Nun also schon im April: Nachdem die Trainerposition in den vergangenen Spielzeiten diejenige war, die mit als letztes besetzt wurde, zeigen die Verantwortlichen beim Eishockey-Bayernligisten ERV Schweinfurt, dass tatsächlich ein Umdenken im Verein stattgefunden hat. Mit Kyle Piwowarczyk präsentierten die Mighty Dogs einen ebenso überraschenden wie interessanten Namen.
Interessant deshalb, weil der 36-jährige Kanadier mit sehr viel Erfahrung als Oberliga-Spieler kommt. Elf Jahre in Folge ging der Center in Deutschlands dritthöchster Spielklasse auf Torejagd. Dabei erreichte er sowohl mit Piranhas aus Rostock, den Roten Teufeln aus Bad Nauheim und den Selber Wölfen zehnmal in Folge die Play-offs. Erst bei der eine Klasse tiefer angesiedelten EG Diez Limburg verlor er zuletzt den Spaß am aktiven Spiel: „Bei nur sieben Mannschaften in der Liga spielst du immer wieder gegen die gleichen Teams. Außerdem wollte ich aufhören, bevor ich der alte Mann im Team bin", so der dreimal zum besten Spieler der Oberliga Süd gewählte Stürmer.
Ein Dreigestirn an der Vereinsspitze
Piwowarczyk verfügt über keinen Trainerschein. Und daher ist die Personalie auch überraschend. Denn nach den Problemen der Vorsaison mit der Trennung von Coach Michael Dippold, verschiedenen Notlösungen und letztlich der Rückholaktion von Zdenek Vanc, hatten viele einen erfahrenen Trainer erwartet. „Erfahrung ist wichtig“, so Steffen Reiser (Schwerpunkt Marketing), der künftig mit Stephan Steinert (Schwerpunkt Finanzen) und Gerald Zettner (Sportliche Leitung) ein Dreigespann in der Vorstandschaft bildet, dass sich die Professionalisierung der Strukturen auf die Fahnen geschrieben haben. „Noch wichtiger war uns, eine Persönlichkeit zu finden, die über Führungsstärke verfügt.“ Genau daran hatte es beim ERV in den vergangenen beiden Spielzeiten auf und neben dem Eis gefehlt. „Kyle war als Spieler jemand, der nicht nur seine Leistung gebracht hat, sondern auch das Team mitgenommen hat. Das ist wertvoller, als schon einen Namen als Trainer zu haben.“
Der in London/Ontario geborene Piwowarczyk, dessen Einjahresvertrag im Sommer beginnt, geht schon jetzt mit Feuereifer an seine Aufgabe. „Klar ist, dass der Trainer bei der Zusammenstellung des Kaders komplett mit eingebunden sein muss“, so Steinert, der auch hier die Lehren aus der vergangenen Saison gezogen hat, in der er erst später zum Führungsteam gestoßen war. Dass dem so ist, bestätigt der neue Trainer, wenn er sagt: „Ich telefoniere bereits ständig mit Spielern und Spielerberatern. Wechsel müssen gut vorbereitet sein. Da hängen oft auch Familien, Jobs oder Wohnungen dran. Das braucht Zeit.“
Mehr Augenmerk auf Nachwuchsarbeit
Zeit die dank der frühzeitigen Verpflichtung des Trainers und trotz durch Corona-Pandemie erschwerter Bedingungen gewonnen wurde. Neben Jan Kouba, der eine Ausbildung beim ERV Schweinfurt absolviert, stehen mit Goalie Kevin Kessler, Lucas Kleider und Marcel Grüner, die allesamt mit Zweijahresverträgen ausgestattet wurden, bereits Spieler für die kommende Bayernliga-Saison unter Vertrag. Es soll langfristig etwas aufgebaut werden. Und mit Piwowarczyk soll nun der Architekt dafür gefunden sein. „Ich möchte meine Erfahrungen an die nächste Generation weitergeben“, sagt der Kanadier, dem der Nachwuchs besonders am Herzen liegt.
Dieser soll beim ERV künftig eine größere Rolle spielen. „Wir wollen die Durchlässigkeit zwischen zwischen U-17, 1-B-Team und der ersten Mannschaft erhöhen“, erklärt Zettner ein Vorhaben, dass schon ab der kommenden Saison umgesetzt werden soll. Neben ihm, sollen dafür Piwowarczyk und ein Assistenztrainer, der dem Kanadier noch zur Seite gestellt wird, sorgen. „Aber natürlich muss auch der Nachwuchs die entsprechende Bereitschaft mitbringen. Niemand wird einen Freibrief für die erste Mannschaft bekommen“, so Reiser.