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Schach: Moskau Open
Wer betrügt, der fliegt
Schiedsrichter Jürgen Müller war bei den diesjährigen „Moskau Open“ wieder im Einsatz.
Foto: Viktor Bereskin | Schiedsrichter Jürgen Müller war bei den diesjährigen „Moskau Open“ wieder im Einsatz.
Regina Vossenkaul
 |  aktualisiert: 05.03.2016 03:17 Uhr

Seit 2010 fährt der internationale Schiedsrichter, gleichzeitig Vorsitzender des Schachclubs Bad Königshofen, nach Moskau in die Schach-Universität RGSU zur Moskau Open. So auch in diesem Jahr. „2010 habe ich dort meine letzte Norm zum internationalen Schiedsrichter gemacht, jetzt fahre ich dorthin, um meine Schachfreunde zu treffen“, beschreibt Müller seinen Einsatz.

Natürlich musste er auch arbeiten, denn über 1700 Schachspielerinnen und Schachspieler aus mehr als 30 Ländern waren am Start. Viele Titelträger und hochkarätige Spieler kämpften in acht unterschiedlichen Turnieren. Müller war als Schiedsrichter gemeinsam mit seinem Kollegen Alexander Ivanov beim A-Turnier und beim B-Turnier (Frauenturnier) eingesetzt. „Es war lustig, weil Ivanov kein Deutsch oder Englisch spricht und ich nur einige Brocken Russisch kann“, berichtet Müller. Man verständigte sich trotzdem, denn die Regeln sind international und die ausgebildeten Schiris wissen gleich, worum es geht.

Die Regeln müssen eingehalten werden, auch wenn es manchmal weh tut: Beim Handyklingeln gibt es kein Pardon – die Partie des jeweiligen Spielers gilt als verloren. Wer mittels eines Handys betrügen will, fliegt aus dem Turnier. So einen Fall gab es bei den Moskau Open. Müller war es aufgefallen, dass ein junger Mann nach jeweils zwei bis drei Zügen auf die Toilette ging. Das war auffällig – der Schiedsrichter suchte das WC nach einem versteckten Handy ab und wurde fündig. Unter einem Abflussrohr war es versteckt und ermöglichte die Kommunikation mit einem Berater.

Die Aufmerksamkeit des Spielers wurde geweckt, sodass dieser dachte, man sei ihm auf der Spur, das Handy müsse er schnell aus dem WC holen. So konnte auf dem Rückweg vom WC genau dieses Handy in seiner Hosentasche gefunden werden – Turnierverbot. „Das war besonders tragisch, weil es sich um einen eigentlich guten russischen Spieler mit ELO 2338 handelte“, bemerkte Müller.

Auch bei den Frauen gab es sehenswerte Partien und ein Treffen mit den für Bad Königshofen spielenden Schachfrauen Valentina Gunina und Olga Girya, die dort als Ehrengäste dabei waren. Sie haben an dieser Uni studiert, ebenso wie Schachlegende Anatoli Karpow. Zwischendurch blieb sogar Zeit, um mit Gunina Geburtstag zu feiern. Kennengelernt hat Müller in Moskau die 14-jährige Alexandra Obolentsewa. Das Schachtalent war 2011 Weltmeisterin in der Altersklasse U 10 und hat Interesse daran in der deutschen Bundesliga zu spielen. Ihr „wunderschöner Angriffsschach“ hat Müller beeindruckt.

Mit etwas Wehmut, weil er aus arbeitstechnischen Gründen nicht bis zur Siegerehrung dort bleiben konnte, flog Jürgen Müller wieder nach Deutschland. Viele Eindrücke hat er mitgebracht, viele sensationelle Duelle gesehen, neue Kontakte geknüpft und alte aufgefrischt. „Der Chef des Ganzen, Alexander Kostujew, wollte mich gar nicht weglassen. Erst als ich hoch und heilig versprach, im nächsten Jahr wieder zu kommen, ließ er mich gehen. Dieses Versprechen fiel mir außerordentlich leicht“, berichtet Müller. Er freut sich, dass es in einer Zeit, wo die politischen Fronten eher kühl miteinander umgehen, zu einem Kooperationsvertrag zwischen dem russischen Studentenwerk und der Deutschen Schachjugend [DSJ] gekommen ist.

DSJ-Geschäftsführer Jörg Schulz hat hierbei für die „Germanya Federatzia“ unterschrieben.

Im nächsten Jahr will Müller mit einer kleinen Reisegruppe, vielleicht in Zusammenarbeit mit der DSJ, nach Moskau fliegen. Alle, die dieses Mal dabei waren, seien bestimmt vom Virus „Moscow Open“ infiziert, vermutet er. „Die einzige Medizin, die wirklich hilft ist „nächstes Jahr wiederkommen“. Die ist garantiert rezeptfrei, aber visumpflichtig.“ Interessenten können sich melden unter: muellerjam@t-online.de009.

 
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