Im Prinzip kennt der Dartsport zwei Regeln: 1. Mache vor dem Gegner aus. 2. Lerne Regel 1. So zumindest erklärt Hubert Jäger seine große Leidenschaft, das Spiel mit den kleinen Pfeilen. Er ist Kapitän der "Obertor Boys", einem Dartklub aus Schweinfurt, der in der A-Klasse um Punkte kämpft - bei dem es neben Leistung vor allem um jede Menge Spaß geht.
"Wir sind Freizeitsportler, und ja, es ist ein Kneipensport", sagt Jäger. Aber: "Nur eine Liga drüber, in der Bezirksliga geht es schon in Richtung Professionalität." Klar, noch höher stehen nur noch die Bezirksoberliga und die Bundesliga. Unter der A-Klasse, wo ein gewisser Ernst gepflegt wird, gibt's noch die B- und C-Klasse.
Aufsteigen wollen die "Obertor Boys" nicht wirklich, der Aufwand würde sich zu sehr erhöhen. Auch so wird schon einmal die Woche, immer am Freitag, trainiert - "schließlich ist das bei uns kein Larifari". Training, das heißt: neben den reinen Spielen auch Zahlentraining und das Üben bestimmter Abläufe.
Ein bisschen Rechnen ist auch gefragt
Am Anfang steht auf dem Automaten - es geht im Gegensatz zum Steel Dart auf Plastikscheiben mit digitalem Zählwerk - die 501. Die soll durch eine geschickte Wurffolge so rasch als möglich auf exakt 0 reduziert werden. Und zwar am Ende mit einem doppelt gezählten Resultat. Beispiel: Steht vor dem finalen Wurf die 20, ist eine Doppel-Zehn nötig. Doppelt werden Würfe beim Treffen des äußeren schmalen Rings auf der Scheibe gezählt, dreifach beim Treffen des inneren, noch kleineren - jeweils im Sektor der betreffenden Zahl. "Man muss auch rechnen können", sagt der 55-Jährige, der vor rund 15 Jahren angefangen hat mit Dart. Rechnen gehört zur Taktik wie bestimmte Zählautomatismen und die Treffgenauigkeit.
Beim Automatendart, auch Electronic- oder Softdart genannt, haben die Pfeile eine Spitze aus Kunststoff, ihr Gewicht ist auf 21 Gramm begrenzt, damit der Automat keinen Schaden nimmt. Die Gesamtlänge des Pfeils mit Spitze darf 16,8 cm nicht überschreiten. 501 Double Out wird erst ab der A-Klasse gespielt, darunter in der Regel 501 Master Out (B-Klasse; neben dem Double- zählt auch das Tripplefeld) oder 301 Single Out (C-Klasse).
Weil während eines Spieltages die empfindlichen Pfeile was abbekommen können, haben alle Spieler reichlich Ersatzteile auf dem Tisch liegen. Am stabilsten ist das Teil, das beim Wurf in den Fingern liegt, das "Barrel" aus Messing, Wolfram oder Nickel. Auch der Kunststoffschaft hält einiges aus. Fragiler sind neben den Spitzen die sogenannten "Flights", die aus Polyester oder Nylon gefertigten Flügel am Ende des Pfeils - sie dienen der Stabilität.
Heute sind die Würzburger "New Flights" zu Gast und erweisen sich als harter Brocken im Auftakt-Match der A-Klasse 2. Am Ende steht ein hauchdünner 10:8-Erfolg der Schweinfurter. Das Derby hätte es bereits Anfang März geben sollen, doch dann machte die Corona-Krise dem Aufeinandertreffen einen Strich durch die Rechnung. Die Pandemie ist auch schuld am Umzug der Schweinfurter, verbunden mit einer Namensänderung. Sie zogen aus der für die Umsetzung der Hygienevorschriften zu kleinen Kneipe "Pinte" in die Gaststätte "Am Obertor" um - aus dem "Pinte Boys" wurden die "Obertor Boys".
Millimeterarbeit an der Scheibe
Kapitän Jäger greift selbst nicht mehr so oft zu den Pfeilen, ein Hüftleiden erfordert Krücken - "da wackle ich dann zu arg herum". Doch Präzision ist wichtig, will man den Pfeil aus 2,44 Metern Entfernung beispielsweise ins drei Zentimeter kleine Bullseye, das Zentrum der Scheibe (innerer Ring 50 Punkte, äußerer 25), werfen. Oder in den nur acht Millimeter schmalen Double-/Tripple-Ring. So betätigt sich Jäger an den Spieltagen lieber als Coach, Zähler und Mädchen für alles.
In Klaus Siller beispielsweise hat das Team ja einen erfahrenen Akteur, der auch schon bei der deutschen Meisterschaft vorn platziert war und in Unterfranken einiges abgeräumt hat. Gespielt wird im Wettkampf mit je vier Werfern und zwei Ersatzspielern. Jeder Werfer hat pro Durchgang drei dieser zwischen 30 und 100 Euro teuren Soft-Pfeile, bei denen relativ häufig die Plastikspitzen gewechselt werden müssen. Die Altersgrenze liegt bei 14 Jahren, vorausgesetzt das Einverständnis der Eltern liegt vor. Und vorausgesetzt, die Jungspunde bleiben beim Spezi - Kneipensport hin oder her.