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MOTORSPORT:
Der teure Traum von der Formel 1
Der Schweinfurter Luca Braune steht in diesem Jahr vor dem Sprung aus dem Kart in den Formel-4-Sport. Ziel ist die Eliteklasse. Sportlich hat der 16-Jährige die Qualifikation geschafft, doch es mangelt noch an Kapital.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 24.01.2018 03:08 Uhr

Mit acht Jahren hinterm Steuer, mit zwölf Jahren Firmenchef. Klingt nach Wunderkind. Doch Luca Braune ist ein ganz normaler Jugendlicher. Wenngleich einer mit ganz bestimmten Vorstellungen: „Ich will Formel-1-Weltmeister werden.“ Nun, er wäre der erste aus Schweinfurt. Klar klingt das nach Spinnerei, zumindest aber nach Träumerei. Braune ist aber weder Spinner noch Träumer. „Als ambitionierter Motorsportler musst du dieses Ziel haben. Ein talentierter Fußballer will ja auch Nationalspieler werden.“ Sagt Braune, ohne dabei den Boden unter den Füßen zu verlieren: „Realistisch ist es jetzt erst einmal das Ziel, hauptberuflich Rennfahrer zu werden.“ Weswegen der 16-Jährige gerade dabei ist, das Kart gegen einen Formel-4-Flitzer einzutauschen.

Dazu braucht es Geld, viel Geld. Den teuren Sport zu finanzieren hatte Papa Mathias vor vier Jahren eine Idee: die Luca-Braune-Racing, ein Investmentmodell, bei dem am Ende 150 Anteilsscheine zu je 5000 Euro verkauft sein sollen. 750 000 Euro sollen über diese Firma im Zeitraum von 2013 bis 2019 erwirtschaftet werden. Das reicht für Material, Reisen, Testfahrten und Renn-Teilnahmen. Bis dato sind 32 Scheine verkauft, 172 000 Euro in der Kasse.

Jeweils 50 000 Euro kosteten die beiden Saisons 2013 und 2014 in der x30 Junior ADAC Masters, deren einzelne Rennen Braune in den rund 150 Stundenkilometer schnellen 30-PS-Karts überwiegend in den Top Fünf beendet hatte. 2016 fuhr er zusätzlich die Junior-DKM, Deutschlands höchstrangige Kartmeisterschaft, wo er als Neuling meist im Mittelfeld platziert war. Die Doppelbelastung verschlang 62 000 Euro. Das vergangene Jahr stand dann weniger im Zeichen von Wettbewerben, denn Luca Braune wusste: Wenn er im Motorsport etwas erreichen will, muss er Alles auf eine Karte setzen – und in den Formel-Sport.

Die Einstiegsklasse ist die Formel 4. Die 570 Kilo leichten Kohlefaser-Chassis werden von 160-PS-Turbomotoren angetrieben. Raus aus dem Kart, rein in ein echtes Rennauto also. Da ohne einen Rennstall freilich gar nichts geht, hieß es 2017 erst einmal, einen solchen zu finden. Und so testete der Schweinfurter fleißig, bis im niederländischen Zandvoort der Knoten platzte: Unter dem Augen von Timo Rumpfkeil, dem Chef des Oscherslebener Teams Motopark, drehte er Runde um Runde, lag weniger als zweieinhalb Sekunden hinter den Arrivierten der Szene. Es war klar: gut oder gar mittelmäßig würde nicht reichen, nur bei Top-Zeiten würde der Daumen nach oben gehen.

Er ging nach oben. Grünes Licht für 2018 bei einem der führenden Teams in der Formel 3 und 4, besser hätte es nicht laufen können.

Wenn da nicht erneut der Blick aufs Konto entscheiden würde. Denn die Fahrer müssen ihre Saison selbst finanzieren. Und der Etat im Formelsport ist natürlich erheblich höher als in den Kart-Serien: 350 000 Euro benötigt Luca Braune für 2018, eine Summe, die im ursprünglichen Sechs-Jahres-Plan genau so vorgesehen war. Er läge als im Karriere-Soll– vorausgesetzt er bringt ausreichend Anteilsscheine an den Mann. Anteilsscheine, die, angelegt mit einer Laufzeit bis ins Jahr 2035, sich für die Investoren übrigens mächtig auszahlen könnten, würde das Talent irgendwann tatsächlich einmal hohe Preisgelder einfahren; die Hälfte geht dann an die risikofreudigen Spekulanten, die demzufolge weniger Sport-Sponsoring im Sinn haben, denn wirtschaftliche Interessen.

350 000 Euro, eine gewaltige Summe, ein weiter Weg ans Ziel, in diesem Jahr endlich Formel 4 fahren zu können. Obwohl die sportliche Qualifikation Rumpfkeil zufolge gegeben ist, könnte sich Braunes Traum in Luft auflösen, wenn er es nicht schafft. 60 000 Euro hat er in etwa beisammen. Damit könnte er die Saison beginnen. Aber der Schüler des Olympia-Morata-Gymnasiums ist kein Fantast: „Was bringt es, anzufangen und nach wenigen Rennen aufhören zu müssen?“ Außerdem muss Braune, will er dran bleiben, vor Saisonbeginn im Frühjahr weitere Tests absolvieren – und ein Testtag liegt mal eben bei 6000 Euro. Da klotzen in diesem Geschäft mehr bringt als Kleckern, ist er deshalb auf der Suche nach einem großen Investor.

Untätig wartet Luca Braune die finanzielle Entwicklung freilich nicht ab, er will bis zum Frühjahr auf den Punkt fit sein, trainiert mehrmals wöchentlich Kondition, Kraft und allgemeine Fitness. Und am Fahrsimulator. Der steht jedoch in Sachsen-Anhalt auf dem Gelände der Motorsport-Arena Oschersleben. „Mein Training ist aufwändig, doch die Schule ist sehr kooperativ, hilft mir mit Befreiungen.“ Er besucht die elfte Klasse, als G-12-Schüler hat er noch ein Jahr vor sich – auch damit läge er optimal im Karriereplan.

Der sieht ein hauptberufliches Engagement als Rennfahrer mit 17 vor. „Das ist das ideale Alter“, so Braune, der 2019 schon vom Team unterstützt werden und nur noch einen Fahreranteil von 228 000 Euro tragen will, um 2020 dann komplett bezahlter Team-Fahrer zu sein. Bezahlt – klingt rosiger als es ist, denn bezahlt wären dann erst einmal nur die Unkosten, einen nennenswerten Verdienst über Preisgelder gibt es erst für Top-Ten-Piloten. Motorsport heißt: hohe Investition an Zeit und Geld, später und nicht garantierter Ertrag. Vergleiche zu Sportarten wie Fußball lassen sich kaum ziehen, die sportliche Qualifikation allein reicht nicht zum Aufstieg. Bestes Beispiel im aktuellen Formel-1-Zirkus: Lance Stroll, dessen Vater Lawrence sich im Williams-Rennstall einkaufte, fährt von Papas Gnaden (und Millionen) in der Eliteklasse.

Dass Luca Braune es kann, zeigte er spätestens als Zwölfjähriger – abseits der regelmäßigen Wettbewerbe, die anders als beim Fußball vor allem im Kinderalter nur eine untergeordnete Rolle spielen: Zum Beispiel in Kerpen auf der berühmten Schumacher-Rennstrecke, wo er mit dem Kart an nicht zu den üblichen Serien gehörenden, aber top-besetzten Rennwochenenden regelmäßig unter die ersten Vier raste. „Da habe ich gemerkt, dass was geht, dass wir was machen müssen. Ich wollte ja nicht ewig Kartslalom fahren“, erinnert sich Braune. Fußball und Tennis mussten fortan hintenanstehen, auch der Klavierdeckel blieb immer öfter zu, denn ein Kartteam zeigte Interesse an dem Talent und auch der Vater war überzeugt – die Geburtsstunde des High-Risk-Investmentmodells.

Die Familie stand komplett hinter Luca. Keine Frage, dass ein Kart für 5000 Euro und ein Motor für 2000 Euro beschafft wurden. Die restlichen Kosten wie für neue Reifen an jedem Rennwochenende wurden über die Anteilsscheine gedeckt. Klappt's jetzt mit der Formel 4, ist auch hier erst einmal die Hardware nötig, so ein Flitzer ist für rund 36 000 Euro zu haben, extra geht der Motor, der dem eines handelsüblichen 160-PS-Aggregat aus dem Fiat 500 Abarth entspricht.

Mit Fiat wäre Luca Braune ja zumindest geografisch auch schon seinem favorisierten Formel-1-Rennstall Ferrari ein Stückchen näher: „Ich stehe klar auf die Roten, aber nicht als Fan eines bestimmten Fahrers. Ich möchte dort selbst einmal Fahrer sein. Das ist der Traum eines jeden Formel-Sportlers.“ Doch dazu braucht's zwingend den Einstieg noch in diesem Jahr in die Formel 4. Braune weiß: „Ich hänge zwischen Durchstarten und Scheitern. Das ist eine Jetzt-oder-nie-Situation.“

Das soll Luca Braunes Zukunft sein: der Schweinfurter im Formel-4-Flitzer, hier bei Tests im niederländischen Zandvoort.
Foto: Michael Bauer | Das soll Luca Braunes Zukunft sein: der Schweinfurter im Formel-4-Flitzer, hier bei Tests im niederländischen Zandvoort.
Dürfte der Vergangenheit angehören: Luca Braune (Nummer 12) in einem Kart bei der ADAC-Masters-Serie.
Foto: Michael Bauer | Dürfte der Vergangenheit angehören: Luca Braune (Nummer 12) in einem Kart bei der ADAC-Masters-Serie.
 
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