Gerade mal 38 Zentimeter ist das Gefäß hoch, um das an diesem Wochenende einige ziemlich beeindruckende 100-Kilo-plus-X-Kolosse kämpfen. Das Finale der Rugby-WM steht an und es liegt in der Natur der Sportart, dass man nicht allzu zart besaitet sein sollte, um es dorthin zu schaffen. Blut und Schweiß fließen mitunter im Gleichklang, wenn die Kraftpakete aufeinanderprallen. Den Siegern winkt besagtes Pokälchen. Gefertigt aus Silber, mit Gold überzogen, 4,5 Kilo schwer. In den Pranken der Rugby-Profis wirkt das wie ein Spielzeug, das zärtlich behandelt werden will. Jede Bezirksmeisterschaft im Hallenhalma vergibt größere Pokale.
Rugby-WM: Die Trophäe trägt einen großen Namen
Doch was die Rugby-Trophäe an Stattlichkeit vermissen lässt, gleicht sie durch Historie aus. 1906 in London gefertigt ist sie nach einem gewissen William Webb Ellis benannt. Der ist der Legende nach kein geringerer, als der Schöpfer des Rugbys. Im Jahr 1823 soll er während eines Fußballspiels den Ball in die Hand genommen haben. Um eine drohende Niederlage zu vermeiden, trug er das Spielgerät einfach ins gegnerischer Tor. Rugby war geboren. Ob das tatsächlich so war, darf angezweifelt werden. Fakt ist jedoch, dass sich Rugby aufgrund des nicht regelkonformen Einsatzes der Hände vom Fußball separierte.
Wo bärtige Kolosse andächtig dem Schiedsrichter lauschen
Während Fußball seinen Siegeszug um die Welt antrat, hat es Rugby in bestimmten Regionen zu großer Popularität gebracht. In Großbritannien natürlich, wo es folgendes Sprichwort gibt: Fußball ist eine Gentleman-Sportart, gespielt von Raufbolden – Rugby ist eine Raufbold-Sportart, gespielt von Gentlemen. Beeindruckend zu sehen ist der Wahrheitsgehalt dieses Ausspruchs im Umgang der Spieler mit den Schiedsrichtern. Im Rugby gibt es diese Szenen, in denen ein Unparteiischer die Kapitäne beider Teams zu sich ruft und sie daran erinnert, doch bitte einen angemessen höflichen Umgangston zu wählen. Bärtige Kolosse stehen dann mit hängenden Schultern da, nicken artig und gehen schuldbewussten Blickes zurück zu ihren Kollegen, um auch diesen die Botschaft zu überbringen. Wie es im Fußball um das Verhältnis zwischen Spielern und Schiedsrichtern bestellt ist, weiß jeder, der auch nur fünf Minuten eines Bundesligaspiels gesehen hat.
Bill ist nicht leicht zu erobern
Irgendwie passt es da, dass der Rugby-Weltmeister ein derart kleines, fein gearbeitetes und verziertes Stückchen Silberschmiedekunst überreicht bekommt. Neuseeland und Südafrika stehen sich an diesem Samstag im Pariser Stade de France gegenüber. Die All Blacks gelten als leicht favorisiert, doch Südafrika liebt die Außenseiterrolle. Klar ist nur, dass es einen neuen Rekord-Weltmeister geben wird. Mehr als dreimal hat noch keine Nation den Webb Ellis Cup überreicht bekommen. Bill, so der Spitzname, ist nicht leicht zu erobern. Und vor allem will er sanft behandelt werden.