Ein Sport in der Krise war der Kegelsport schon vor Corona. Jetzt kommen die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen hinzu. „Das Vereinsleben ist vollständig zum Erliegen gekommen“, berichtet Michael Prowald, Spieler der SG Blau-Weiß Geldersheim/Eck Bergrheinfeld. Zwar versucht er mit seinen Vereinskollegen die Kommunikation über eine Whatsapp-Gruppe etwas am Leben zu halten – mit mäßigen Erfolg.
In Kegelvereinen werden die Werte des Vereinslebens noch sehr traditionell ausgelegt. Für Außenstehende wirkt der Sport vielleicht etwas verstaubt und aus der Zeit gefallen, für Liebhaber sieht die Sache freilich anders aus. Auch wenn nahezu alle Sportarten – zumindest was die Basis betrifft – über fehlendem Nachwuchs klagen, ist das Kegeln davon besonders betroffen. Der einstige Volkssport schrumpft mit beängstigender Kontinuität.
Teams und Ligen werden immer kleiner
Michael Umhöfer von Glück Auf Schweinfurt, der mit seinen 27 Jahren als Jungspund unter den Keglern durchgeht, sagt: „Die Teams werden immer kleiner, die Ligen kriegen kaum noch genügend Mannschaften zusammen.“ Die Corona-Zwangspause komme für seinen Sport zur Unzeit. „Viele sehen vielleicht in dieser Pause den richtigen Zeitpunkt, um mit dem Kegeln aufzuhören.“
Zudem spricht er vom über Jahre entstandenen Frust an der Basis wegen interner Streitigkeiten im Verband. Die Verbände DCU und DKB spalten den Sport seit gut acht Jahren in zwei Lager – der Spielbetrieb findet in jeweils unterschiedlicher Spiel- und Organisationsform statt. „Die Fronten sind komplett verhärtet“, so Umhöfer. Ob die Corona-Krise ein guter Zeitpunkt sein könnte, wieder eine Einheit zu bilden? „Daran glaube ich leider nicht“, sagt er.
Abgesehen von den hausgemachten Problemen, warten noch einige weitere Hürden auf die Vereine. Den Gaststättenbetrieben in den Kegelanlagen droht durch die Krise reihenweise das Aus. Gerade die Bewirtung macht für Spieler und Zuschauer den Charme des Kegelns aus. Auch die Einnahmen durch Bahnmieten durch Hobbykegler entfallen. Beim ESV Schweinfurt habe man dem Pächter eine Minderung gewährt, berichtet Daniel Eberlein vom ESV. Der Pächter wiederum bleibt derzeit ohne Einnahmen.
Die größte Anlage der Umgebung findet sich bei Blau-Weiß Geldersheim. Das dortige Kegelcenter wird seit den Neunzigern erfolgreich von der Familie Kuhles betrieben. „Trotz aller Einbußen ist das Kegelcenter so gefestigt, dass die Türen dort auch nach der Krise wieder aufgehen werden“, ist sich Prowald sicher. „Aktuell hängen wir aber erst einmal völlig in der Luft“, erzählt Eberlein: „Eigentlich wollte ich nach dem letzten Saisonspiel alle zusammentrommeln, damit wir die neue Saison planen können“. Die erste Mannschaft steht als Absteiger aus der 2. Bundesliga trotz des Saisonabbruchs fest.
DCU annulliert die fast fertige Saison
Offiziell hat der DKB die zwei noch ausstehenden Spieltage in der 1. und 2. Bundesliga für Ende Mai datiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese tatsächlich ausgetragen werden, ist schwindend gering. Wenn nicht, wird die Tabelle nach dem 16. Spieltag – also zum Zeit des Abbruchs – gewertet. Die DCU dagegen hat den Spielbetrieb bereits eingestellt – mit einer allerdings für viele Vereine unbefriedigenden Lösung: der Annullierung der Saison 2019/20.
Sehr zum Nachteil von Prowalds Team Geldersheim/Bergrheinfeld. Als Tabellenführer in der Bayernliga wäre man zu den Aufstiegsspielen zur 2. Bundesliga berechtigt gewesen. Daraus wird – stand jetzt – nichts. „Die Gesundheit aller ist selbstverständlich wichtiger als Kegeln. Trotzdem trifft die Entscheidung unseren Sportsgeist sehr“, so Prowalds Unverständnis für die Entscheidung der DCU. Zuversichtlich und kämpferisch bleibt er dennoch. Mit Krisen sind die Kegler ja seit Jahren vertraut.