Wäre der Sport, den der Tischtennis-Bundesligist TSV Bad Königshofen selbst bei seinen Auftritten in der Shakehands-Arena zu bieten hat, nicht schon attraktiv genug, um die Fans immer wieder zu faszinieren, dann wäre der kommende Gegner an diesem Samstag um 19 Uhr, Borussia Düsseldorf, ein Zugpferd allererster Güte, um die Halle mal wieder voll zu bekommen.
Die Mannschaft um den erfolgreichsten Spieler in der Geschichte des deutschen Tischtennissports, Timo Boll, hat in diesem Jahrtausend vor jeder Saison die Zielscheibe auf dem Rücken. In jeden Wettbewerb geht sie als Favorit, hat bisher 76 nationale und internationale Titel errungen und ist damit der erfolgreichste deutsche Mannschafts-Sportverein überhaupt. 33 deutsche Meistertitel, 27 Pokalsiege und 16 Erfolge auf internationaler Ebene im Europapokal bzw. der Champions-League, vier Triples inklusive, zieren momentan den Briefkopf des Vereins.
Timo Boll ist seit 2007 der Leader von Borussia Düsseldorf
Hinter all diesen Erfolgen stecken eine professionelle Vereinsführung und die Unterstützung eines großen deutschen Versicherungskonzerns. Dabei wird stets die Philosophie verfolgt, eine junge deutsche Mannschaft mit internationaler Ausrichtung zusammenzustellen. Seit 2007 und aktuell immer noch ist Timo Boll die Speerspitze der Mannschaft. Dang Qiu holte man aus Grünwettersbach. Inzwischen ist er Bolls Nachfolger als Einzel-Europameister und der Leader, wenn Boll mal ausfällt. Den internationalen Part übernimmt der schwedische Team-Europameister Anton Källberg. Als Talent wurde Kay Stumper verpflichtet, der am vergangenen Wochenende zusammen mit Boll und Duda Team-Vize-Europameister wurde. Vor dieser Runde stieß das norwegische Talent Borgar Haug (20), dreifacher Einzel-Landesmeister, zur Borussia.
Star des Ensembles und absoluter Publikumsliebling ist Timo Boll (42). In Bad Königshofen wurde bislang vor jedem Gastspiel der Düsseldorfer gerätselt: "Ist Boll dabei?" Er war immer dabei, brachte mehrfach sogar seine Familie im Wohnmobil mit. Er wird auch diesmal mitspielen. Diesmal kommunizierte er mit dem TSV: "Hoffe, es geht euch gut und ihr freut euch schon auf das Spiel gegen uns. Ich kann euch auf jeden Fall garantieren, dass ich spielen werde."
Spielt er oder spielt er nicht?
So ist er, der Tischtennis-Weltstar aus dem Odenwald: Nahbar, bodenständig, bescheiden und alles andere als abgehoben. "Euer Städtle", wie er schon einmal in einem Interview mit dieser Zeitung sagte, "gefällt mir einfach. Besonders der Wohnmobil-Stellplatz und euer Publikum, das die sportliche Leistung auch des Gegners honoriert und eine unglaubliche Atmosphäre produziert. Das ist wirklich spitze."
Mitte der Woche meldete er sich erneut. Er habe sich verletzt und könne womöglich nicht spielen. Dennoch bat er um eine Physio-Bank in der Gäste-Kabine. Was den Schluss zulässt, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
Mit Kilian Orts Jugendfreund Dang Qiu, Anton Källberg und dem Team-Vize-Europameister Kay Stumper könnte die Borussia immer noch eine Europameister-Auswahl aufbieten. Ort, der nach seiner Bandscheiben-OP noch nicht an der Box ist, sondern in Düsseldorf "meist in der Horizontalen", weiß sogar: "Die versuchen, wie immer, besonders zu Beginn der Saison ihre Spiele zu gewinnen, um am Ende möglichst sorgenfrei antreten und den jüngeren Spielern mehr Einsätze geben zu können. Dementsprechend rechne ich mit dem stärkstmöglichen Borussen-Aufgebot."
TSV Bad Königshofen in der Außenseiterrolle
Was hat diesem Star-Ensemble Koji Itagaki, der Headcoach des TSV Bad Königshofen, entgegenzusetzen? Zum einen die Erinnerung, dass man schon immer krasser Außenseiter gegen Düsseldorf war, aber schon drei Mal gewinnen konnte, u. a. auswärts in der vergangenen Saison. Und: "Unsere drei Spieler sind in sehr guter Form. Allegro hatte bei der EM fünf Spiele und gewann alle fünf. Die Atmosphäre in der Halle ist unser Vorteil. Wir wollen Borussia einen guten Fight liefern."
Andy Albert erwartet einen herausragenden sportlichen Event, "ob mit oder ohne Boll. Er wäre natürlich die Krönung. Aber auch unsere zwei Jungs hatten hervorragende Auftritte bei der EM. Filip Zeljko schlug u. a. Ricardo Walther 3:0. Martin Allegro, der ja inzwischen wie verwandelt spielt, konnte den Polen Maciej Kubik von Grenzau 3:0 schlagen, gegen den er kürzlich noch verloren hat. Ich bin gespannt, sie haben ja nichts zu verlieren, erwarte eine fantastische Stimmung in einer möglichst vollen Shakehands-Arena und vielleicht den Gewinn eines Einzels."