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Baseball:
Werfer, Schlagmann, Multitalent
Die DJK Schweinfurt Giants sind eines von gerade mal zwei unterfränkischen Teams im Spielbetrieb
Getroffen: Trainer Aaron Bush geht mit gutem Beispiel voran und trifft im Trainingsspiel den Ball perfekt.
Foto: Oliver Schikora | Getroffen: Trainer Aaron Bush geht mit gutem Beispiel voran und trifft im Trainingsspiel den Ball perfekt.
redsp
 |  aktualisiert: 27.06.2014 16:13 Uhr

Mittwochabend, 18 Uhr. Schweinfurt im WM-Fieber, in Brasilien versuchen die Australier die Holländer zu knacken. Auf dem DJK-Gelände an der Bellevue spielt Fußball an diesem Mittwoch im Juni aber so überhaupt keine Rolle. Die Wern plätschert friedlich vor sich hin, doch hinter den Bäumen tut sich Seltsames. 17 Mann stehen da in grünen Trikots mit für Fußballfans rätselhaft anmutendem Schnitt, werfen sich einen mit Kork gefüllten Lederball zu, den sie mit einem übergroßen Handschuh auffangen. Es wird gescherzt, geneckt, gelacht – auf Englisch, auf Deutsch, auf Denglisch. Immer wieder hört man auch ein metallisches Klack, wenn der Ball auf einen Aluminium-Schläger trifft.

Baseball ist des Rätsels Lösung. Die DJK Schweinfurt Giants von Trainer Aaron Bush trainieren für ihr nächstes Bezirksliga-Match. Sie sind neben den Aschaffenburg Mohawks einer von nur zwei Baseball-Vereinen in Unterfranken, nachdem die Freien Turner in Würzburg ihr Team auflösten. Und die zur Hälfte aus Einheimischen sowie Amerikanern bestehende Mannschaft atmetet den Geist dieser uramerikanischen Sportart. Gebürtige Amerikaner durchaus auch gesetzteren Alters spielen mit Einheimischen, ein Großteil davon Basketballer der DJK wie Jan Seume oder Max Kidd. Und auch wenn es durchaus relaxt zugeht beim Training, ist Baseball ein Sport, der es in sich hat. „Es ist technisch total anspruchsvoll“, erklärt Jan Seume, „und macht tierisch Spaß.“

„Die Leute sagen immer, da musst du doch nur den Ball treffen. Ja, aber den Ball musst du erstmal treffen.“
Aaron Bush, Trainer der DJK Schweinfurt Giants, einem von nur zwei unterfränkischen Baseball-Vereinen

Basketball und Baseball, auf den ersten Blick ein Widerspruch. Aber nur auf den ersten Blick, denn genauso wie beim Kampf um den besten Wurf in den Korb in der Halle steht beim Duell zwischen Werfer und Schlagmann, zwischen Pitcher und Batter, die Technik im Vordergrund: „Wenn man etwas macht, dann muss man es richtig machen“, weiß Seume. Wenn man zum Schlag ausholt, muss man treffen. Wenn man als Pitcher wirft, muss man so genau zielen, dass der Schlagmann nicht trifft. Wenn man in der Abwehr im Feld spielt, muss man so schnell und konzentriert werfen, dass die Offensive des Gegners keine Chance hat. Und, wie es Schweinfurts Multi-Talent und Team-Gründer Aaron Bush formuliert: „Die Leute sagen immer, da musst du doch nur den Ball treffen. Ja, aber den Ball musst du erstmal treffen.“ Vor allem, wenn er selbst in der untersten Liga wie der Bezirksliga Nord, in der die Giants beheimatet sind, mit rund 110 km/h auf einen zufliegt. Wer Amerika verstehen möchte, wer begreifen will, wie dieses Land in seinem Innersten tickt, der kommt an Baseball nicht vorbei. Für actionfixierte Sportfans ist das nichts, dieses manchmal stundenlange, quälende Duell zwischen Pitcher auf dem Wurfhügel und Batter an der Home Base. Für Generationen junger Amerikaner war und ist es aber das Höchste, als Kind mit dem Vater zum Baseball zu gehen. Völlig egal, ob zu den New York Yankees, dem mit 27 Titeln in der über 100-jährigen Geschichte der amerikanischen Profiliga erfolgreichsten und mit über zwei Milliarden Euro Firmenwert wertvollsten Sportteam der Welt, oder zu den San Francisco Giants, deren First Baseman Will Clark Aaron Aaron Bush schon als Kind bewundert hat. Bush kam 1999 nach Deutschland, er heiratete und als sein Sohn geboren wurde und er sich immer noch nicht so richtig mit dem ureuropäischen Fußball angefreundet hatte, sagte seine Frau zu ihm: „Dann musst du wieder Baseball spielen.“ Was er tat, und zwar ziemlich gut. Zunächst in Würzburg, dann lernte er vor zwei Jahren beruflich den DJK-Vorsitzenden Michael Seume kennen.

Ein Sponsor war in Steven de Santo schnell gefunden und so gründete man in Schweinfurt bei der DJK ein neues Team. Das mit 25 Mann mehr als genug Spieler hat, um locker am Spielbetrieb teilzunehmen. Im Moment sind die Giants nach sieben Spielen mit drei Siegen und vier Niederlagen in einer Liga mit acht Mannschaften im Mittelfeld beheimatet. Pitcher Aaron Bush ist übrigens auch der beste Schlagmann des Teams, sein Schlagdurchschnitt beträgt 0,435 – er trifft also in 43,5 Prozent aller Fälle den vom gegnerischen Pitcher geworfenen Ball, wenn er mit Schlagen dran ist. Im Profi-Baseball wäre das unmöglich, im Amateurbereich dieser zumindest in Deutschland echten Exoten-Sportart ist es aber normal, dass ein richtig guter Spieler das ganze Team mitreißt. 23 Mal war Bush in dieser Saison schon mit Schlagen dran, sorgte dabei für zehn Punkte seiner Mannschaft.

Um den Aufstieg in die Landesliga geht es den Giants nicht, sie wollen einfach nur Baseball spielen, ihren Spaß haben und ihrem sportlichen Hobby frönen. Wenn interessiert es da schon, dass Holland im fernen Brasilien nur knapp gegen Außenseiter Australien die Oberhand behielt.

Daten & Fakten

Baseball ist eine Ball- und Mannschaftssportart, die vor allem in den USA verbreitet ist, wo sie nach American Football die beliebteste und zuschauerträchtigste Sportart ist. In Deutschland ist Baseball eine Randsportart, registriert sind 30 000 Spieler. Das erste offizielle Spiel in Deutschland gab es 1936 bei den Olympischen Spielen in Berlin, doch auch durch die amerikanischen Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sich der Sport in Europa nicht etablieren. Es gibt sechs Ligen von der Bezirksliga, in der die DJK Schweinfurt Giants spielen, bis zur 1. Bundesliga, deren Serienmeister die Regensburg Buchbinders sind.

Im Gegensatz zu den USA, wo die 162 Saisonspiele einer Mannschaft sowie die Play-Offs der in American League und National League aufgeteilten Major League Baseball (insgesamt spielen 30 Teams in sechs Divisionen) alle im TV übertragen werden, gibt es in Deutschland fast gar keine mediale Präsenz für den Sport. Ziel beim Baseball ist es, mehr Punkte (so genannte Runs) zu erzielen als der Gegner. Das Spiel läuft ohne Zeitlimit über neun Durchgänge, so genannte Innings. Bei Unentschieden wird so lange verlängert, bis ein Sieger feststeht. Es werden in der Verteidigung jeweils neun Spieler benötigt. Abwechselnd spielt man in der Offensive, stellt also den Schlagmann (englisch Batter), oder in der Defensive, wo der Werfer (englisch Pitcher) versucht, den gegnerischen Schlagmann mit einem Wurf innerhalb der Strike-Zone aus zu machen. Ein Punkt wird erzielt, wenn ein Spieler der Offensive alle drei Bases passiert und zurück an der Home Plate ankommt. Wenn drei Spieler der Offensive aus sind, wechselt das Schlagrecht. Der bestmögliche Schlag ist ein so genannter Home Run, wenn der Schlagmann den Ball über die Begrenzung des in der Regel zwischen 90 und 120 Meter langen Spielfeldes hinaus schlägt.

Handwerkszeug: Ein Baseball-Schläger und die Liste, wer in welcher Reihenfolge ans Schlagmal tritt.
Foto: Oliver Schikora | Handwerkszeug: Ein Baseball-Schläger und die Liste, wer in welcher Reihenfolge ans Schlagmal tritt.
 
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