zurück
FUßBALL: REGIONALLIGA BAYERN
Martin Thomann: „Zwei Herzen schlagen in meiner Brust“
Martin Thomann (vorne) marschierte in den letzten Jahren beim TSV Aubstadt stets voraus. Nun will er mit seinem Wechsel zum FC Schweinfurt 05 den nächsten Schritt auf der Karriereleiter einleiten.
Foto: Rudi Dümpert | Martin Thomann (vorne) marschierte in den letzten Jahren beim TSV Aubstadt stets voraus. Nun will er mit seinem Wechsel zum FC Schweinfurt 05 den nächsten Schritt auf der Karriereleiter einleiten.
Von Rudi Dümpert
 |  aktualisiert: 20.05.2020 02:10 Uhr

Manche Fußballer-Karrieren starten wie eine Rakete, andere Schritt für Schritt, wieder andere sind sogar mit einem vermeintlichen Rückschritt verbunden: Über einen Umweg, der sich als der nachhaltigere erweist. So müssen manche hoffnungsvolle Eigengewächse den Standort wechseln, um gedeihen zu können. Dies war auch der Fall bei Martin Thomann, dessen Rückwechsel nach fünfeinhalb Jahren vom Regionalligisten TSV Aubstadt zum Liga-Konkurrenten FC Schweinfurt 05 zum 1. Juli 2020 am vergangenen Montag von beiden Seiten bekannt gegeben wurde. Der Dittelbrunner war als Produkt der Nachwuchsarbeit der Schnüdel mit 18 Jahren in den Bayernliga-Kader hoch gezogen worden und kam im Aufstiegsjahr gleich auf 19 Einsätze. 2013/14 spielte er acht Mal im Regionalliga-Team und 24 Mal in der Bezirksliga.

Nach Mittelfußbruch nur noch bei der zweiten Mannschaft des FC 05

Dann kam in der Saison 2014/15 der Bruch in seiner steilen Entwicklung: Nach zwei Kurzeinsätzen von zusammen gerade einmal 30 Minuten bekam er beim damaligen Trainer Fred Klaus nach einem wiederholten Mittelfußbruch keine Chance mehr und spielte daher 16 Mal für die zweite Mannschaft des FC 05 in der Landesliga. Im Dezember 2014 wechselte „Mörtel“ auf dem zweiten Bildungsweg nach Aubstadt, „wo ich mich auch erst ein halbes Jahr lang an das System von Josef Francic gewöhnen musste.“ Apropos Mörtel: „Der Spitzname stammt aus der Zeit, als ich in die 1. Mannschaft kam und dort einige Spieler aus dem Raum Erlangen waren. Statt Martin sagten die Martl zu mir. Irgendwann wurde bei den anderen daraus Mörtel, wie der zum Verputzen, und heute sagen alle, selbst meine Familie, Mörtel zu mir.“

Sein Ziel bei jenem Wechsel sei gewesen, „die nächsten Schritte in meiner Entwicklung zu machen, um mir irgendwann meinen Traum vom Profifußball zu erfüllen. Seit zwei Jahren gab es dann wieder Kontakt zum FC 05. Nach dem Aufstieg von Aubstadt wollte ich aber nicht wechseln.“ Thomann verlängerte seinen Vertrag sogar bis Juni 2021. Seine Entwicklung indes weckte Begehrlichkeiten auch höherklassiger Vereine. „Inzwischen hat sich meine berufliche Situation so verändert, dass ich als selbständiger Versicherungsfachmann Fußball und Beruf unter einen Hut bringen kann. Ich will mich sportlich weiter entwickeln und größere Schritte vorwärts machen, da ich auf Vollprofi-Basis trainieren kann. Die Qualität wird noch einmal, trotz derselben Liga, eine andere sein. Das sieht man ja auch am Tabellenplatz.“

Doch es scheint, als habe Thomanns emotionale Bindung an seinen Ausbildungsverein ihn darauf warten lassen, bis Präsident Markus Wolf und Trainer Tobias Strobl sich nun mit einem Angebot bei ihm und dem TSV Aubstadt meldeten. Die Verhandlungen haben schließlich auch gar nicht lange gedauert. Josef Francic, Marco Weigand und der TSV-Vorsitzende Herbert Köhler haben sich an ihr Wort gehalten, dass man jungen, talentierten Spielern eine Plattform zur Weiterentwicklung bieten wolle. „Deshalb legten sie mir keinen Stein in den Weg und entließen mich aus dem bestehenden Vertrag zugunsten eines Zweijahresvertrags beim FC 05“, zeigt sich Thomann dankbar.

Seit über fünf Jahren schlagen zwei Herzen in Thomanns Brust

Natürlich hätten dabei zwei Herzen in seiner Brust geschlagen, versichert er. „Im Grunde haben sie da schon in den letzten fünfeinhalb Jahren geschlagen.“ Was ihn nicht daran hinderte, sondern eher beflügelte zu seiner steilen Entwicklung. Jeder Gegner in der Bayern- und Regionalliga kennt diesen Vollblut-Fußballer, Torjäger, Vorbereiter und Vorreiter als Leader der Mannschaft, ausgestattet mit einem unbändigen Willen und Ehrgeiz und von daher Vorbild für alle anderen, weil er immer alles gibt. Und hätte er nicht zwei Mal für sechs Wochen (verletzt) und zusammen fünf Wochen (zwei Mal Rot) gefehlt, dann wären folgende Daten noch zu toppen gewesen: Martin Thomann ist die Nummer 10 in der 116 Spieler umfassenden, seit 1996 geführten ewigen Spielerstatistik des TSV Aubstadt. Er erreichte mit der Mannschaft die Plätze 9, 8, 3, 2, 1 in der Bayernliga und 9 in der noch laufenden Regionalliga. Er erzielte in 157 Punktspielen 80 Tore (6, 11,15, 17, 24, 7) und war dabei 222 Stunden und 58 Minuten auf dem Platz.

Eine beeindruckende Zwischenbilanz seiner Karriere. Doch viele Stunden auf dem Trainingsplatz, zurückgelegte Kilometer zwischen Schweinfurt und Aubstadt bzw. den zentralen Treffpunkten, wenn es zu Auswärtsspielen ging, kommen noch dazu. Welchen Teil seiner Entwicklung er Josef Francic zu verdanken hat? „Einen sehr großen. Aber ebenso meinen Mitspielern, weil die Chemie, der Zusammenhalt und der Spaß so groß waren. Ich habe aber auch mit immensem Aufwand jeden Tag zusätzlich an meiner persönlichen Fitness gearbeitet“, sagt der 25-Jährige.

Thomann: „Bin in Aubstadt auch erwachsener geworden“

Schließlich ist Thomann auch ein bisschen zufrieden mit sich selbst. „Ich habe mich in meiner Aubstädter Zeit nicht nur sportlich, sondern auch in meiner Persönlichkeit weiter entwickelt, bin erwachsener geworden. Ich habe fast jedes Spiel 90 Minuten gespielt und bin von der Erfahrung her ein großes Stück weiter gekommen, von der Ruhe am Ball und von meiner Spielphilosophie insgesamt. Es ist kein leichter Abschied für mich, ich werde sehr viel vermissen und behalte alles in guter Erinnerung. Wenn ich höre, dass es leistungsmäßig wie auch menschlich ein Verlust ist, dann freut mich, dass ich anscheinend einen guten Eindruck hinterlassen habe, weil ich so war, wie ich immer bin.“

Was seine Leader-Rolle betrifft, wie auch das von allen hochgelobte gute Klima im 23er-Kader, in dem viele ja nicht nur Kumpels, sondern auch Konkurrenten sind, wird er in Schweinfurt auf einem anderen Level wieder anfangen müssen. „Das will ich auch so. Ich brauche keine Wohlfühl-Oase. Es kommt ein harter Konkurrenzkampf auf mich zu, ich muss mich in jedem Training neu beweisen. Das macht den Reiz aus, durch den man besser wird. Aber ich weiß, was sie von mir und meinen Stärken halten.“ Natürlich trägt er sich mit dem Gedanken, mit Schweinfurt aufzusteigen und 3. Liga zu spielen. „Ich werde Ende Mai 26 und war es mir einfach schuldig, diesen Weg zu gehen. Der Schritt nach Aubstadt damals war der richtige und dieser zurück ist es auch.“

Mörtels schönste Erinnerungen an Aubstadt: „Die Relegationsspiele gegen Bayreuth. Natürlich die Meisterschaft und der Aufstieg in die Regionalliga. Alle meine Tore und die Auswärtsfahrten als Highlights mit einem tollen Zusammenhalt, egal ob wir gewonnen oder verloren hatten. Und nicht zuletzt das ganze menschliche Drumherum in diesem Verein.“

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Aubstadt
FC Schweinfurt
Josef Francic
Karriere und beruflicher Werdegang
Markus Wolf
Profifußball
TSV Aubstadt
Versicherungsexperten
Zweijahresverträge
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top