundertprozentig bereit für einen erneuten Anlauf Richtung Profifußball ist der frühere Zweitligist (zuletzt in den Achtzigern) noch nicht. Das sagte Viktoria-Kapitän Simon Schmidt, der beim 2:0 gegen Schweinfurt per Elfmeter den Endstand erzielt hatte: "Es sind noch einige Schritte zu gehen, bis man sich Gedanken machen kann, wieder auf Profitum umzustellen." Ein erster Schritt wurde gemacht: Die Stadt hat einen Stadionausbau für 1,5 Millionen Euro bewilligt, inklusive Flutlichtanlage. Ganz aus Jux und Tollerei nur wird man die Lizenzunterlagen für die Dritte Liga nicht eingerecht haben. Vorstandssprecher Manfred Fleckenstein: "Wir wollen mit Zuversicht und Ehrgeiz dieses große Ziel jetzt auch erreichen. Wollen! Nicht müssen."
Trainer Seitz ist angriffslustig
Stabilisiert haben sich die Aschaffenburger, zuvor knapp zehn Jahre lang Fahrstuhlmannschaft zwischen Bayern- und Regionalliga, in der seit 2019 laufenden Spielzeit. Obwohl sie als reine Amateurmannschaft gelten – und deswegen deutlich später als die Profis aus Bayreuth und Schweinfurt wieder ins Training einsteigen durften. Weshalb Trainer Jochen Seitz (seit 2016 im Amt) Wettbewerbsverzerrung angedeutet hatte. Dennoch zeigt sich Seitz vor der Dreier-Runde angriffslustig: "Wir haben sicher die schlechteste Ausgangslage. Aber wir sind ein Team, wir halten zusammen."
Die Basis für den Erfolg der letzten gut eineinhalb Jahre legte die Viktoria in der Defensive, in der auch Schmidt steht. 27 Gegentore sind Liga-Bestmarke. "Taktisch sind wir sehr gut eingestellt. Die Philosophie des Trainers ist klar erkennbar", weiß der 37-Jährige, der seit 2009 bei den Blau-Weißen spielt, wie wichtig Disziplin und Cleverness für die Aschaffenburger sind. Gegen Bayreuth hätte es im Ligapokal auch anders laufen können: Schmidt hatte per Elfer zum 1:1 getroffen, Marcel Schelle nach einer knappen Stunde aber eine Hundertprozentige zur 2:1-Führung liegengelassen; erst die nachlassende Aschaffenburger Physis brachte Bayreuth auf die Siegerstraße.
250 Zuschauer am Schönbusch
Ein Plus könnte am Samstag die Unterstützung durch Fans sein. Denn die Partie gegen Schweinfurt findet gemäß der jüngsten Vorgaben der Landesregierung vor Zuschauern statt: 250 Karten darf die Viktoria "nach Absprache mit dem Landratsamt", so Fleckenstein, verkaufen – aufgrund der Auflagen ausdrücklich nicht an FC-05-Anhänger.
Personell geht der Viktoria aktuell mit Clay Verkaj ein Schlüsselspieler im offensiven Mittelfeld ab. Er hat sich im Testspiel bei den Stuttgarter Kickers (0:3) einen Innenbandriss zugezogen. Wieder im Training ist Daniel Cheron (Sprunggelenk) und vielleicht schon dabei. Auch Luca Dähn ist vom Studium in den USA zurück, ein Einsatz könnte aber noch zu früh kommen.