„Das ist der Fußballwahnsinn schlechthin.“ Stadionsprecher Rudi Gehling brachte es auf den Punkt, was am Samstagabend auf der „Maibacher Höhe“ der Freien Turnerschaft in Schweinfurt abging. Zumindest die neutralen der 700 Zuschauer sowie die lautstarke Fan-Delegation des TSV Ettleben/Werneck waren schlichtweg begeistert von der Relegationspartie um den Aufstieg in die Kreisliga gegen die Sportfreunde aus Unterhohenried. Warum? Sie drehten einen 0:5-Rückstand noch in einen 6:5-Sieg.
Auf der anderen Seite, dort wo sich die ebenfalls zahlreich mitangereisten Anhänger aus Unterhohenried postiert hatten, herrschte nach dem Schlusspfiff Fassungs- und Sprachlosigkeit. Erst recht wenige Meter davor, bei der Spielerbank der Sportfreunde. Es dauert jedenfalls einige Minuten, ehe der völlig frustrierte Markus Storch zu einer Stellungnahme bereit war. „Mit jedem Tor, wo sie herangekommen sind, sind bei uns die Köpfe weiter heruntergegangen und bei denen nach oben“, sagte der Trainer und fügte hinzu: „Unbeschreiblich so ein Spiel, unbeschreiblich. Für jeden Zuschauer war es wahrscheinlich das geilste Spiel, das er je gesehen hat. Aber für mich als Trainer einfach Horror und enttäuschend, weil wir uns eigentlich in der Halbzeit etwas ganz anders vorgenommen hatten.“
Fünf Tore in 33 Minuten
Nach einer kleinen Anfangsoffensive von Ettleben/Werneck nutzte Dominik Jäger im Anschluss an eine Ecke einen Fehler von Torwart Oliver Breitenbach eiskalt zur frühen Führung aus (6.). Als Martin Häußinger den Ball fünf Minuten später zum zweiten Mal in die Maschen hämmerte (11.) und Felix Willinger einen erneuten Lapsus von Breitenbach per Kopf zum 3:0 ausnutzte (24.), wurde es in der Unterhohenrieder Fankurve immer lauter. Es kam sogar noch besser: Mit einem platzierten Schuss ins linke Eck erhöhte Nikita Decker auf 4:0 (29.), ehe Martin Häußinger eine Traumflanke von Felix Willinger mit einem tollen Kopfball zum 5:0 abschloss (33.).
Wer dachte, Unterhohenried verwaltet in der zweiten Halbzeit seine Führung und die Begegnung plätschert vor sich hin, wurde eines Besseren belehrt. Der schnelle 5:1-Anschlusstreffer von Marcel Eirich (47.) war der Auftakt einer irren Aufholjagd. Nach weiteren Toren der nun wie entfesselt aufspielenden „Gelb-Schwarzen“ durch Marcel Faulhaber und Jannik Pfeuffer (49., 52.) rückte das „Fußballwunder“ näher. Und Pfeuffer sorgte gegen die phasenweise wie gelähmt wirkenden Unterhogenrieder mit zwei weiteren Treffern (64., 70.) für einen Hattrick und den verdienten Ausgleich. Doch zufrieden gaben sich die Mannen um TSV-Spielertrainer Christoph Weeth nicht. Sie drängten nun auf den Sieg. In der Schlussminute war es soweit, denn einen Foulelfmeter (Ilja Kinereisch hatte den quirligen Jannik Pfeuffer von den Beinen geholt) verwandelte Marcel Faulhaber zum 5:6-Endstand. Der Rest war Jubel und Party auf der einen, Sprachlosigkeit und Tränen auf der anderen Seite.
„So etwas habe ich noch nicht erlebt“, wusste SG-Spielertrainer Christoph Weeth nicht so recht, wie ihm geschah. Trotz des großen Rückstandes habe seine Mannschaft den Glauben nicht verloren: „Ich bin megastolz“. Unterhohenried bleibt demnach in der Kreisklasse, Ettleben/Werneck darf gegen den Verlierer der Partie Aidhausen gegen DJK Schweinfurt ran und weiter vom Aufstieg träumen. Coach Weeth freut sich drauf: „Wir geben unser Bestes. So wie die zweite Halbzeit. Die erste ignorieren wir einmal“, scherzte er.
