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KICKBOXEN
Artur Gornikov kämpft sich beim Comeback direkt an die Weltspitze
Der Schweinfurter Kickboxer holt sich in Salzburg den WM-Gürtel. Warum Fleiß, mentale Stärke und ein starkes Umfeld für ihn der Schlüssel zum Erfolg sind.
Freuen sich gemeinsam über den Erfolg: Kickbox-Weltmeister Artur Gornikov (Mitte), hier mit seinem besten Freund und Unterstützer Yusuf Isik sowie Vater Andry (rechts) in der Halle des Schweinfurter Kampfsportklubs Kraftwerk.
Foto: Steffen Krapf | Freuen sich gemeinsam über den Erfolg: Kickbox-Weltmeister Artur Gornikov (Mitte), hier mit seinem besten Freund und Unterstützer Yusuf Isik sowie Vater Andry (rechts) in der Halle des Schweinfurter Kampfsportklubs ...
Steffen Krapf
 |  aktualisiert: 08.10.2021 02:28 Uhr

An diesem Nachmittag unterbricht Artur Gornikov kurz das Kindertraining im Schweinfurter Kampfsportklub Kraftwerk, ganz in der Nähe des Schweinfurter Hauptbahnhofs. "Immer dranbleiben", sagt der 23-Jährige und zeigt den Kleinen seinen Weltmeisterschaftsgürtel im Kickboxen bis 80 Kilogramm, den er kurz zuvor bei den "World Martial Art Games" in Salzburg errungen hat. "Dann könnt ihr sowas auch erreichen", gibt er den Kids noch mit auf dem Weg, bevor der Trainer, Arturs älterer Bruder Wlad, die Einheit fortsetzt. Respekt, Freundlichkeit, Fleiß – das sind wohl die drei Tugenden, die Artur Gornikov am besten beschreiben.

Diese haben ihn auch an die Spitze im Amateur-Kickboxen gebracht. Dabei war er in den vergangenen Jahren von der Bildfläche verschwunden: Erst legte er eine freiwillige Pause ein – und dann kam auch noch Corona.

Gornikov feiert früh Erfolge

Als Jugendlicher startete er groß durch im Kickboxen, kämpfte für die deutsche Nationalmannschaft und holte nationale sowie internationale Titel in der WAKO, dem größten Verband der Sportart. Mit 16 habe man sein herausragendes Talent richtig bemerkt, erinnert sich sein Vater Andry – der sagt, dass es schrecklich sei, seine Kinder beim Kämpfen zu sehen. Vor allem damals, als Artur sich gegen die seit frühester Kindheit im Vollkontakt erprobte und im Juniorenbereich dominierende Konkurrenz aus Russland und Kasachstan behaupten konnte. Andry erinnert sich an die verwunderten Gesichter und Tuscheleien der gegnerischen Trainer aus besagten Ländern, warum denn einer mit dem Nachnamen "Gornikov" Deutscher und dann auch noch besser als alle anderen sei.

Der Grund liegt mehr als ein Jahrzehnt zurück. Als Artur sieben Jahre alt war, zog die Familie vom sibirischen Krasnojarsk nach Schweinfurt. Wie in der alten Heimat schickte Andry seine beiden Söhne zum Kampfsport. Als kleiner Steppke sei es noch das Eis nach dem Training gewesen, das ihn motivierte, erinnert sich Artur – ein sehr aufgedrehtes Kind, das durch den Sport ruhiger und disziplinierter wurde. "Man lernt im Kampfsport nicht nur das Kämpfen, sondern vor allem Respekt. Man hilft anderen Menschen, wo man kann. Jeder ist mal ganz unten", erklärt er.

"Man lernt im Kampfsport nicht nur das Kämpfen, sondern vor allem Respekt. Man hilft anderen Menschen, wo man kann. Jeder ist mal ganz unten."
Kickboxer Artur Gornikov über den Reiz seiner Leidenschaft

In Schweinfurt traf er auf viele Förderer wie Jaroslav Iwanicki, Sven Kirsten und Alexander Parchaev-Günther, der auch heute wieder sein Trainer ist. In der Jugend musste er auf viel verzichten. "Wenn andere in meinem Alter feiern waren, war ich im Gym trainieren oder kam von einem Turnier, mit blauem Auge, zurück."

Hinsichtlich seines Comebacks – direkt an die Weltspitze inmitten der Pandemie – ist er mächtig stolz. "Wir haben alles ignoriert, haben immer weiter trainiert", blickt er zurück: "Training, Arbeit, Training, hungern". Immer zur Seite standen ihm seine Trainer, sein Vater und Yusuf Isik, sein bester Freund seit Kindestagen. "Wir haben zusammen auch bei Minusgraden im Winter draußen trainiert, in Garagen und Scheunen", sagt Isik, der die Zielstrebigkeit und Leidenschaft für den Sport an seinem Freund bewundert. Andry Gornikov baute seinen Keller zu einem kleinen Trainingsgym um, mit Sandsack, Hanteln und Fitnessgeräten. Eine Sondergenehmigung für ein offizielles Training fehlte Artur als Amateur. Erschwerend hinzu kam, dass Turniere seit März 2020 – fast bis heute – ständig verschoben oder abgesagt wurden.

Der 23-Jährige will weiter angreifen 

Am Ende sprang aber der Weltmeistergürtel heraus. "Glück war das auf keinen Fall. Das war harte Arbeit. Und ohne das richtige Umfeld holst du nie so einen Titel", betont Artur, der als Kellner in dem Restaurant eines Schweinfurter Möbelhauses arbeitet. Eine seine größten Waffen ist die mentale Stärke, die er über die Jahre entwickelt hat, um vor allem mit dem Druck zurechtzukommen, der sich in den Wochen vor dem Kampf aufbaut und letztlich im Ring seinen Höhepunkt erreicht.

"Im Ring stehst du alleine, da kann dir keiner helfen", sagt er. Den Titel in Salzburg wollte er unbedingt. Vor den Kämpfen, also von Angesicht zu Angesicht mit dem Gegner, kurz bevor die Ringglocke ertönt, blinzelte er keine Sekunde, berichtet Gornikov. Da wusste er: "Ich hab sie". Vier Kämpfe, vier Siege. Auf dem Erfolg ausruhen will er sich nicht. "Wir wollen weiter angreifen." Der WM-Gürtel bringt ihm nun große Aufmerksamkeit in der Szene. Weitere Turniere stehen an, auch den Profibereich hat er im Blick. "Ich will einfach das Beste aus mir herausholen", sagt er – natürlich, ohne zu blinzeln.

 
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