Nach ihrer ersten kompletten Saison im Rennradsport hatte sich die Nordheimerin Svenja Betz für das Jahr 2020 einiges vorgenommen. „Ich wollte in dieser Saison den Fokus noch mehr auf den Radsport legen und auch bei einigen Rennen im Ausland Erfahrungen sammeln“, sagt sie. „Am Ende der Saison hätte ich dann entscheiden können, ob ich den Schritt in Richtung Profiradsport wage.“ Entsprechend akribisch und diszipliniert hat sich die 24-Jährige in den letzten Wochen und Monaten vorbereitet. Doch bevor die Saison jetzt im Frühjahr so richtig los gehen konnte, ist sie aufgrund der rasanten Ausbreitung des Coronavirus vorerst bis auf Weiteres unterbrochen.
Erfolgreicher Saisonauftakt in den Vereinigten Arabischen Emiraten
„Die Rennen sind mittlerweile alle abgesagt, was auch völlig richtig ist. Die Gesundheit steht jetzt klar im Vordergrund. Es gibt momentan wichtigere Dinge als Sport und Rennen“, betont Betz. Sie selbst war im Februar noch in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dort nahm sie als Gastfahrerin für ein Berliner Team an der Erstauflage der Dubai Women's Tour teil, einem Radrennen der Kategorie Women Elite. Als beste von vier Deutschen schloss sie die viertägige Rundfahrt auf Rang 34 ab. Anschließend ging es weiter zum Langlaufen in die Schweiz und danach zurück nach Münster, wo sie Sport und Biologie studiert. „Ich wollte meine Bachelorarbeit unbedingt noch vor dem ersten Bundesliga-Rennen Ende März fertig schreiben. Das ist mir auch gelungen“, sagt Betz.
Ursprünglich große Pläne für die neue Bundesliga-Saison
Für die Bundesliga-Rennen in diesem Jahr hatte sie sich gemeinsam mit ihrem Team RGC Gießen Biehler nämlich viel vorgenommen. Bereits im letzten Jahr hatte sie dort einige gute Resultate einfahren können und im letzten Rennen sogar den ersten Bundesligasieg gefeiert. „Die positiven Erfahrungen aus der ersten Saison waren natürlich eine extra Motivation für jede Trainingseinheit, um meinem persönlichen Traum vom Profiradsport näher zukommen“, sagt Betz. Mit guten Platzierungen wird sie aber vorerst nicht glänzen können.
Vorteil in Nordheim: Die Berge der Rhön direkt vor der Haustür
Stattdessen steht nun erst einmal wieder das Training im Vordergrund. „Ich bin froh, dass ich momentan wieder in Nordheim bin. Hier habe ich mit den Bergen der Rhön sehr gute Trainingsbedingungen. Dort fahre ich am liebsten und am Berg habe ich auch eindeutig meine Stärken“, sagt Betz. Momentan trainiert sie zwei bis vier Stunden am Tag auf dem Rad. „Das entspricht in etwa dem, wie ich auch außerhalb der Saison trainiere.“ Was ihr allerdings fehlt, sind die Trainingseinheiten mit ihren Teamkolleginnen. „Es macht schon deutlich mehr Spaß, zusammen im Team Intervalle zu fahren.“ Über eine WhatsApp-Gruppe reißt aber zumindest der Kontakt zu den Teamkameradinnen nicht ab.
Statt wie ursprünglich geplant an vielen Rennen teilzunehmen und dort wichtige Erfahrungen zu sammeln, bleibt der jungen Nordheimerin nun mehr Zeit für ihr Masterstudium. Der Semesterstart wurde jedoch aufgrund der aktuellen Entwicklungen vorerst auf Ende April verschoben. „Ich hoffe, dass ich in diesem Jahr etwas mehr für die Uni machen kann. Dann hätte ich im folgenden Jahr mehr Zeit für den Radsport“, sagt Betz.
Betz fürchtet Auswirkungen auf das Radsportsystem
Den Traum vom Profiradsport hat sie nämlich noch lange nicht aufgegeben. Und das, obwohl sie der Meinung ist, dass die Corona-Krise auch deutliche Auswirkungen auf das Radsportsystem haben wird. „Die Teams werden von Firmen gesponsert und auch die haben momentan einen schweren Stand. Ich gehe deshalb davon aus, dass sich einige Teams komplett auflösen werden. Dadurch dürfte es in Zukunft noch schwieriger werden, einen Platz in einem Profiteam zu finden“, fürchtet Betz. Für die 24-Jährige jedoch ein Anreiz, noch härter zu trainieren. Beste Trainingsbedingungen hat sich mit den Bergen der Rhön ja momentan direkt vor ihrer Haustür.