
Da sitzt er auf der Terrasse des Sporthotels, in dem der FC 05 auf Trainingslager weilt, denkt kurz nach und muss lachen. Luis Maria Zwick, der neue Torhüter des Regionalligisten. "In meiner Laufbahn lief alles ständig anders als gedacht. Deswegen bin ich ganz entspannt." Er spricht vom Druck, dass er mit den Schweinfurtern Meister werden soll. Der 25-Jährige hat in der ersten schottischen Liga mit Dundee United gegen Celtic Glasgow gespielt, war aber auch vereinslos. Er hat gelernt, sich nur auf sich und den Moment zu konzentrieren.
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Zwicks Karriere als Fußballer liest sich wie ein Drehbuch zu einer Daily Soap. Er war 20, kam bei seinem Heimatverein Hertha Zehlendorf gerade aus der U 19. Amateurfußball - das erschien dem talentierten Torwart nicht genug. Er ließ seinen Vater ein Video mit seinen Paraden drehen, verschickte es europaweit - und bekam, wenn überhaupt eine Antwort, nur Absagen. Bis der Brief aus Schottland im Kasten lag. "Dundee United hat sich gemeldet, auch nur, weil der Verein eine deutsche Pressesprecherin hatte", so Zwick. Der letztlich im Sommer dieses Jahres von Optik Rathenow zum FC 05 stieß.
Ein erster Vertrag noch ohne jede Bezahlung
Dundee - Rathenow ist eine mächtige Distanz. In jeder Hinsicht, auch qualitativ. Dazwischen liegen ereignisreiche fünf Jahre. United suchte damals einen U-23-Keeper, ließ Zwick vorspielen, war zufrieden. Auch wenn das Angebot hanebüchen klingt. "Ich erhielt einen Vertrag ohne Bezahlung, nur mit freier Kost und Logis in deren Internat", erinnert sich Zwick, der gerade sein Abitur gemacht hatte und Geld verdienen wollte. Und dann ging's schnell: Nach einem Jahr ging der Stammkeeper nach Polen, der Berliner gefiel in der Vorbereitung - und erhielt einen Profivertrag.
Zwick debütierte gegen Aberdeen, das dritte Spiel war gegen Celtic. Dundee verlor, doch Zwick wurde zum Man of the Match gewählt, später zum Player of the Month. "Ich habe das damals mal so hingenommen, ich wusste, wie schnell Hypes kommen und wie schnell du wieder Loser bist. Außerdem hat mich meine damalige Freundin geerdet." Und er sollte Recht behalten. Trainer Jackie McNamara ("zu ihm habe ich noch heute Kontakt"), der Zwick gefördert hatte, verlor seinen Job, der Nachfolger brachte einen japanischen Nationalkeeper mit - Zwick war abgemeldet.

"Ich habe aus diesem Tiefschlag sehr viel mitgenommen", so Zwick, für den es noch schlimmer kommen sollte. Es kam wieder ein neuer Coach, der einem anderen Torhüter die Ligaspiele versprach, den Deutschen aber im Pokal einsetzte. Zwick absolvierte vier Cup-Spiele, alle zu Null. Da meldete sich ein Funktionär des Karlsruher SC, er wollte zum Endspiel nach Schottland kommen. Doch Zwick erfuhr zweieinhalb Stunden vor Anpfiff, dass der erfahrenere Konkurrent den Vorzug erhalten solle. Funktionär und Familie waren umsonst da, "das Kapitel Schottland beendet. Doch es halt alles seinen Sinn im Leben. Ich habe gelernt, dass es im Fußball mit der Menschlichkeit ganz schnell vorbei sein kann."
Der Weg führte zunächst zu Drittligist Hansa Rostock und per Leihe zu Hertha BSC Berlin. Unter dem jetzigen Bundesliga-Trainer Ante Covic spielte Zwick mit der U23 Regionalliga, durfte aber öfter mit den Profis trainieren. Nachdem dann eine Rückkehr nach Schottland, witzigerweise in die Schweinfurter Partnerstadt Motherwell, auf den letzten Drücker gescheitert war, blieb dem vereinslosen Torwart als letzter Strohhalm Regionalligist Optik Rathenow - mit dem er im brandenburgischen Landespokal erst im Finale mit 0:1 an Energie Cottbus scheiterte.
Die Dritte Liga als nächstes Etappenziel
Und dann rief eines Tages FC-05-Präsident Markus Wolf an. "Der FC 05 Schweinfurt ist ein Traditionsverein, mir gefällt das Umfeld und mit den Zielen kann ich mich identifizieren", sagt Zwick, der die Dritte Liga als nächstes Etappenziel ausgerufen hat. "Und wenn man da ist, ist die Zweite Liga nicht weit weg. Im Fußball geht alles so schnell. Wer weiß das besser als ich?"
Mit Zwick haben die Nullfünfer einen Nachfolger für Alexander Eiban gefunden. Der 25-Jährige bringt einen flinken Fuß mit, war bis zur U14 Mittelfeldspieler und "kann die Vorgabe des Trainers erfüllen, der einen hoch stehenden Torwart will". Hoch gestanden ist Luis Maria Zwick im Trainingslager auch schon, auf einem Stuhl nämlich, um vor allen Spielern - so will es der Brauch mit den Neuen - zu singen: "Was wir alleine nicht schaffen" von Xavier Naidoo, "weil der Text so schön einfach ist".