
Ein Siegesschrei, der es in sich hatte. Am Samstagabend streckte der Ringrichter den Arm von Anton Kremer in die Höhe. Der Schweinfurter hat beim "Battle of Barock" vor über 800 Zuschauenden in der Fuldaer Wilmingtonhalle seine Ringpremiere als Boxer mit Bravour gemeistert. Im Schwergewichtskampf gegen Johannes Quell siegte er nach Punkten. Es soll erst der Startschuss einer verspäteten Boxkarriere gewesen sein.
"Besser spät als nie", sagt der 29 Jahre Schweinfurter mit der imposanten Statur. 105 Kilogramm verteilen sich auf 1,89 Meter Körpergröße. Da braucht es nicht viel Fantasie, um sich Kremer in einem Boxring vorzustellen. "Ich war schon immer kampfsportbegeistert. Lange aber nur als Fan", erklärt er.
Kremers sportliches Vorbild ist Mike Tyson
Besonders angetan hatte es ihn immer der legendäre "Iron" Mike Tyson. "Er ist für mich die klare Nummer eins. Sein Stil mit der unglaublichen Explosivität war einmalig", schwärmt er. Kremer kam erst vor gut eineinhalb Jahren auf den Geschmack, selbst in den Ring zu steigen. Nach ein paar privaten Trainingseinheiten fing er im Schonunger Fightclub an. Sein Trainer dort, Fikret Topic, ein erfahrener und erfolgreicher Kickboxer, erkannte schnell Kremers bis dahin unentdecktes Talent.
"Deine Physis ist spitze", erklärte Topic dem Kämpfer. Die braucht es schließlich zwingend, um in der "Königsklasse" des Boxens, im Schwergewicht, bestehen zu können. Über Sparrings merkte er selbst, dass er sich mit erfahreneren Kämpfern messen kann. Dazu kommt bei ihm eine gewisse mentale Stärke, ohne die man besser auch nicht in den Ring steigt.
Aus Fulda kam dann schließlich die Anfrage, ob er bei der zweiten Auflage des "Battle of Barock", einer Kickbox- und Boxveranstaltung, kämpfen möchte. "Mein Coach sagte, ich bin bereit." Also war er bereit. Sechs Wochen trainierte er intensiv speziell für den Kampf, teils mit zwei Einheiten täglich.
Eine spannende Erfahrung wurde besonders die Kampfwoche, berichtet er. "Die Kräfte haben nach der harten Vorbereitung nachgelassen. Ich stand ja die ganze Zeit unter Strom." Und dann fing natürlich auch noch der Kopf an zu arbeiten. "Was kommt da auf mich zu vor so viel Publikum?", erinnert er sich an die Fragen, die er sich vergangene Woche selbst stellte.
50 Fans aus Schweinfurt sorgten für Unterstützung
Kremer sorgte aber schon im Vorfeld dafür, dass er nicht ohne die "Schweinfurter Wand" nach Fulda fährt. 50 Tickets konnte er für Freunde und Bekannte ergattern. Locker doppelt so viele hätte er in Schweinfurt verkaufen können, betont er.
Am Tag vor dem Kampf ging es zum "Face-Off" nach Fulda. Das erste Mal dem Gegner tief in die Augen blicken. Kremer kann finster dreinschauen. Das wird an diesem Tag auch seinem einige Zentimeter größeren und einige Kilos schwereren Gegner, den Fuldaer Lokalmatadoren Johannes Quell, aufgefallen sein.
"Anton, Anton"-Sprechchöre
Am Kampftag selbst fühlten sich Minuten wie Stunden an, blickt Kremer zurück auf das spezielle Erlebnis. Erst als die Ringglocke ertönte, fiel die ganze Anspannung und Aufregung ab. Der Schweinfurter Boxer war ganz bei sich, führte die Kommandos aus seiner Ringecke, in der seine Coaches Fikrit Topic und Pascal Franz mitfieberten, diszipliniert aus.
"Im ersten Kampf kämpft man gegen sich selbst", findet der Schweinfurter. Unter den lautstarken "Anton, Anton"-Sprechchören der mitgereisten Fans legte Kremer eine dominante Vorstellung hin, wirkte mit tiefer Deckung vier Runden lang erstaunlich locker, ließ sich zu keinen wilden und leichtsinnigen Aktionen hinreißen. Am Sieg gab es nichts zu rütteln. "Es war megageil. Ich wollte wissen, wo ich als Boxer stehe."
Gibt es bald einen Kampf in Schweinfurt?
Im April soll der nächste Kampf anstehen, vor noch größerer Kulisse – mehr will der spätberufene aber umso begeistertere Boxer noch nicht verraten. Und am liebsten würde er solch ein Event wie kürzlich in Fulda irgendwann auch mal in Schweinfurt erleben. "Das fehlt bei uns noch." Ein neuer "local hero" im Schwergewicht stünde mit Anton Kremer jedenfalls schon in den Startlöchern.