Sie heißen Forerunner, Vivoactive oder Traverse. Und sie bestimmen immer mehr unseren Lebens-Rhythmus. Pulsuhren und Fitness-Armbänder sind schwer angesagt, mitunter extrem schick mit exklusiven Leder- oder Metallarmbändern. Accessoires, die den Träger als aktiven und auf die eigene Gesundheit bedachten Menschen ausweisen.
Diese Mini-Computer mit ihren Knöpfen, Touchscreens oder digitalem Farbdisplay sind technische Gesamt-Kunstwerke, die den Puls, Kalorienverbrauch, die Herzfrequenz oder den Stress-Level messen. Gerne auch mal Stockwerke zählen oder sich der Schlafanalyse widmen. Die Musik abspielen, bargeldlos bezahlen und navigieren können. Und damit das Leben im On-Modus dauerüberwachen.
Mit jeder weiteren Generation kommen neue Funktionen dazu wie das Messen vom Sauerstoffgehalt im Blut. Mit den Top-Modellen kann man, natürlich, bedenkenlos schwimmen und tauchen gehen. Mittelklasse-Produkte, oftmals keine 40 Gramm schwer, kosten schnell um die 200 Euro, in der Champions League solcher Chronometer wird schon mal das dreifache hingeblättert.
Diese Form von Zeitgeist betrachtet Prof. Dr. Oliver Stoll durchaus differenziert. „Ich sehe sehr wohl die positiven Aspekte dieser Geräte, die einen tollen Fortschritt bringen. In einem Aufwasch bekommt der Benutzer Erholungs- und Belastungsparameter mit seinen personalisierten Informationen. Die Anbieter bereiten das alles auch grafisch sehr nett vor, sodass man auch ohne Sportstudium klarkommt“, sagt der Sportpsychologe, der aus seinen Forschungen weiß, „dass vor allem Ausdauersportler wie Triathleten die Serviceleistungen solcher Sportuhren mit großer Wissbegierde nutzen. „Das sind für uns dankbare Probanden.“
Einen negativen Impuls sieht der 57-Jährige, der seit 2002 den Studiengang Sportpsychologie, Sportpädagogik und Sportsoziologie an der Universität Halle-Wittenberg leitet, in der Kopplung der gewonnen Daten mit social media. „Bei bestimmten Persönlichkeiten kann der Hang zur Selbstdarstellung schon pathologische Züge annehmen. Dann können sich vorhandene Persönlichkeitsstörungen noch einmal verstärken. Da sehe ich tatsächlich eine Gefahr“, sagt Stoll, selbst ein passionierter Läufer. Und: „Perfektionismus ist durchaus etwas Positives, kann aber auch emotional negative Auswirkungen haben, kann einen quasi runterziehen, wenn die Daten nicht passen.“ Sich selbst hoch- und andere womöglich abzuwerten ist für den Iron-Man-Finisher eine Form von Narzissmus. „Profi-Athleten können mit so etwas besser umgehen. Wer sich von der Uhr unter Druck gesetzt fühlt, sollte sie im Wettkampf weglassen, aber zur Trainingssteuerung sinnvoll einsetzen.“
Triathlet Markus Unsleber ist gerade in Wettkampfpausen gerne ohne Sportuhr unterwegs, „um das pure Laufen zu genießen. Ich will mich nicht immer von Zahlen abhängig machen, was ja meist der Fall ist, wenn man leistungsorientiert trainiert“, sagt der 44-Jährige. „Wobei ich meinen Körper mittlerweile so gut kenne, dass ich auch ohne Überwachung ziemlich genau weiß, was ich für einen Puls habe oder mit welcher Geschwindigkeit ich unterwegs bin. Für Anfänger sind Sportuhren dagegen durchaus sinnvoll, um die eigene Leistungsfähigkeit auszuloten.“ Für den gebürtigen Langendorfer, der mehrmals den Ironman auf Hawaii bewältigt hat, ist die Zweckmäßigkeit einer Sportuhr das entscheidende Kriterium. „Ich bin nicht so technikaffin und brauche nicht das neueste Modell“, sagt der für den TV/DJK Hammelburg startende Athlet.
Einen sehr pragmatischen Ansatz verfolgt Reinhold Nürnberger. „Es gibt Menschen, die viel Zeit in die Auswertung ihrer Laufuhr-Daten investieren. Das ist Zeit, in der man auch Sport treiben könnte. Für den Hobbysportler genügt eine Uhr im unteren Preissegment mit Basisfunktionen wie der Pulsmessung. Wichtig ist, sich vor Überlastung zu schützen“, sagt der Leichtathletik-Trainer im TSV Bad Kissingen. Und hat einen ebenso banalen wie genialen Rat an alle Hobbysportler. „Wenn man sich beim Laufen noch unterhalten kann, ist man automatisch im aeroben und damit richtigen Pulsbereich.“