Timo Boll ist der erfolgreichste deutsche Tischtennisspieler aller Zeiten. Der 39-Jährige gewann zahlreiche Medaillen bei Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften und Europameisterschaften. Als frisch gebackener Champions-League-Sieger und Pokalsieger ist er mit seinem Team Borussia Düsseldorf an diesem Sonntag (15 Uhr) in der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) zu Gast beim TSV Bad Königshofen. Im Gespräch mit dieser Redaktion spricht der gebürtige Hesse über seinen ersten Auftritt im Grabfeld vor etwas mehr als einem Jahr, seine Ziel bei den Olympischen Spielen in Tokio und die Schwierigkeit, den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören zu finden.
Timo Boll: Ich mag diese kleinen Orte. Da geht alles noch ein wenig familiärer zu. Mein erster Eindruck und die gesamte Atmosphäre waren schon sehr, sehr gut.
Boll: Die Stimmung war schon der Wahnsinn. Für Bad Königshofen war es natürlich schade, dass es nicht gereicht hat gegen uns (Anmerkung der Redaktion: 3:1-Sieg für Düsseldorf). Bei uns hat das alles aber einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Schade, dass wir beim Spiel am Sonntag diese Stimmung nicht noch einmal genießen können.
Boll: Am häufigsten war ich natürlich in China, wo ich auch zwei Jahre in der Superliga gespielt habe. Dort ist Tischtennis Volkssport, eine große Mediensportart und deshalb ein großer Markt für uns. Wir können froh sein, dass es in China Tischtennis in dieser Form gibt. Sie sind natürlich auch unsere größten Konkurrenten und haben uns viele Titel weg geschnappt. Ich bin aber immer sehr gerne in China, habe dort auch eine große Fan-Base und in all den Jahren das Land, vor allem aber die Menschen dort schätzen gelernt.
Boll: Die Worldcup-Erfolge waren etwas Besonderes, gerade der 2005, als ich alle drei Chinesen hintereinander schlagen konnte. Die Olympiamedaillen waren etwas sehr Emotionales, weil man sich zusammen mit dem Team freuen konnte. Aber genauso schön waren die Champions-League-Siege damals mit dem TTV Gönnern und später mit Borussia Düsseldorf. Ich bin sehr froh, dass ich das alles erleben durfte.
Boll: Schwierige Frage. Ich schätze mal, dass ich mich anständig verhalten habe gegenüber Mitspielern, Fans und allen anderen Menschen. Aber das gehört sich einfach auch, so bin ich erzogen worden. Ich verhalte mich einfach so, wie ich auch behandelt werden möchte. Damit bin ich in jeder Lebenslage ganz gut gefahren.
Boll: Als jüngerer Spieler war ich vielleicht auch nicht der fairste und habe auch mal einen Kantenball mitgenommen. Es hat sich dann für mich aber nicht gut angefühlt und ich konnte den Sieg nicht so genießen. Ich habe darüber nachgedacht und versucht, mich selbst nicht zu betrügen, den Sport nicht und meinen Gegner nicht. Ja schon, ich war ein sehr gutes Vorbild darin für viele und mittlerweile ist es fast verpönt bei uns im Tischtennis, unfair zu sein. Wenn ich einen kleinen Beitrag dazu leisten konnte, dann freue ich mich darüber. Das Wichtigste dabei ist für mich aber, dass ich mit mir selbst im Reinen bin. Am Ende muss jeder selbst wissen, wie er mit sich klarkommt.
Boll: Ja, ich bewundere und beneide den Basti ein bisschen um seinen Körper. Er bewegt sich echt noch super geschmeidig. Bei mir sieht das mittlerweile ein bisschen hölzerner aus. Es macht mir aber auch noch unheimlich viel Spaß. Man muss mich wahrscheinlich auch eines Tages dazu zwingen, aufzuhören. Es wird mir mit Sicherheit sehr schwerfallen, doch der Tag rückt näher und dessen muss man sich einfach bewusst werden. Aber aktuell läuft es ja bei uns beiden ganz gut und wir können das Ganze noch genießen. Wir werden nie mehr etwas finden, das wir so gut können wie Tischtennis. Deshalb genieße ich jeden Ballwechsel, jedes Match und freue mich jeden Tag, wenn ich aufstehe und mit nicht so großen Schmerzen ins Training gehen kann.
Boll: Früher hatte ich Vorbilder wie Jörg Roßkopf, mit dem ich auch noch zusammen in einer Mannschaft gespielt habe. Er hat mir gezeigt, wie hart man für den Sport arbeiten muss, um erfolgreich zu werden. Ich hatte aber auch die Möglichkeit, viele Sportler aus anderen Sportarten kennen zu lernen. Da gibt es gute Typen und man sieht, dass sie dennoch am Boden geblieben sind. Beispielsweise Dirk Nowitzki oder Felix Neureuther. Sie waren Vorbilder für mich, weil sie einfach nette Jungs geblieben sind.
Boll: Das Wichtigste ist für mich immer, dass ich alles probiert und gekämpft habe. Wenn es dann nicht reicht, war der Gegner einfach besser, dann akzeptiere ich das auch. Es steht einem ja immer jemand gegenüber, der auch alles gibt. Der kann auch mal einen super Tag haben und das muss man einfach akzeptieren und respektieren. Deshalb ärgere ich mich gar nicht so, ob ich gewonnen oder verloren habe, sondern mache das an mir aus, ob ich mit meiner Leistung zufrieden bin.
Boll: Ich habe leider vor Kurzem meinen Hund verloren, der eigentlich mein großes Vorbild war in Sachen Fröhlichkeit. Er war immer gut gelaunt, super drauf und das war sehr ansteckend. Und deshalb sind wir gerade etwas traurig in der Familie. Nach 16 Jahren den Weggefährten zu verlieren, das war sehr hart für uns.
Boll: Mich belastet es fast mehr, wenn im Umfeld, in der eigenen Familie Probleme auftreten. Wenn man spürt, dass die Menschen sich sorgen und unzufrieden sind, weshalb auch immer. Das beschäftigt mich vielleicht mehr als meine eigenen Probleme, die man irgendwie auch vergraben kann. Aber Leid zu sehen bei anderen, die einem wichtig sind, mag ich nicht so gerne.
Boll: Zu allererst hoffe ich natürlich, dass sie überhaupt stattfinden. Vor der Corona-Krise war ich super drauf, habe mich bärenstark gefühlt und war nah dran an den Top-Chinesen. Dann kamen der Lockdown und einige körperliche Probleme, was mich alles ein bisschen zurückgeworfen hat. Aber ich habe ja noch etwas Zeit. Ich versuche, optimistisch zu sein und mich gut vorzubereiten. Man wird sehen, wie weit es dann letztlich geht. Ich habe das Glück, bereits qualifiziert zu sein. Deshalb kann ich mich voll auf die Vorbereitung konzentrieren. Ich werde versuchen, noch mal ein gutes Ergebnis raus zu hauen.
Boll: Versucht, kreativ zu sein. Ich habe früher einfach gegen die Wand gespielt, alle möglichen Dinge ausprobiert, um mich sportlich aktiv zu betätigen, nicht einmal speziell für die eine Sportart. Es geht um jegliche Art von Koordination oder Sport. Das hilft, um sich auch im eigenen Sport weiterzuentwickeln. Ich kann aber mitfühlen und nachvollziehen, dass das im Moment überhaupt nicht einfach ist. Man darf nur nicht aufgeben, die Motivation nicht verlieren. Ich drücke uns allen die Daumen, dass es bald wieder normaler wird.