Eine unvorstellbare Zahl: 150 000 Laufkilometer. Ein außergewöhnliches „Jubiläum“ konnte kürzlich der Zeiler Ultraläufer Hubert Karl feiern. Viele Freunde und Verwandte, die Karl auf seinen Wegen begleiteten, waren zum Lauf rund um die Zeiler Weinberge eingeladen, nach dessen Verlauf das „Zählwerk“ von 149999 am Ziel Setzbachbrunnen auf diese unglaubliche Zahl umsprang. Genau hier – im Jahr 1983 – begann die sportliche Karriere Karls bei einem ersten Lauftraining im Bischofsheimer Forst. Zahlreiche Honoratioren sowie aktive und ehemalige Funktionäre des TV Zeil, standen applaudierend Spalier, als die von Karl angeführte Laufgruppe im Ziel am Zeiler Setzbach ankam.

Startschuss am Trimm-Dich-Pfad

Ganz wichtig für Hubert Karl war auch die Teilnahme seines damaligen Laufpartners Hans-Georg Kunschke an der Feier. Sie hatten sich beide damals auf den Weg zum Zeiler Trimm-Dich-Pfad gemacht, um etwas Kondition für ihre Fußballspiele für den FC Ziegelanger zu tanken. Niemand konnte ahnen, wie diese ersten zwei Kilometer das Leben des Fußballers verändern würden.

Karl führt seit 30 Jahren penibel Buch über jeden Kilometer und jede Laufstrecke, die er seitdem zurückgelegt hat. Darunter waren Wettbewerbe wie der 457 Kilometer lange Peace-Run von Hiroshima nach Nagasaki oder der berüchtigte Badwater-Ultramarathon über 216 Kilometer durchs kalifornische Death-Valley.

Den derzeit vermutlich weltweit schwierigsten Lauf, den griechischen Spartathlon, hat Hubert Karl als einziger 17 Mal ins Ziel geschafft, was ihm seit einigen Jahren in der Szene den Titel „Mr. Spartathlon“ eingebracht hat. Sogar unter Ultrauläufern ist es absolut ungewöhnlich, dass der Bewegungsapparat Karls über Jahre hinweg so funktioniert.

Mit dabei beim 150 000. Kilometer, war auch Karls Hausarzt und langjähriger Freund, Dr. Heinz van den Höövel. Vor versammeltem Freundes- und Verwandtenkreis untersuchte er Karl nach dem Lauf auf Herz und Nieren und attestierte dem Mittfünfziger einen bemerkenswerten körperlichen Zustand. „TÜV-Plakette erteilt!“, witzelte van den Höövel mit seinem Freund und händigte ihm die entsprechende Bescheinigung aus, die zur Anmeldung zum diesjährigen Spartathlon in Griechenland erforderlich ist.

Vollwerternährung als Grundlage

Als wichtige Grundlage seines Erfolges sieht Karl eine ausgewogene und bewusste Ernährung. Der ausgesprochene Gegner der Pharmaindustrie setzt dabei nicht auf die typische Nahrungsergänzung, sondern beschäftigt sich intensiv mit den Inhaltsstoffen des natürlichen Nahrungsangebotes. Unterstützt wird er dabei von Ehefrau Christine, die ihn als Kräuterexpertin mit Produkten aus dem heimischen Garten versorgt. So ist es nicht ungewöhnlich, dass auf dem Speiseplan der Karls auch regelmäßig Brennnesselwasser und –gemüse stehen. Auch auf die Vorzüge von Frischkornbrei zum Frühstück baut der Extremsportler schon über Jahre.

Dass man dabei in keinster Weise auf Genuss verzichten muss, ist für Karl selbstverständlich. Täglich bis zu zwei Liter Gerstensaft konsumiert er mindestens. Gerade auf die B-Vitamine im Hefebier setzt Karl. „So wird regelmäßig das Gefäßsystem gereinigt. Wichtig ist dabei natürlich auch kalzium- und magnesiumreiche Wasserzufuhr, um gerade vor langen Läufen unangenehmen Muskelkrämpfen vorzubeugen und den Knochenapparat zu stärken“, meint er. Es muss einen deshalb nicht verwundern, dass im Reisegepäck zu langen Läufen in der ganzen Welt das Hefebier nicht fehlt.

Mehrere Wochen intensives Training stehen in der Vorbereitung für den 56-Jährigen an, wenn ein Ultrawettkampf bevorsteht. Dann ist er oft im ganzen Landkreis unterwegs – mal mit einer Laufgruppe, oft aber auch mit seiner Frau Christine. „Er ist sehr gesundheitsbewusst und davon profitiert die ganze Familie“, bringt sie es auf den Punkt.

Zu den normalen Ausdauerläufen gehört für den Sportler auch gezieltes Beweglichkeitstraining, Kräftigung der Muskulatur und das regelmäßige Ausdehnen verkürzter Muskulatur nach den Laufeinheiten. Das Sportstudio ist dabei für Karl entbehrlich. Seine Kräftigungsübungen absolviert er auf einfache Weise im heimischen Wohnzimmer. Hier genügt ihm die Isomatte, ein Theraband und das Balanceboard.

Hobby zum Beruf gemacht

Sein Hobby hat Karl längst zum Beruf gemacht. Seit zehn Jahren ist er diplomierter Lauftherapeut, gibt Laufkurse und arbeitet als Adipositas-Trainer zusammen mit niedergelassenen Kinderärzten mit übergewichtigen Kindern. „Mir hat das Laufen im Allgemeinen sehr viel für die Gesundheit gebracht. Man lebt bewusster und achtet auf die Ernährung, und mir ist es wichtig, meine Erfahrungen damit weiterzugeben“, wie Karl seine Philosophie beschreibt.

30 Jahre Laufen für den TV Zeil

Trotz Abwerbeversuche mehrerer Vereine wie in den 90er Jahren von der Ultralauf-Hochburg LG Nord Berlin, blieb der Läufer in all der Zeit immer seinem Verein, dem TV Zeil, treu. So erlief er für seinen Heimatverein die Vize-Europameisterschaft im deutschen Nationalteam im 24-Stunden-Lauf, wurde viermal deutscher Meister im 24-Stunden-Lauf, fünfmal bayerischer Meister im 100 km-Lauf und mehrmaliger unterfränkischer Meister auf den Strecken fünf Kilometer bis Halbmarathon.

18 Jahre Rote-Teufel-Trainer

Hubert Karl gibt nicht nur als Lauftherapeut sein Wissen weiter, er ist auch ehrenamtlicher Trainer der „Roten Teufel“, der Leichtathletikgruppe des TV Zeil. Weit über die Region hinaus erreichen die von ihm angeleiteten Sportlerinnen und Sportler beachtliche Erfolge auf Landes- und Bundesebene. „In seinem Training merkt man einfach, dass hinter seinem Erfolg ganz viel Erfahrung, Leidenschaft und Disziplin steckt“ drückt es ein Teilnehmer aus.

Die Herbstmonate stehen für Karl ganz im Zeichen der Organisation der beiden weit über die regionalen Grenzen bekannten Laufveranstaltungen in seiner Heimatstadt. Zum 19. Mal organisiert er in diesem Jahr den Abt-Degen-Lauf durch die Zeiler Weinberge und schon elfmal kommen Läufer aus ganz Europa zum Saisonabschluss für den Zeiler Waldmarathon in den Landkreis. Karl setzt auch hier seine ganze Kraft ein.

Friends for Life

Mitglied ist Karl auch in der Extrem- und Ausdauersportvereinigung für soziales Engagement, „Friends for Life“. Hier engagiert er sich mit sportlichen Aktionen für bedürftige Personen, Gruppen oder Institutionen. Der Erlös aus Benefizläufen geht beispielsweise in Projekte der „Angel-Foundation“, die ein Waisenprojekt in Südafrika betreibt.

In den vielen Jahren sportlicher Betätigung sind natürlich sehr viele Freundschaften entstanden. Reinhard Schmid aus Esslingen, mit dem Karl in Griechenland schon Hunderte Kilometer gelaufen ist, ist für den „Jubiläumskilometer“ eigens aus Baden-Württemberg angereist. Auch für ihn ist die Laufleistung Karls sagenhaft: „Wenn man umrechnet, wie viele Kilometer man jährlich konstant laufen müsste, kommt man auf eine Leistung, die nur wenige Menschen auf der Welt schaffen.“ Voller Respekt versucht der Lauffreund die Relation zu vermitteln: „Viermal um den Globus oder die halbe Strecke zum Mond.“ Zum Laufjubiläum kamen auch Glückwünsche aus Japan. Zu aufwändig war diesmal die Anreise für Karls Lauffreunde aus Asien, die bereits im Jahr 1999 zu Besuch bei der Zeiler Familie weilten. Mit ihnen war Karl ebenfalls schon mehrmals beim Spartathlon am Start.

Seinen persönlichen und außergewöhnlichen Erfolg sieht Karl in der jahrelangen Beständigkeit. Seine Freunde bestätigen ihm dies: „Trotz großer sportlicher Erfolge ist Hubert stets am Boden geblieben. Seine Bescheidenheit und Einfachheit macht ihn sympathisch und es macht großen Spaß, mit ihm unterwegs zu sein.“

150 000 Laufkilometer von 1983 bis 2014

• 700 Wettkämpfe von 5 bis zu 457 km • 55 Marathonläufe, Bestleistung 2:41 Std. • 130 Ultramarathonläufe, darunter 2 x Peace Run Hiroshima-Nagasaki 457 km • 17 x Spartathlon 245 km • 6 x Japandurchquerung Nagoya-Kanazawa 250 km • 1 x 216 km Badwater-Lauf durchs Tal des Todes in Kalifornien – deutscher Rekordhalter in 29:30 Std. • 21 x 100 km, Bestleistung 7:56 Stunden • 20 x 24 Stunden-Lauf, Bestleistung 225 km • 10 x 6 Stunden-Lauf, Bestleistung 76,6 km • Schweizdurchquerung Genf-Basel 323 km in 7 Tagen • Trans-Swiss-Triathlon (Ironman) quer durch die Schweiz • Syltumrundung 111 km • Reunion-Durchquerung 128 km • Spreelauf 420 km in sechs Tagen • In sechs Etappen durch die peruanischen Anden • In sechs Etappen durch Mali/Westafrika • Comerades-Ultramarathon 90 km in Südafrika • Two-Oceans-Marathon 56 km in Südafrika • Kepler-Track 60 km in Neuseeland • Deutscher Rekord: alle 24-Std.-Läufe mit über 200 km absolviert • Als einziger Läufer der Welt die drei härtesten Nonstop-Rennen Spartathlon, Badwater und Kirschblütenlauf unter 30 Stunden absolviert