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TISCHTENNIS: DEUTSCHE MEISTERSCHAFT INTERVIEW
Kilian Ort wächst über sich hinaus
Ein großer Moment für Kilian Ort (links): Die Siegerehrung bei der deutschen Meisterschaft, bei der der Bad Königshofener Zweiter wurde, nur besiegt vom Weltranglisten-Ersten Timo Boll (2. von links). Rechts Patrick Franziska, 2. von rechts Bastian Steger, für die beide im Halbfinale Endstation war.
Foto: Marco Steinbrenner | Ein großer Moment für Kilian Ort (links): Die Siegerehrung bei der deutschen Meisterschaft, bei der der Bad Königshofener Zweiter wurde, nur besiegt vom Weltranglisten-Ersten Timo Boll (2. von links).
Das Gespräch führte Rudi Dümpert
 |  aktualisiert: 13.03.2018 02:35 Uhr

Größte Erfolge eines Sportlers sind immer etwas Relatives, besonders aus der Perspektive von Kilian Ort vom TSV Bad Königshofen, selber. Er stand bei der deutschen Tischtennis-Meisterschaft, die in Berlin ausgetragen wurde, gegen Timo Boll im Endspiel. Ort stellt Erfolge immer in Vergleich zu mehreren Größen wie etwa seine eigene Form, die seiner Gegner, zur Auslosung und sogar Glück oder Pech in bestimmten Momenten. Am Samstag und Sonntag aber war das Momentum auf seiner Seite. „Wenn man die Weltranglisten-Positionen meiner letzten drei Gegner betrachtet, Viertelfinale Ruwen Filus Nr. 19, Halbfinale Bastian Steger Nr. 21 und Finale mit Timo Boll Nr. 1, dann war es vielleicht mein größter Erfolg.“ Spätestens am Sonntagvormittag hatte es sich in der Tischtennis-Szene in Bad Königshofen und weit darüber hinaus herumgesprochen: Kilian spielt im Endspiel gegen die Nummer 1 der Weltrangliste Timo Boll, live zu sehen im Internet-Fernsehen. In der dreistündigen Pause zwischen Halbfinale und Finale führte er mit unserem Mitarbeiter dieses Gespräch.

Frage: Hat das bisher schon Ihre Erwartungen vor dieser deutschen Meisterschaft weit übertroffen?

KILIAN ORT: Mit dem Finale habe ich natürlich nicht gerechnet. Aber wenn ich auch in der letzten Zeit keine einfache Phase hatte, habe ich die letzten eineinhalb Wochen gemerkt, dass die Form besser und besser wird. Ich hatte ja von Mitte Oktober bis Mitte Februar kein Spiel gewonnen. Dann habe ich beim Sieg gegen Jörg Schlichter in Grenzau grottenschlecht gespielt und gewonnen. Gegen Zwickl in Ochsenhausen war es wieder so eine undankbare Aufgabe. Es ging aber schon besser. Die letzte Woche beim Lehrgang in Frankfurt habe ich gemerkt, ich bin super drauf. Aber Training und Spiel sind immer noch zwei Paar Schuhe. Dann habe ich sogar zu einem bekannten Journalisten gesagt, ich bin gut in Form. Und wenn ich das schon mal zu jemandem sage, dann bin ich mir schon sehr sicher bei meiner Art von Selbstkritik. Da muss ich mich schon sehr gut fühlen. Die Auslosung spielt dann auch eine Rolle.

Sehen Sie das auch so, dass der Knackpunkt war, als Sie im Viertelfinale gegen Ruwen Filus nach 0:2 und 1:3 Sätzen zwei Matchbälle zur 1:4-Niederlage abwehrten?

ORT: Richtig, bei 9:10 und 11:12. Da hatte ich einen tödlichen Netzroller für mich, sonst wäre ich raus gewesen.

Was ging Ihnen da durch den Kopf? Geht einem da überhaupt etwas durch den Kopf?

Ort: Im Unterbewusstsein sind die Erlebnisse ja da, die knappen Niederlagen gegen Filus. Und vor einem Jahr in Bamberg, als ich ihn fast schon auf der Schippe hatte und doch noch verlor wie immer gegen ihn. In Fulda war es doch ähnlich, drei Mal in der Satz-Verlängerung verloren. Ich hatte gegen ihn noch nie einen knappen Satz gewonnen. Ich weiß ja, wie man gegen den Ruwen spielen muss. Dann ging es aber schon wieder so los, zwei mal 10:12 bis zum 1:3. Deshalb wollte ich endlich mal einen engen Satz gegen ihn gewinnen und schaffte es auch mit 15:13. Also schon Knackpunkt: Prompt konnte ich auch noch den fünften und sechsten Satz gewinnen.

Sie hatten bis diesen Samstag ja gegen beide noch nie gewonnen.

Ort: Mit einem Unterschied: Gegen Filus war?s immer knapp. Gegen Steger hatte ich drei Mal gespielt und drei Mal einen Abschuss bekommen. Der Bastian Steger kennt meine Schwachstellen halt und er selber hat kaum welche. Von daher habe ich mir nicht so viel ausgerechnet. Ich nahm mir einfach vor gut zu spielen und wenigstens mal den einen oder anderen Satz gewinnen. Umso mehr war ich überrascht, als es auf einmal 3:0 für mich stand. Jetzt musste nur noch der vierte Satzgewinn her und das hat nach den klar verlorenen zwei nächsten Sätzen im sechsten endlich geklappt.

Haben Sie gegen Timo Boll auch so einen Plan wie gegen Filus?

Ort (lacht): Der Herr Boll hat halt keine Schwachstellen, sonst wäre er nicht die Nummer 1 der Welt. Ich habe ein Mal gegen ihn gespielt. Da ging ich noch zur Schule, 2014 im Achtelfinale bei der deutschen Meisterschaft. Ja, das war eine ganz andere Sportart. Er war und ist immer noch drei oder vier Klassen besser als ich. Ich werde mein Bestes probieren. Er spielt zwar nicht so hart. Aber der Kerl macht halt keine Fehler, schon gar keine einfachen. Filus und Steger sind zwar auch Topspieler, machen aber doch hin und wieder Fehler. Deshalb stehen sie auch so weit hinter Boll.

Es tut doch bestimmt gut, nichts zu verlieren zu haben.

ORT: Das stimmt. Es tut aber auch gut, wenn man weiß, man spielt gut. Nichts zu verlieren, sage ich mir nämlich fast vor jedem Spiel in der Bundesliga. Besser ist aber, zu wissen, dass man gut drauf ist. Ich bin noch nicht der komplette Spieler, habe noch das eine oder andere Loch und er wird es aufdecken.

Sie sagten ein paar Mal „der Herr Boll“. Das war aber Spaß-halber. Sie duzen sich doch.

ORT: Ja, schon. Aber selbstverständlich spreche ich mit ihm wesentlich anders als mit anderen Spielern, weil er nun halt mal ein wesentlich höheres Standing hat. Ich habe vor jedem Spieler Respekt. Der vor ihm ist natürlich noch einmal deutlich höher.

Können wir nach dem Endspiel noch ein paar Worte wechseln?

ORT: Ich werde es versuchen, kann?s aber nicht versprechen. Da muss ich zur Dopingprobe, Siegerehrung und viele Leute stehen neben einem und wollen etwas wissen. Mal sehen.

Während der Dopingkontrolle meldete sich Kilian Ort dann noch einmal. Er hatte soeben das Finale klar gegen Timo Boll mit 0:4 verloren.

Wie fühlt man sich?

ORT Er hat mir aufgezeigt, woran ich noch arbeiten muss. Es war auf jeden Fall mal eine schöne Erfahrung, mal in so einem Finale zu stehen, im Einzel noch dazu, und ein schönes Turnier. Ja doch, es hat Spaß gemacht.

 
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