Harter Schlag für Schweinfurts Eisschnelllauf-Altmeister Günter Traub: Beim herbstlichen Training auf seiner mallorquinischen Radroute, die er schon 70 bis 80 Mal gefahren ist, kam er in einer 180-Grad-Kurve zu Fall, als sein Vorderrad wegrutschte. Die schlimme Diagnose Bruch im oberen Bereich des Oberschenkelknochens bedeutete das Aus für die kommende Wintersaison. Für die hatte sich der 75-Jährige 50 Jahre nach seinem historischen Vierkampf-Weltrekord besonders viel vorgenommen. „Ich habe mich toll gefühlt, sehr viel auf Sommereis trainiert und endlich wieder das optimale ökonomische Laufgefühl gehabt.“ Besonders motivierend sei die Master-Weltmeisterschaft auf der superschnellen Bahn im kanadischen Calgary gewesen, wo Traub zum Favoritenkreis gehört hätte. Pech hatte er schon bei der diesjährigen WM in Norwegen, als ihn ein Hexenschuss plagte.
Mit der Operation in Palma de Mallorca, wo der Bruch mit einer Stahlschiene fixiert wurde, begann eine lange Leidenszeit für den früheren Fitness-Coach, der häufig zwischen seinem Wohnort St. Moritz und seinem Schweinfurter Freundeskreis pendelt. Es kam zu schwerwiegenden Komplikationen, die den Heilungsprozess massiv behinderten, so Traub. „Die äußerst schmerzhaften Folgen der OP belasten mich bis heute. Die rechte Oberschenkelmuskulatur, Kniegelenk und Hüfte leiden immer noch unter den starken Einblutungen, die durch Kontroll- und Funktionsfehler nicht rechtzeitig erkannt wurden“, übt der Ex-Weltrekordler harte Kritik an der medizinischen Betreuung im Krankenhaus von Palma.
An seine sportliche Zukunft verschwendet Günter Traub vorerst keine Gedanken. „Erst mal wieder auf die Beine kommen und gesund werden“, heißt die Devise für den Mann, der mit seinem Bewegungstraining in der alpinen Region einer der Vorreiter der heutigen Fitnesswelle war und der in seiner Altersklasse alle deutschen Rekorde hält. Balsam für die von Zweifeln und Ängsten geplagte Psyche sei am vergangenen Wochenende der Besuch beim ersten Masters-Meeting in Erfurt gewesen, wo Traub im letzten Jahr einen erfolgreichen Saisoneinstand feierte. Diesmal kehrte er auf Krücken zurück, und alle hätten sich gefreut, ihn zu sehen. „Wir Alten sind eine große Sport-Familie und es hat Spaß gemacht, die vielen Freunde zu sehen.“ Ob es im nächsten Jahr ein Comeback gibt? „Ich steigere mich jetzt nicht in große Hoffnungen hinein, alles hängt vom Heilungsprozess ab. Und der wird wesentlich von Motivation und Willen mit bestimmt.“ Diesbezüglich besitzt der Diplom-Sportlehrer eine eiserne Energie. An die zwölf mittelschwere bis schwerste Unfälle, Krankheiten und Verletzungen habe er schon überwunden, erinnert sich das erfolgreichste Mitglied der Schweinfurter Sportfamilie Traub, „vielleicht klappt es auch diesmal. Ich geb jedenfalls nicht auf“, gibt sich der Eisschnelllauf-Pionier kämpferisch.
Doch er weiß allzu gut, dass es mit jedem Jahr schwerer wird, den Körper wieder von null auf 100 Prozent Trainings- und Organbelastung hoch zu fahren. Man werde in einer solchen Krise sehr nachdenklich, gesteht Traub, „vielleicht habe ich öfter bei der Jagd nach Rekorden zu viel verlangt von meinem Körper. Vielleicht sollte der Sturz mir auch aufzeigen, künftig einsichtiger zu werden, mehr Entschleunigung und Achtsamkeit zuzulassen.“