
Zum Pressetermin baut Norbert Borst fast meditativ anmutend zusammen mit dem Hausmeister der Sennfelder Frankenhalle das Badminton-Netz im Mittelteil der Dreifachturnhalle auf. In den anderen beiden Abschnitten sieht es weit weniger sportlich aus. Dort sind die Tische und Technik für die Gemeinderatsitzung derzeit dauerhaft aufgebaut, am anderen Ende der Halle sind die neuen Möbel für den Bauhof zwischengelagert. Borst, Badminton-Abteilungsleiter der SG Franken Sennfeld, schiebt die Holzpfosten noch etwas, um ausreichend Spannung auf das lädiert aussehende Netz, das gleich für drei Spielfelder langt, zu bringen.
Gespielt wird freilich nicht, auch wenn Borst den Aufbau akribisch abschließt. "Alle sind sehr frustriert", beschreibt er kurz und knapp die Situation seiner Abteilung. Seit November dürfen die Badminton-Spieler nicht mehr in die Halle. Die Saison 2020/21 wurde nach nur zwei Spieltagen in Folge der Corona-Maßnahmen ab November 2020 abgebrochen. Ein langes Zögern und Zaudern, wie bei vielen anderen Sportarten, blieb den Vereinen und Spielern im Badminton erspart. Die Spielzeit wird nicht gewertet, es gibt daher also weder Auf- noch Absteiger.
Zwei Teams in einer Liga
Dabei wäre die Runde eine durchaus besondere geworden. Erstmals in der Abteilungsgeschichte traten die Sennfelder – in der Spielgemeinschaft mit Bergrheinfeld – mit zwei Teams in der Bezirksoberliga an.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, heißt es so schön. Doch derzeit ist Badminton gefühlt ganz weit weg. Als reiner Hallensport ist er in der derzeitigen Pandemiephase völlig außen vor. "Die Kinder können auch mal draußen bolzen", stellt Borst den Vergleich etwa mit Fußball an: "Das geht bei uns eben nicht."
Das führt unter anderem auch dazu, dass der Abteilungsleiter eine doch recht drastisch klingende Aussage tätigen muss: "Unsere komplette Jugend hat sich eigentlich aufgelöst. Da ist nichts mehr da." Diese Entwicklung zeichnete sich schon vor Corona ab und wurde jetzt noch einmal beschleunigt.
Wie es in Sachen Nachwuchs weitergehen soll, kann Borst, der die Abteilung 1987 gegründet hat, nicht beantworten. Er hofft darauf, dass ein jüngerer Kollege sich der Sache als Trainer annimmt. Dann würde Borst auch bereitstehen, den Neustart nach dem Lockdown mit anzukurbeln. Weiterführen müsste es aber jemand anders, erklärt er. "Es dauert zehn bis zwölf Jahre, bis die Spieler dann im Aktivenbereich ankommen." Bis dahin wäre er dann Mitte Siebzig, klärt er auf. "Irgendwo muss auch Schluss sein." Selbst für einen Enthusiasten dieser Sportart.
Die Entwicklung bereitet Sorgen
Um eine Jugendmannschaft aufzubauen, bräuchte es ein festes Team aus fünf, sechs gleichaltrigen Spielern. Es bräuchte schon so ein Clique, die miteinander trainieren könnte und sich gegenseitig pushen würde, so Borst.
Früher kam der Nachwuchs hauptsächlich von außerhalb. Darunter waren viele talentierte Sportler, die den Verein auch auf bayerischen und deutsche Meisterschaften vertraten. Auch die Bereitschaft der Eltern, ihre Kinder zum Training zu bringen, scheint gesunken. Die Badminton-Entwicklung in Unterfranken quittiert Borst mit einem wenig freudigen Gesichtsausdruck. Ein paar Hochburgen gebe es in Deutschland noch, klärt er auf, nennt dabei Oberbayern und Niedersachsen. "Da ist es noch wirklich stark."
Familien-Sport
Vermutlich täte der Sportart die ein oder andere typische Badminton-Familie, wie sie die Borsts einmal waren – oder eigentlich immer noch sind – gut. Über seine Frau kam Norbert Borst seinerzeit dazu. Er spielt immer noch, hat dies auch vermutlich nach dem Lockdown weiterhin vor, auch wenn er als über Sechzigjähriger, wie viele ältere Sportler durch die lange Pause, schon etwas sorgenvoll auf den Re-Start blickt. "Da haben die Dreißigjährigen bestimmt weniger Probleme", kommentiert er nur kurz aber vielsagend. "Aktuell wäre ich luftmäßig beim Einschlagen schon platt", fügt er an und lacht.
Seine Frau hat nach zwei Bandscheiben-Operationen den Schläger mittlerweile an den Nagel gehängt. Die beiden Töchter spielen noch aktiv, wohnen aber nicht mehr in der Region. "Wir waren immer zu viert in der Halle. Da bekam man das gut unter einen Hut", blickt er zurück. Mit "Leib und Seele" hängt er an der Sportart, ist als Aktiver und Abteilungsleiter und auch als Trainer tätig. "Es macht einfach Spaß."
Spätestens im Herbst, zum geplanten Start der Saison 2021/22, soll das Netz in der Frankenhalle dann auch wieder aus besserem Grund als für ein Pressefoto gespannt werden. "Wir hoffen, dass dann noch alle dabei sind", sagt der Abteilungsleiter: "Dazu müssen wir aber erstmal zurück in die Halle."