Seit 1928 wird beim TSV Trappstadt geturnt, Sport getrieben und Fußball gespielt. Letzteres meistens in den zwei untersten Klassen, wie sie auch immer heißen mochten. Von daher waren die letzten drei Jahre Kreisliga schon von Vereins-historischem Wert. Dass nun am Abbruch-Ende dieser zweijährigen "Corona-Saison" 2019/21, unter welchen Konditionen auch immer, sogar die Meisterschaft und der Aufstieg in die Bezirksliga stehen, ist einzigartig in der 93-jährigen Geschichte des TSV. Gut, sie kam wie gerufen, diese Quotienten-Regelung. Wenn aber nach demokratischem Votum 71,14 Prozent der 2973 abstimmenden bayerischen Vereine jener Paragraf 93 der Spielordnung zur Anwendung kommt, dann sollte er so ungerecht auch wieder nicht sein bzw. die fairste der anwendbaren Möglichkeiten.
Beim TSV Trappstadt herrscht immer gute Stimmung
So sehen es denn auch Michael Bader und Martin Beck, der Abteilungsleiter und der Trainer der Trappstädter. Die seit Jahr und Tag ihren besonderen Zusammenhalt beschwören. Gut, den gibt es in irgendeiner Form überall, besonders aber in Dörfern in provinzieller Randlage, 40 Jahre lang den Eisernen Vorhang hinterm Gartenzaun. Sie hat vielleicht doch ihren Teil zu dieser besonderen Form des Zusammenrückens, auch im Teamsport, beigetragen. Stimmung war immer, auch zu wesentlich erfolgloseren Zeiten, egal ob gewonnen oder verloren wurde. Zum nachhaltigen Erlernen des Fußballspiels chauffierten manche Väter ihre Buben aber doch lieber nach Haßfurt, Großbardorf oder Aubstadt in die Lehre.
Irgendwann musste aber auch die intensive Nachwuchsförderung durch Winfried Schirling und Gerd Häpp Früchte tragen. Die ersten Heimkehrer waren Daniel Werner und Philipp Rudbach. Sie drehten als Erste den Spieß um und kehrten über den FC Haßfurt und den TSV Aubstadt im besten Fußballer-Alter zurück nach Trappstadt – und leiteten eine Remigration mehrerer Talente zu ihrem Heimatverein ein. Trappstädter Nachwuchs ist wie im Treibhaus vorgezogene Pflänzchen, die sich im Freien gut weiter entwickeln. Prompt ging es, mit Daniel Werner als Spielertrainer, per Durchmarsch über die Meisterschaft in der A-Klasse sowie die Relegation als Kreisklassen-Zweiter in die Kreisliga.
Dann übergab "Danny" Werner an Martin Beck. Und der verschweigt nicht, dass er, so gesehen, nur der zweite Architekt des Meisterwerks ist. Jetzt stehen sie da und wissen nicht so recht, wie sie sich am besten verhalten und freuen sollen. Freilich, Tabellendritter waren sie vor dem Abbruch, und die Mathematik meinte es besonders gut mit ihnen. Mit 2,10 haben sie gerade mal den um ein Hundertstel besseren Quotienten aus Punkte geteilt durch Anzahl der ausgetragenen Spiele. Der TSV Großbardorf II ist mit 2,09 denkbar undankbarer Zweiter – ohne Relegation noch dazu, der SV Ramsthal (2,05) Dritter.
Keinen Gedanken an die Meisterschaft verschwendet
An die Idee, Meister zu werden „haben wir vor der Runde keinen Gedanken verschwendet“, gesteht der aus dem Nachbarort Herbstadt stammende Martin Beck. Dann aber legten sie eine Vorrunde vom Feinsten hin, "basierend auf einer überragenden Defensive". Nach sieben Spieltagen hatten sie zwei Gegentore bekommen, nach 14 immer noch erst sieben. "Gewiss war es auch die Routine von Danny, viel mehr noch aber seine Arbeit vor mir in den Jahren davor, weil sie in der Defensive taktisch sehr gut ausgebildet waren." Wenn Werner nicht gerade verletzt war, bildete der ehemalige Aubstädter Bayernliga-Kapitän zusammen mit Kapitän Jonas Böckler das Innenverteidiger-Paar. "Wir mussten viel improvisieren, wenn er, Lukas Häpp und Sebastian Wagner ausgefallen sind. Selbst Elias Werner mit 17 Jahren hat in der Kette schon sehr solide gespielt. Die im Sommer zu uns zurückgekommenen Jugendlichen Niklas Bauer und Janis Benkert sowie Elias Werner wurden sofort ins kalte Wasser geworfen, spielten regelmäßig."
Es waren ungewöhnlich viele und langwierige Verletzungen, die das Projekt ins Wanken brachten. Als Herbstmeister hatte der TSV nach 15 Spielen je fünf Punkte Vorsprung vor Ramsthal und Großbardorf II. Beim Abbruch waren beide (je 22 Spiele, 45 bzw. 46 Punkte) vorbeigezogen, Trappstadt (20/42) dahinter. Dann wurde es mathematisch. "Die 0,01 Punkte sind für uns glücklich, für Großbardorf natürlich ärgerlich. Das verstehe ich absolut", sagt Beck. Dem Verletzungspech kam der Abbruch gewiss entgegen. Wenn alle wieder fit sind, stehen Beck, der natürlich verlängert hat, "allerhand Potenzial und viele junge Spieler zur Verfügung. Wir merken halt jeden Ausfall, es fehlt uns in der Breite". 13 oder 14 der momentan verfügbaren Spieler sollten Bezirksliga-tauglich sein. "Gespräche mit wechselwilligen Spielern waren bisher allein dadurch erschwert, dass wir nicht wussten für welche Liga."
Eine Bezirksliga-Klassenerhaltsfeier?
Einige Trappstädter Jungs sind noch in Großbardorf und Aubstadt geparkt. Training habe es seit Oktober nicht gegeben. "Ich weiß, dass sich die Spieler in Gruppen lauftechnisch fit halten. Der Ball fehlt natürlich allen." Über Meisterfeierlichkeiten äußert sich Martin Beck nur im Konjunktiv der Vergangenheit: "Das wäre sicher eine sehr schöne, große, lange Feier geworden." Beck, Bader und Werner waren sich darin einig: "Eine Feier ist gegenwärtig kein Thema." Ob ihn eine Bezirksliga-Klassenerhaltsfeier in einem Jahr entschädigen würde? Beck: "Das würde ich sofort unterschreiben."
Abteilungsleiter Michael Bader sieht die entstandene Situation "irgendwo verrückt. Wir konnten ja mit unseren Möglichkeiten nie damit rechnen, und es ist eine einmalige Sache für so ein kleines Dorf. Unsere vielen jungen Spieler freuen sich wie die Schnitzel. Und wir alten Hasen sind natürlich auch happy. Corona, Abbruch, Paragraf 93 hin oder her: Wir haben eine hervorragende Vorrunde gespielt, hatten im großen Verletzungspech das Glück des Tüchtigen und müssen uns nicht schämen, dass wir da rauf gehen. Diese Entscheidung geistert ja schon die ganze Zeit herum und du hast sie im Hinterkopf. Und wenn es so weit ist, hockst du auf der Couch, anstatt dich vom Benkerts Hermann und der Musikkapelle durchs Dorf spielen zu lassen".
Zu 90 Prozent Trappstädter, aber auch offen nach außen
Bader weiter: "Wir sind Emotionsfußballer. Und Emotionen sind es, die jetzt am meisten fehlen. Es schmerzt und nervt, dass wir nicht mit allen, die auf dem Platz und drum herum daran gearbeitet haben, ordentlich feiern können. Normal wäre das eine Feier-Woche." Dass man kein alle überragender Meister sei, das wisse man selber. "Für uns war jedes Spiel eine große Herausforderung, es gab in dieser Liga keine Selbstläufer. Wir haben viele Spiele knapp gewonnen und mussten fast immer an unsere Grenzen gehen." Der Abteilungsleiter über den Trainer: "Den Martin kennen wir ja schon ewig. Er ist ein ganz feiner Mensch und sehr guter Trainer. Wir sind sehr happy mit ihm und ihm gefällt's bei uns auch.“
Das Gros, mit dem man in der Bezirksliga an den Start gehen werde, sei der jetzige Kader. "Wir sind zwar zu 90 Prozent Trappstädter, aber auch offen nach außen. Unser Kader dürfte für die Bezirksliga in der Breite zu knapp sein. Mit den ersten 13, 14 oder 15 bräuchten wir uns überhaupt nicht zu verstecken. Unser Fußball kostet aber Kraft und vor Verletzungen sind wir gewarnt." Bisher werde nur Hannes Mauer, ein Trappstädter, aus Großbardorf zurückkommen. "Jetzt stehen aber erst mal Einzelgespräche mit allen Spielern an."