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TENNIS:
Tennis-Verbot: Kritik und Zustimmung
Bayern verbietet Indoor-Sport       -  Aktuell sind die Tennishallen aufgrund der Corona-Pandemie leer. Wenn es nach dem TC Rot-Weiß Gerbrunn geht, soll sich das nun ändern.
Foto: Sven Hoppe | Aktuell sind die Tennishallen aufgrund der Corona-Pandemie leer. Wenn es nach dem TC Rot-Weiß Gerbrunn geht, soll sich das nun ändern.

Von Felix Mock und

Florian Karlein

 |  aktualisiert: 23.12.2020 02:14 Uhr

Weil er gegen das in Bayern geltende Tennis-Verbot vorgeht, ist der TC Rot-Weiß Gerbrunn in die Schlagzeilen geraten. Mit Hilfe der Würzburger Rechtsanwaltskanzlei Steinbock und Partner hat der Klub am Montag einen Normenkontrollantrag und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Bayerischen Verwaltungsgrichtshof eingereicht. Das Ziel: die Maßnahmen, die in der 9. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung verankert sind, zu kippen. Dort heißt es unter Paragraph 10: „Der Betrieb und die Nutzung von Sporthallen, Sportplätzen, Fitnessstudios, Tanzschulen und anderen Sportstätten ist untersagt.“

Halle muss geheizt werden, auch wenn niemand spielt

Enrico Troche, 1. Vorsitzender des TC Rot-Weiß Mellrichstadt, begrüßt das Gerbrunner Vorgehen. „Für mich ist das Tennis-Verbot unverhältnismäßig. Natürlich muss man angesichts der hohen Corona-Zahlen aufpassen, bei Einzelspielen im Tennis kann man den Abstand aber ohne Probleme einhalten. Unsere Halle ist fast zehn Meter hoch und wird zudem belüftet.“ Troche befürchtet durch das Tennis-Verbot zudem hohe finanzielle Einbußen. Bereits abgeschlossene Abos müsse der Verein zurückzahlen, wenn kein Tennis gespielt werden darf. Die laufenden Kosten würden aber weiter anfallen. „Auch wenn niemand in der Halle ist, muss sie dennoch beheizt werden. Ansonsten könnten Schäden entstehen“, erklärt Troche.

Verständnis für die Klage des TC Rot-Weiß Gerbrunn hat auch Rudolf Lux. Der Vorsitzende des TC Blau-Weiß Bad Neustadt ist der Meinung, „dass es beim Tennisspielen grundsätzlich keine Ansteckungsgefahr gibt.“ Auf der anderen Seite kann er aber auch das Vorgehen der bayerischen Landesregierung verstehen. „Ihr geht es ja in erster Linie darum, Kontakte so weit es geht zu verhindern. Da müssen wir jetzt eben auf die Zähne beißen und eine gewisse Zeit auf Tennis verzichten.“

Der Präsident hält das Verbot für „unverhältnismäßig“

Geäußert hat sich unterdessen auch der Bayerischen Tennis-Verband (BTV). „Nach unserer Auffassung lässt sich Tennis bei einem Einzel oder im Einzeltraining mit einem Trainer völlig infektionssicher betreiben – auch in der Halle. Das Tennisfeld hat inklusive Auslauf eine Größe von circa 600 Quadratmetern“, wird BTV-Präsident Helmut Schmidbauer auf der Webseite des Verbands zitiert. Die Aussagen decken sich mit denen der Kanzlei vom Montag. „Der Tennissport kann nicht genauso behandelt werden wie Sportarten mit geringerem Abstand oder sogar Körperkontakt. Jedenfalls ist das Verbot von Tennistraining und Eins-gegen-Eins-Spielen daher unverhältnismäßig“, hieß es in deren Mitteilung. Jörg Steinbock, einer der Gesellschafter der Kanzlei, ist zugleich dritter Vorsitzender des TC Rot-Weiß Gerbrunn.

Schmidbauer plädiert zudem für eine bessere Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Sportarten: „Wir hoffen, dass die Regierung durch unseren Antrag zukünftige Maßnahmen feiner ausarbeitet, so dass zwischen Sportarten mit größerem, geringerem und keinem Infektionsrisiko unterschieden wird. Es kann keine Gleichstellung des Tennissports mit Sportarten stattfinden, die ein massiv höheres Infektionsrisiko haben.“ Falls der Verwaltungsgerichtshof das derzeitige Verbot für rechtswidrig erklären sollte, geht der Verband davon aus, dass Einzeltraining sowie Trainingsspiele im „Eins gegen eins“ wieder möglich sind.

Der Verband hofft, die Leser äußern Kritik

Die Kanzlei rechnet binnen maximal zwei Wochen mit einer Entscheidung hinsichtlich des einstweiligen Antrags. Die daraus resultierende Entscheidung würde nur vorläufig gelten, das Hauptsacheverfahren wesentlich länger dauern. Der BTV erhofft sich dennoch eine schnelle Entscheidung. „Unsere Vereine, Trainer, Partner, Hallenbetreiber und natürlich alle Tennisspielerinnen und Tennisspieler in Bayern warten auf ein positives Signal. Jetzt haben wir den Weg dafür bereitet“, erklärt Schmidbauer.

Kritische Stimmen zum Vorgehen gibt es dagegen von Lesern im Internet. So schreibt beispielsweise der Nutzer preisi76: „Als gibt es momentan nichts wichtigeres in unserem Land! Ich würde auch gerne meinem Hobby nachgehen. (...) Ich sage knallhart: Schämt euch für so eine Klage!“ Der Nutzer umsatzsteuer meint: „Ich bin sprachlos und geschockt, wie wichtig der Tennis-Sport sein muss. Offenbar ist ihnen die Gesundheit ihrer Mitmenschen egal. Kann man nicht mal vier Wochen auf ein Hobby verzichten? Oder wollen Sie mit Ihrer Klage einen unendlichen Lockdown?“ Und vom Nutzer winnem heißt es: „Egal was angeordnet wird, es wird dagegen geklagt. Oder anderweitig Schlupflöcher gesucht und stets gefunden. So werden wir nie Herr der Lage, Corona wird uns noch Monate verfolgen.“

Das sagen andere Vereine

Johannes Lipsius (Abteilungsleiter TG Schweinfurt): „Es ist definitiv ein schwieriges Thema. Die Zahlen sind wahnsinnig hoch, natürlich muss deshalb gehandelt werden. Was ich aber nicht verstehe: Wieso hat zwischen dem ersten Lockdown und jetzt keine Differenzierung stattgefunden? Mir ist klar, dass das Mehraufwand bedeutet. Es hat sich aber auch abgezeichnet, dass Sport nicht das höchste Ansteckungspotenzial hat – solange es kein Mannschaftssport ist. Ich kann den Schritt der Gerbrunner nachvollziehen und finde es gut. Ich glaube aber nicht, dass die Klage schnell Erfolg haben wird.“

Manfred Paul (Abteilungsleiter TG Kitzingen): „Wir beobachten die Sache recht neutral und warten einfach ab, was dabei herauskommt. Natürlich hoffen alle bei uns, dass wir bald wieder spielen können.“

Burkhard Schuhmann (Abteilungsleiter TSV Karlstadt): „Tennis in der Halle ist virustechnisch in meinen Augen recht unbedenklich. Ich finde die Fragestellung berechtigt und befürworte, dass es vor Gericht geklärt wird. Ich würde mich freuen, wenn die Gerbrunner Erfolg haben – auch wenn ich nicht so zuversichtlich bin. Wenn nicht, wäre das aber auch kein Beinbruch.“

Für Enrico Troche ist das aktuelle Tennis-Verbot unverhältnismäßig.
Foto: Daniel Rathgeber | Für Enrico Troche ist das aktuelle Tennis-Verbot unverhältnismäßig.
 
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