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Fußball: Regionalliga Bayern
Der FC 05 Schweinfurt will Geld aus dem Fördermittel-Topf
Markus Wolf ist Geschäftsführer des Regionalligisten. Er spricht über Corona, Wirtschaftlichkeit und die Kluft zwischen den Bundesligen und ambitioniertem Amateurfußball.
Mundschutz auf, aber Blick nach vorn: FC-05-Geschäftsführer sieht die Schweinfurter in der Corona-Krise grundsätzlich gut aufgestellt - und stellt doch Forderungen.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Mundschutz auf, aber Blick nach vorn: FC-05-Geschäftsführer sieht die Schweinfurter in der Corona-Krise grundsätzlich gut aufgestellt - und stellt doch Forderungen.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 10.02.2024 15:39 Uhr

Sein letztes Heimspiel vor Zuschauern hatte der FC 05 Schweinfurt in der Fußball-Regionalliga Bayern 2019. Seit März hat die Corona-Krise dem geregelten Spielbetrieb unterhalb der drei Profi-Ligen weitgehend den Riegel vorgeschoben. Neben drei Partien im nur schwer vorstellbar fortführbaren Liga-Pokal gab es zwei Auswärtsspiele für die Nullfünfer. In der Dritten Liga, wo die Schweinfurter bekanntlich im Sommer hin wollen, gab es zuletzt die Rückzüge zweier Investoren (Türkgücü München und KFC Uerdingen), eine Insolvenz (1. FC Kaiserslautern) und eine drohende (FSV Zwickau).

Markus Wolf hat als Unternehmer sowie Geschäftsführer und Hauptsponsor des FC 05 die wirtschaftlichen Folgen der Krise im Blick. Für ihn kommt die Schieflage einiger Vereine nicht überraschend. Auch nicht die Meldungen aus München, wo Türkgücü inzwischen eine eben erst gegründete Vermarktungsgesellschaft als neuen Vertragspartner, aber bisher keinen Käufer für die Investoren-Anteile von Hasan Kivran präsentieren konnte. Er spricht im Interview mit dieser Redaktion auch über ein nötiges Umdenken im Profifußball.

Frage: Neues Jahr, alte Sorgen: kein Spielbetrieb in der Regionalliga Bayern.

Markus Wolf: Es ist noch nichts bekannt, wie es weitergehen kann. Ich habe gerade mit dem Bayerischen Fußball-Verband telefoniert.

Oha. Bestimmt nicht nur, um zu orakeln, oder?

Wolf: Nein, wegen meiner Anfrage beim Bundesministerium des Inneren. Da wir ein Verein sind, der unter Profibedingungen arbeitet, wollen wir gleich behandelt werden wie die Profivereine in Deutschland. Ich habe der Leiterin der Abteilung Sport, Beate Lohmann, bereits zwei Erinnerungen geschickt, doch offenbar ist sie nicht in der Lage zu antworten. Ich habe jetzt den DFB eingeschaltet. In der Regionalliga West, in der weiterhin gespielt wird, hat jeder Verein vom Landesverband einen höheren sechsstelligen Betrag erhalten, weil er als Profiklub eingestuft ist. Ich erwarte eine zügige Behandlung des Themas, auch durch den BFV, weil wir im Hinblick auf Play-offs und möglicherweise Aufstiegsspiele finanziell planen müssen; die Wechselfrist endet am 31. Januar.

Eine Anerkennung als Profiklub würde in der Regionalliga Bayern maximal drei Mannschaften betreffen. Was soll das für die Fortsetzung der Liga bringen? 

Wolf: Es geht nicht um den Spielbetrieb, sondern darum, dass wir unseren Anteil an den Fördermittel bekommen, die an Profivereine ausgeschüttet worden sind. Wir haben seit September kein Kurzarbeitergeld vom Staat bekommen. Wir haben nur die Auskunft erhalten, dass man das noch prüfen müsse. Das ist Dreistigkeit, Inkompetenz und Dilettantismus. Hier geht es um Existenzen.

Wie hoch ist die Kurzarbeitsquote beim FC 05? Und wer hat in den letzten drei Monaten die Spieler bezahlt?

Wolf: 100 Prozent. Also würden kinderlose Spieler 60 Prozent vom Staat erhalten, die mit Familie 65 Prozent. Wir als Verein stocken auf 80 beziehungsweise 100 Prozent auf. Das sehe ich als unseren sozialen Auftrag. Aktuell bezahlt der Verein die Mannschaft. Ohne Einnahmen aus dem Spielbetrieb und bei reduzierter Vermarktungsmöglichkeit.

"Das Corona-Jahr 2020 hat uns rund 650000 Euro gekostet."
FC-05-Geschäftsführer Markus Wolf zieht eine zwiespältige Zwischenbilanz
In der Dritten Liga haben bei Türkgücü München und beim KFC Uerdingen die Investoren zurückgezogen.

Wolf: Ich kann schlecht für andere Vereine sprechen. Aber: Im Fall von Türkgücü ist es halt genau das, was ich dem DFB seinerzeit im Zusammenhang mit der Lizenzierung gesagt habe.

Sie sind kein Investor, stemmen als Hauptsponsor aber den Löwenanteil des Etats. Würde eine längere Fortdauer der Corona-Krise auch dem FC 05 Grenzen setzen?

Wolf: Es besteht keine Gefahr. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und wissen genau, was wir uns leisten können. Wir federn mit Darlehen ab. Und wir leben in dem Wissen, dass auch Mitarbeiter und Mannschaft bereit sind, entgegen zu kommen. Das ist ein Geben und Nehmen. Nichtsdestotrotz hat uns das Corona-Jahr 2020, für das ich gerade den Abschluss mache, rund 650000 Euro gekostet.

Ex-Türkgücü-Kaderplaner Robert Hettich kam zu Jahresbeginn als Sportlicher Leiter zum FC 05. Bringt er Spieler mit?

Wolf: Lassen wir uns überraschen. Wenn, dann erst, wenn Spieler frei sind und im Rahmen des Budgets. Doch: Die Verpflichtung von Hettich hat nicht primär mit sofortigen Spielerwechseln zu tun. Wir haben das Ziel, im Sommer aufzusteigen, und können nicht erst dann in die Kaderplanung gehen. Wir planen zweigleisig. Aufsteigen wollen wir ja schon seit drei Jahren, aber jetzt ist es der richtige Zeitpunkt. Wir haben den Kader verstärkt, die Geschäftsstelle ausgebaut, das NLZ installiert - wir haben alles erledigt, was ein Aufstieg mit sich bringt. 

Neuer Sportlicher Leiter des FC 05 Schweinfurt: Robert Hettich.
Foto: foto2press/Frank Scheuring | Neuer Sportlicher Leiter des FC 05 Schweinfurt: Robert Hettich.
Da gibt es aber noch den unsichtbaren Gegner: Corona. Es heißt, die schwersten Monate stünden uns noch bevor. Kann die Liga dann überhaupt ordnungsgemäß abgewickelt werden?

Wolf: Ich glaube schon, dass Minimum Play-off- und Relegationsspiele ausgetragen werden können. Man schafft es ja in den Profiligen auch, zu spielen. Es muss ein entsprechendes Konzept entwickelt werden. Nach der Quotientenregel aus Punkten und Spielen wären wir ja bei einem Abbruch der Liga in den Play-offs der besten Vier. 

Das Corona-Jahr hat wirtschaftlich Spuren im Profifußball hinterlassen. Am ärgsten bei den Vereinen in der Grauzone zum Amateurfußball.  Ein Umdenken scheint unausweichlich.

Wolf: Solange die DFL nicht begreift, für was die Dritte Liga und die Regionalliga da sind, nämlich Talente auszubilden, aber keine Gelder nach unten geschickt werden, hat man das Konstrukt nicht verstanden. Es kommen so viele Spieler aus der U-19-Bundesliga heraus, die Potenzial haben, aber den Sprung nach oben nicht sofort schaffen.

Talentförderung kostet.

Wolf: Richtig. Aber diese Förderung bleibt auf der Strecke, solange in die Dritte Liga 800000 Euro pro Klub fließen und in der ersten und zweiten Millionen in die Taschen gesteckt werden. Dort gibt es zu viele Egoisten. Dann muss man sich nicht wundern, wenn in die Dritte Liga und Regionalliga Investoren kommen. Viele Vereine wollen einfach mehr. Ich bin das Gejammer der Erst- und Zweitligisten leid. Vielleicht sollten Bundesliga-Manager mal bei Vereinen wie Schweinfurt, Rot-Weiß Essen oder Kickers Offenbach hospitieren. Da sind 25 Profifußballer angestellt und zehn oder mehr Mitarbeiter. Das sind Unternehmen mit 30 bis 50 Angestellten. Und es gibt keinerlei Fördermittel.

 
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