Bereits seit 100 Jahren wird beim TV Jahn Schweinfurt Faustball gespielt. Auch wenn es nicht die älteste Schweinfurter Faustball-Abteilung ist – beim TV Oberndorf spielt man seit 1896 – so ist dies dennoch ein beeindruckendes Jubiläum, das mit einem großen Turnier mit zahlreichen Teams aus der ganzen Region gefeiert wurde. Es gewann der NHV Schweinfurt vor der zweiten Mannschaft Oberndorfs und dem TSV Schwebheim.
„100 Jahre sind eine lange Zeit, wir sind mit dem Turnier zufrieden, es war ein harmonischer Tag“, freute sich TV-Jahn-Abteilungsleiter Roland Rabs, dessen Team Sechster von zwölf Mannschaften wurde. Um das Sportliche ging es den Jahnlern und der restlichen Faustball-Familie gar nicht so sehr. Vielmehr blieb natürlich viel Zeit, in der Vergangenheit zu schwelgen, die bei einem Jahrhundert Faustball-Geschichte ja so manche erzählenswerte Anekdoten liefert. Zahlreiche Erfolge feierte der Jahn in der Vergangenheit, wobei vor allem die Frauenmannschaft mit zwei Aufstiegen in die Bundesliga (1976, 1980) das Aushängeschild war. Neben der Bundesligazugehörigkeit stehen mannschaftsübergreifend Pokale für neun unterfränkische (drei der Männer), acht nordbayerische (zwei der Männer) und elf bayerische Meisterschaften (nur Damen) in der TV-Vitrine.
Der Faustballsport an sich ist natürlich deutlich älter als 100 Jahre. Möglicherweise spielten es schon die alten Römer, ganz sicher wurde 1555 nicht nur der Augsburger Religionsfrieden geschlossen, sondern von Antonio Scarino auch das erste Regelwerk für das „Gioco del Ballone“ (das Ballonspiel) schriftlich fixiert. Später findet Faustball sogar bei Goethes Reisebericht „Eine Italienreise“ Erwähnung, als er 1786 bei Verona vier Veroneser gegen vier Vicentiener beim Spielen beobachtete, umrundet von einer sie umjubelnden Menge.
1870 kam der Faustballsport durch Georg Weber nach Deutschland, wo er 1894 durch ihn und Heinrich Schnell das erste verbindliche Regelwerk bekam. Ständige Verbesserung im Spiel und der Akteure zogen Regeländerungen nach sich, bis das Spiel seine heutige Ausprägung erreichte. Faustball entwickelte sich von der Nebenbeschäftigung der Turner hin zu einer eigenen Sportart, die ab 1968 eigene Männer- und ab 1994 eigene Damenweltmeisterschaften austrugen. „Als Faustballer braucht man viel Technik, Dynamik und Kraft.
Zwar bekommt man mit der Zeit ein besseres Stellungsspiel, aber ohne Training geht auch hier nichts“, beschreibt Rabs die Anforderungen und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „Ich sage immer, ein guter Schlagmann ist die halbe Miete, da muss ich mich dann als Abwehrspieler weniger anstrengen.“
Entscheidend ist das Verständnis untereinander. „Jeder muss seine Position mit seinen Stärken erfüllen. Nur so funktioniert es“, erklärt die ehemalige TV-Bundesligaspielerin Inge Weber. Zusammen mit Ingelore Deichsel und Gerda Schenk war sie natürlich beim Jubiläum zu Besuch. Nostalgischer Glanz trat den Dreien in die Augen, als sie von alten Zeiten in der Faustball-Bundesliga erzählten.
„Das Verständnis in der Gruppe ist unglaublich wichtig“, sagt auch Rabs, der betont, dass „man anders als beim Fußball nicht mit Mitte 30 aufhört, sondern durchaus länger spielen kann. Manche Faustballer spielen bis ins hohe Alter und gewinnen natürlich riesengroße Erfahrung, mit der man körperliche Defizite gegenüber der Jugend wettmachen kann. Der älteste Akteur bei unserem Turnier jetzt war beispielsweise Dieter Lampe mit gut 80 Jahren.“ So verbindet Faustball nicht nur eine Personengruppe mit gleichen Interessen, sondern auch Generationen. „Das Zusammenspiel mit den Jungen ist wunderbar“, so Rabs. Doch soll das nicht heißen, dass Faustball ein typischer „Altherrensport“ ist. Zwar fehlen direkte Zweikämpfe wie bei anderen Sportarten, dennoch erfordert der richtige Umgang mit Oberarm, Faust und Ball viel Geschick, Talent und Training.
Beim Angriffsspiel ist mit seiner Fülle an Schlagmöglichkeiten eine entsprechende Ballbehandlung unumgänglich. Genauso wie der Abwehrspieler meist schnell auf geschlagene Bälle reagieren muss, was ohne Athletik nicht möglich wäre. Hinzu kommt die Übersicht des Zuspielers, der die Schlagmänner aus jeder Position auf dem Feld so anspielen muss, dass diese mit dem Ball auch etwas anfangen können. Leider hakt es beim TV, wie bei so vielen anderen Vereinen, momentan mit dem Faustball-Nachwuchs. „Leider haben wir keine Jugendmannschaften trotz intensiver Anstrengungen“, bedauert Rabs die Situation. Doch am Jubiläumsturnier war er trotzdem zuversichtlich: „Jetzt genießen wir das erste Hundertjährige und danach schauen wir weiter in die Zukunft.“
