Wenn der TSV Aubstadt an diesem Samstag (Anpfiff 14 Uhr, NGN-Arena) den FV Illertissen empfängt, geht es nach dem Verständnis von Trainern und Spielern nicht nur um drei, sondern um sechs Punkte. Laut Regelwerk und rein mathematisch nicht möglich und dennoch von jedermann nachvollziehbar. Wenn der Tabellendritte (54 Punkte) nämlich gewinnt, hat er den Vierten (49) erst mal auf Distanz und ist der besten Abschluss-Platzierung in der Vereinsgeschichte ein großes Stück näher gerückt. Im Fall einer Niederlage käme es für Aubstadt zu einem ganz engen Dreikampf mit Illertissen und Nürnberg II um diesen prestigeträchtigen Rang. Sich die ganze Saison über im Spitzenquartett aufgehalten zu haben, ist jetzt schon eine großartige Leistung des TSV.
Der erste Heimsieg in diesem Jahr wäre für die inzwischen zweitbeste Heimmannschaft nicht nur längst überfällig, sondern auch nötig für das Selbstverständnis dieser Mannschaft. Wer je zweimal gegen die Würzburger Kickers, den FC Bayern II und 1. FC Nürnberg II nicht verloren hat, sollte eigentlich auch gegen den FV Illertissen bestehen können. Doch aufgepasst! Die Schwaben und die Unterfranken haben eine ambivalente Historie ihrer bisherigen Begegnungen.
In den Liga-Duellen hat Aubstadt klar die Nase vorn
In den sieben Liga-Duellen hat Aubstadt klar die Nase vorn, mit fünf Siegen und einem Unentschieden. Die erste und einzige Niederlage (0:1) gab es in der Hinrunde am 3. Oktober 2023. Der FVI ist eine klassische Pokalmannschaft, zog bereits zweimal in die DFB-Pokal-Hauptrunde ein. Und hat in diesem Wettbewerb den Aubstädtern schon zweimal die lange Nase gezeigt. Im BFV-Pokal-Finale 2022 (4:5 n.E.) und im Viertelfinale 2023/24 (0:4) verließ der TSV als Verlierer das Vöhlin-Stadion.
Der TSV ist zwar gegen Illertissen daheim ungeschlagen, bei zwei Siegen und einem Unentschieden. Die Frühjahrsform der Schwaben ist aber identisch mit jener des designierten Meisters aus Würzburg: acht Spiele, sechs Siege, zwei Unentschieden – eine echte Top-Mannschaft. Woran auch die 1:3-Niederlage im BFV-Pokalwettbewerb gegen den Drittligisten FC Ingolstadt nichts ändert. In der Folge holte Illertissen mit einer Selbstverständlichkeit einen nie gefährdeten 2:0-Sieg beim FC Schweinfurt 05.
Grell: "Wir haben nichts mehr zu verlieren"
Doch Fußballspiele sind wie das wahre Leben, mit Ereignissen per Zufall oder Fügung. Da führt Aubstadt erst gegen Würzburg, dann gegen den FC Augsburg II mit 1:0. Und beide Male fängt sich der TSV exakt in der 84. Minute den Ausgleich ein. Um vor acht Tagen bei den Bayern in der 82. mit dem Ausgleichstreffer zum 1:1 zumindest teil-entschädigt zu werden. Julian Grell sprach vom "Maximum, was wir verdient haben." Dass seine Mannschaft dann noch mehr wollte und vogelwild nach vorne preschte, gefiel ihm sogar: "Das ist halt ihre Mentalität." Zusammenhängend mit der von ihm neuen Einschätzung: "Wir haben doch nichts mehr zu verlieren."
Wie das wahre Leben, Teil zwei: mit Auf und Ab, etwa bei Patrick Hofmann (32). In der 94. Minute am 12. November 2022 gegen Pipinsried riss seine Patellasehne. Es folgten zehn Monate Zuschauen, Reha und monatelanges Sich-Herankämpfen an den Kader. In München bekam er wieder mal einen Kurzeinsatz und erzielte den Ausgleichstreffer zum 1:1. "Ich freue mich natürlich sehr über dieses Tor, hoffe, dass ich immer mehr Spielzeit bekomme und der Mannschaft noch mehr helfen kann." Und sein Trainer: "Er hatte es schwer, in eine funktionierende Mannschaft wieder reinzukommen, eigentlich ganz normal. Zuletzt hat er uns aber wieder gezeigt, welche Qualität er hat."
Leonard Langhans, leichtfüßig wie ein Rennpferd
Oder das Gegenbeispiel Leonard Langhans (25). Der beim 1. FC Nürnberg als Angreifer ausgebildete BWL-Student kam aus seinem Wohnort Würzburg über die Kickers-Reserve 2019 nach Aubstadt und wurde von Josef Francic sehr bald zum Abwehrspieler umfunktioniert. "Leo" beackert, leichtfüßig wie ein Rennpferd, die rechte Seite zwischen den beiden Strafräumen und bringt Futter in die Box durch seine präzisen Flanken. Verletzt fehlte er diese Runde nur einmal kurz in Vilzing durch einen Bänderriss. Das Jubiläum seines 100. Regionalligaspiels feierte er, ohne es zu wissen, ebenfalls im "Grünwalder". Tore hat er vier erzielt, unmittelbar vorbereitet unzählige. Grells Meinung: "Er bringt mit seinem Ehrgeiz und seiner Dynamik konstant viel Qualität in unser Spiel."
Wie handelt ein Trainer in der derzeitigen Situation, in der es "nur" um Platz drei geht? "Diese Woche fehlte mir etwas die Spannung im Training, vielleicht auch ein ganz menschlicher Zug. Wir haben aber wieder den Fokus reinbekommen. Spielen werden am Samstag nicht die mit der höchsten Qualität, sondern jene mit der meisten Bereitschaft, alles zu geben, um uns helfen zu können. Es ist eine Riesenchance, unseren dritten Platz zu festigen und eine Lücke zu Illertissen zu reißen."