Augen auf den Ball, Schläger fest in den Händen, Gewicht nach hinten aufs Standbein, Durchschwingen. Und clack. Nun, fast, denn es ist ein Tennisball auf einer Haltevorrichtung, gegen den der Schläger des elf Jahre alten Ryan in der Turnhalle der International School Mainfranken da prallt. Ein sattes Clack, das Geräusch, wenn ein Holzschläger auf einen echten Baseball trifft, gibt's eher nicht. Aber getroffen ist getroffen, die Flugbahn vorbildlich und auf dem Feld wäre das wahrscheinlich ein Hit gewesen und Ryan zur ersten Base gekommen.
Ryan ist eines von 30 Kindern, die im Moment bei den „Little Giants“, der Jugend-Abteilung der DJK Schweinfurt Giants, dabei sind. Man könnte fast sagen, dass Baseball in Schweinfurt einen kleinen Boom erlebt. Denn auch bei den Erwachsenen gibt es zwei Mannschaften, dort tummeln sich 46 Spieler. Und eine Frauen-Softball-Mannschaft soll es auch bald geben. Kein Wunder also, dass Damien Greenwell, Trainer und Chef der Giants und Vater des Baseball-Booms, sichtlich zufrieden ist.
Während die erste und zweite Mannschaft im März und April schon draußen auf dem Spielfeld am Kesslerfield in Yorktown trainiert, tummelt sich der Nachwuchs in der Halle. Sie spielen im Sommer in den Altersklassen 5 bis 9, 10 bis 13 und 13 bis 15 Jahren Freundschaftsspiele, im Jahr 2019 sollen sie dann um Meisterschaftspunkte antreten.
Heimspiele am Kesslerfield
Das Baseball-Spielfeld am Kesslerfield lag brach, nachdem die amerikanische Armee die Stadt vor vier Jahren verlassen hatte. Doch nicht nur die Häuser in Yorktown Village gleich um die Ecke fanden reißenden Absatz bei der Bevölkerung, sondern die DJK Schweinfurt Giants, eines von nur zwei unterfränkischen Baseball-Teams, freuen sich über eine dauerhafte Heimstatt, die ihnen die Stadt Schweinfurt ermöglicht.
Die DJK Schweinfurt Giants sind eines von nur zwei Baseball-Teams in Unterfranken. Das Spielfeld in Yorktown werden sie zwar mittelfristig verlieren, weil dort auch neue Häuser entstehen. Aber man ist in Verhandlungen mit der Stadt für ein neues Grundstück, auf dem dann alle Teams eine dauerhafte Heimstatt finden sollen. Vor vier Jahren gab es die Giants auch schon, damals spielten sie noch auf einem Trainingsplatz der DJK neben der Wern, mussten sich ihr Baseballfeld vor einem Spiel immer erst selbst bauen, Bases aufstellen und ein Netz hinter der Home Plate spannen. Jetzt sieht das Ganze doch vielmehr nach jener liebenswerten Sportart aus, die Millionen Amerikaner begeistert, dem durchschnittlichen Deutschen aber immer noch Kopfschmerzen bereitet.
Wer Amerika verstehen möchte, wer begreifen will, wie dieses Land tickt, der kommt an Baseball nicht vorbei. Für actionfixierte Sportfans keine Option, dieses manchmal stundenlange Duell zwischen Pitcher auf dem Wurfhügel und Batter an der Home Base. Für Generationen junger Amerikaner war und ist es aber das Höchste, als Kind mit dem Vater zum Baseball zu gehen. Völlig egal, ob zu den New York Yankees, dem mit 27 Titeln in der über 100-jährigen Geschichte der amerikanischen Profiliga erfolgreichsten Team, oder zu den Chicago White Sox, die Giants-Trainer Damien Greenwell gut findet.
Schon als Kind spielte der 42 Jahre alte Fachinformatiker Baseball, ein Cousin seines Vaters war Profi bei den Boston Red Sox, einem der bekanntesten Teams der USA. Greenwell spielte auch lange Football, unter anderem sogar in der German Football League. Doch seine große Liebe ist Baseball, weswegen er auch stolz ist, dass er seinen 17 Jahre alten Sohn Kilian seit einiger Zeit zum Team zählen kann – auch beim Kinder-Training ist Kilian mit dabei.
Dass die erste Mannschaft vergangene Saison den angestrebten Bayernliga-Aufstieg nicht schaffte – man wurde in der Landesliga Meister, scheiterte dann aber in den Play-Offs – hat man weggesteckt. Das Ziel für die am 22. April mit einem Heimspiel gegen die Franken Rebels beginnende Saison ist für Greenwell und Mathias Cararo, mit dem er die Männer-Mannschaft trainiert, klar: Meisterschaft und Aufstieg. Noch wichtiger aber: „Die Jugend ist unsere Zukunft.“ Deswegen hängen sich Greenwell und die Nachwuchs-Trainer Andrew Kuhlman, Mary Ritzmann und Terrell Fullerton auch so rein.
„Baseball ist ein Talentsport“, sagt Damien Greenwell immer. Er meint damit, dass man sicherlich sportliches Talent braucht, aber grundsätzlich vor allem „Enthusiasmus und Ehrgeiz. Niemand wird als Baseballstar geboren, man muss üben, üben, üben.“ Das machen die Kinder in der Turnhalle voller Enthusiasmus und Spaß am Sport. Das Training der Giants ist ausgefeilt. Es wird viel erklärt, denn die richtige Griffhaltung am Schläger, der richtige Stand, der Schwung sind beim Schlagen genauso wichtig, wie das taktische Verhalten auf dem Feld und das Werfen und Fangen mit dem Fanghandschuh. „Fußball ist nicht für alle Kinder das Richtige“, so Damien Greenwell, „wir wollen ihnen einfach Bewegung bieten und Spaß am Sport vermitteln.“
Toller Zusammenhalt
Die Kinder fühlen sich mit ihrem Sport offenbar wohl. Die neunjährige Anna wurde von einer Freundin gefragt, ob sie mitkomme. Jetzt ist sie Feuer und Flamme, „Am besten ist das Schlagen“, hat sie erkannt. So werden ja auch die Sieg-Punkte erzielt. Den Zusammenhalt im Team findet Konstantin (13) besonders gut, er trifft sich mit seinen Kumpels, „es macht einfach Spaß.“ Als Catcher spielt er auch einer der wichtigsten Positionen.
Zurück zum Üben. Ryan hat seinen Ball wieder auf der Haltevorrichtung. Er schaut, schwingt und trifft. Wieder ein Hit. Damien Greenwell lächelt zufrieden.
Kleine Regelkunde
Baseball ist eine Ball- und Mannschaftssportart, die vor allem in den USA verbreitet ist, wo sie nach American Football die beliebteste und zuschauerträchtigste Sportart ist. In Deutschland ist Baseball eine Randsportart, registriert sind 30 000 Spieler. Es gibt fünf Ligen von der Landesklasse bis zur 1. Bundesliga, deren Serienmeister die Buchbinder Legionäre Regensburg sind. Die Schweinfurt Giants spielen in der zweitniedrigsten Klasse, der Landesliga. Vergangene Saison wurden sie Meister, scheiterten aber in de Play-Offs am Aufstieg in die Bayernliga.
Im Gegensatz zu den USA, wo die 162 Saisonspiele einer Mannschaft sowie die Play-Offs der in American League und National League aufgeteilten Major League Baseball (30 Teams in sechs Divisionen) alle im TV übertragen werden, gibt es in Deutschland fast gar keine mediale Präsenz für den Sport. Ziel beim Baseball ist es, mehr Punkte (so genannte Runs) zu erzielen als der Gegner. Das Spiel läuft ohne Zeitlimit über neun Durchgänge, genannt Innings. Bei Unentschieden wird so lange verlängert, bis schließlich ein Sieger feststeht.
Es werden in der Verteidigung jeweils neun Spieler benötigt. Abwechselnd spielt man in der Offensive, stellt also den Schlagmann (englisch Batter), oder in der Defensive, wo der Werfer (englisch Pitcher) versucht, den gegnerischen Schlagmann mit einem Wurf innerhalb der Strike-Zone aus zu machen. Ein Punkt wird erzielt, wenn ein Spieler der Offensive alle drei Bases passiert und zurück an der Home Plate ankommt.
Wenn drei Spieler der Offensive aus sind, wechselt das Schlagrecht. Der bestmögliche Schlag ist ein so genannter Home Run, wenn der Schlagmann den Ball über die Begrenzung des in der Regel zwischen 90 und 120 Meter langen Spielfeldes hinaus schlägt. oli