Packende Fußballspiele an mehreren Tagen, große Zuschauerkulissen, jede Menge Brisanz und ein attraktives Rahmenprogramm. Die Rede ist von der Bad Neustädter Fußball-Stadtmeisterschaft, die erstmals 1980 ausgetragen wurde und jahrelang einen festen Platz im Veranstaltungskalender der Kreisstadt hatte. Mitte der 1990er Jahre ließ dann das Interesse so langsam nach. Einige Vereine konnten zudem keine Fußballmannschaft mehr aufbieten, sodass vor mittlerweile zehn Jahren letztmals eine Stadtmeisterschaft ausgetragen wurde.
In mehreren Reihen stehen die Zuschauer hinter dem Tor
Den Titel sicherte sich damals der VfL Bad Neustadt, der mit insgesamt 14 Triumphen klar an der Spitze steht. Bei der ersten Auflage im Jahr 1980 in Brendlorenzen gewannen allerdings nicht die VfL'ler, sondern der zu dieser Zeit in der Bezirksliga beheimatete SV Herschfeld. „Die Herschfelder hatten damals eine richtig gute Mannschaft. Wir hingegen waren gerade erst im Kommen und hatten noch sehr viele junge Spieler dabei“, sagt Friedel Grimm. Er war als Spieler mit dem VfL Bad Neustadt bei der ersten Stadtmeisterschaft im Einsatz und schwärmt noch heute von der damaligen Atmosphäre: „Es waren weit über 1000 Zuschauer da, das war schon etwas Besonderes.“
Auch der Herschfelder Rudi Pretscher kann sich noch gut an die Premiere der Stadtmeisterschaft erinnern: „Wir haben damals im Finale gegen die Sportfreunde Bad Neustadt gespielt. Nach der regulären Spielzeit hatte es unentschieden gestanden, sodass es zum Elfmeterschießen kam. Hinter dem Tor standen die Zuschauer in mehreren Reihen.“ Pretscher zählte zu den Dauerbrennern in Sachen Stadtmeisterschaft und war auch an den drei weiteren Titelgewinnen der Herschfelder beteiligt. „Die Stadtmeisterschaft war neu und daher etwas Besonderes“, sagt er. „Auch sportlich war sie sehr reizvoll, da die Mannschaften damals leistungsmäßig noch recht eng beieinander lagen.“ Das sieht Friedel Grimm ähnlich: „Wir Spieler haben uns untereinander sehr gut gekannt. Da war schon eine gewisse Konkurrenz da und keiner wollte verlieren. Die Nickligkeiten von damals sind heute natürlich größtenteils vergessen.“
1300 Zuschauer kommen zum ersten Endspiel in Brendlorenzen
Neben den beiden Finalisten nahmen Gastgeber TSV Brendlorenzen, der VfL Bad Neustadt, die DJK Mühlbach, die DJK Lebenhan und die DJK Löhrieth an der ersten Stadtmeisterschaft teil. Ins Leben gerufen hatte sie Josef Hahner, der 25 Jahre Vorsitzender des TSV Brendlorenzen war. Anlässlich des 60-jährigen Bestehens hatte der TSV ein viertägiges Fest organisiert, in dessen Mittelpunkt die Stadtmeisterschaft stand. Aber auch das Gesellige kam nicht zu kurz. „Wir waren bis in die Nacht hinein im Bierzelt. Für uns junge Leute war das Freiheit pur“, sagt Grimm. Zum Endspiel kamen dann 1300 Zuschauer – bis heute der Rekordbesuch. Die erste Stadtmeisterschaft hatte damals alle Erwartungen übertroffen und somit war schnell klar, dass sie in den kommenden Jahren fortgeführt werden soll.
1981 wird der Spielball aus einem Motorsegler abgeworfen
„Die Vereine waren in der Anfangszeit heiß darauf, die Stadtmeisterschaft auszutragen. Meistens waren damit mehrtägige Feste verbunden, so dass dabei ein Großteil des Jahresumsatzes gemacht wurde“, erinnert sich Jürgen Scholz von der DJK Mühlbach. Die Mühlbacher waren es auch, die 1981 die zweite Stadtmeisterschaft ausrichteten. Für das Endspiel hatten sie sich etwas Besonderes ausgedacht. So wurde der Spielball von einem Motorsegler des AERO-Clubs über dem Sportgelände abgeworfen und genau auf dem Sportplatz platziert. „Das war natürlich eine riesige Sache, die Leute haben mit großen Augen nach oben geschaut“, sagt Scholz. Und eines wird dabei deutlich: Schon damals kam die Show gewiss nicht zu kurz.
Weniger aufregend war da das Finalspiel selbst. Gastgeber DJK Mühlbach war gegen den eine Klasse höher angesiedelten VfL Bad Neustadt chancenlos und verlor vor 800 Zuschauern auf der Luitpoldhöhe mit 0:5. Ab Mitte der 1980er Jahre wurden die Finalspiele zwischen diesen beiden Teams zu einem echten Dauerbrenner. „Der VfL war natürlich der große Favorit, dem jeder nur zu gerne ein Bein stellen wollte“, sagt Scholz.
Sechs Finals, sechs Niederlagen: DJK Mühlbach ewiger Zweiter
Fünf Mal trafen die Mühlbacher bis 1987 im Endspiel auf den VfL, zu einem Sieg reichte es aber nie. Am nächsten dran waren sie noch im Jahr 1987, als man sich erst in der Verlängerung mit 2:3 geschlagen geben musste. Spätestens nach der sechsten Finalniederlage, damals wieder auf eigenem Platz gegen den SV Herschfeld (1990), sicherten sich die Mühlbacher aber den Titel des ewigen Zweiten. Natürlich war der VfL Bad Neustadt ab Mitte der 1980er Jahre das Maß aller Dinge. Neben dem VfL gab es nur zwei weitere Sieger: den SV Herschfeld (vier Mal) und den TSV Brendlorenzen, der im Endspiel 1984 gegen die Sportfreunde Bad Neustadt mit 4:2 gewann.
Doch auch die beiden kleinen Vereine aus Lebenhan und Löhrieth waren stets eine Bereicherung für das Turnier und sorgten zudem für die eine oder andere Überraschung. „Für uns als kleinen Verein war es natürlich spannend und etwas Besonderes, gegen die Großen zu spielen“, sagt Bernhard Rösch. Er hütete in den 1980er Jahren das Tor der DJK Lebenhan und spielte u. a. zusammen mit Norbert Peschke und Landrat Thomas Habermann in einem Team.
Besonders gern erinnert sich Rösch an die erste Stadtmeisterschaft, als die Lebenhaner im Spiel um Platz drei den VfL Bad Neustadt mit 3:2 bezwangen. „Das war natürlich grandios und die Feier im Anschluss entsprechend ausgelassen“, sagt Rösch. Auch in die Herzen der Zuschauer hatten sich die Lebenhaner anscheinend gespielt. „Beim Verlesen der Platzierungen erntete insbesondere die DJK Lebenhan viel Beifall, die sich im Laufe der letzten Tage viele Sympathien erworben hat“, heißt es im Bericht der Rhön- u. Saalepost vom 11. Juni 1980.
In Lebenhan messen sich die starken Männer beim Steinheben
Für Aufsehen sorgten die Lebenhaner auch im Jahr 1985, als sie erstmals die Stadtmeisterschaft ausrichteten. „Trotz des miserablen Wetters kamen sehr viele Zuschauer. Nach dem Turnier mussten wir aber sogar unseren Platz reparieren. Dabei wurden wir sogar von der Stadt Bad Neustadt finanziell unterstützt“, sagt Rösch. Abseits des Spielfeldes hatten die Lebenhaner im Festzelt eine neue Attraktion im Programm: den Steinhebe-Wettbewerb. Von einem Podest aus galt es einen 450 Pfund schweren Betonquater möglichst weit anzuheben. Unter dem Jubel der vielen Gäste im Zelt ging der Sieg an den Wollbacher Thomas Manger. Für die drei Letztplatzierten gab es jeweils ein Brötchen, damit sie wieder zu Kräften kommen.
Während sich die Stadtmeisterschaften in den ersten Jahren noch großer Beliebtheit erfreute, ließ ab Mitte der 1990er Jahre das Interesse bei den Vereinen und den Zuschauern allmählich nach. 1992 fiel sie erstmals aus und auch in den Jahren 1994, 1997 und 1999 fand sich kein Ausrichter. „Die Stadtmeisterschaft wurde in der Regel nach der normalen Punkterunde ausgetragen. Irgendwann waren die Spieler aber satt und hatten nach einer langen Saison auch nicht mehr die Lust, auf ein solches Turnier“, sagt Rudi Pretscher. Er streifte sich bei der Stadtmeisterschaft 2000 als Trainer des SV Herschfeld selbst noch einmal das Trikot über. Die DJK Löhrieth war zu diesem Zeitpunkt bereits von der Fußball-Landkarte verschwunden. Deshalb wurde das Turnier erstmals mit nur sechs Teams ausgetragen.
Acht Jahre dauerte es, ehe im Jahr 2008 erneut eine Stadtmeisterschaft ausgetragen wurde. Da mittlerweile auch die DJK Lebenhan kein Team mehr stellte und die Sportfreunde Bad Neustadt mit dem VfL fusioniert hatten, hatte sich das Teilnehmerfeld weiter dezimiert. Bei der bis heute letzten ausgetragenen Stadtmeisterschaft 2010 waren es dann sogar nur noch drei Teams. Während die DJK Mühlbach in der Relegation vergebens um den Klassenerhalt in der A-Klasse kämpfte, ermittelten der VfL Spfr. Bad Neustadt, der TSV Brendlorenzen und der SV Herschfeld in einer „Blitz-Meisterschaft“ (Jeder gegen Jeden; Spielzeit 2x20 Minuten) den bis heute letzten Stadtmeister.
Lediglich der SV Herschfeld ist noch eigenständig
Zehn Jahre später hat sich die Situation weiter zugespitzt. Von den einst sieben Mannschaften ist lediglich der SV Herschfeld übrig geblieben. Alle anderen haben sich aufgelöst oder sind Spielgemeinschaften mit Vereinen außerhalb des Stadtgebiets eingegangen. Die Mühlbacher spielen mittlerweile zusammen mit der DJK Salz und die Brendlorenzener mit der DJK Windshausen. Selbst der einst große VfL Sportfreunde Bad Neustadt musste sich vor dieser Saison einen Partner suchen und hat sich dem SV Burgwallbach angeschlossen. Daher wird die Stadtmeisterschaft in seiner ursprünglichen Form auf absehbare Zeit Geschichte bleiben.
Die Endspiele der Stadtmeisterschaft
1980: SV Herschfeld – Spfr. Bad Neustadt 5:4 n. E.
1981: VfL Bad Neustadt – DJK Mühlbach 5:0
1982: SV Herschfeld – DJK Lebenhan 2:0
1983: TSV Brendlorenzen – Spfr. Bad Neustadt 4:2
1984: VfL Bad Neustadt – DJK Mühlbach 4:0
1985: VfL Bad Neustadt – DJK Mühlbach 3:1
1986: VfL Bad Neustadt – DJK Mühlbach 4:1
1987: VfL Bad Neustadt – DJK Mühlbach 3:2 n. V.
1988: VfL Bad Neustadt – SV Herschfeld 4:0
1989: SV Herschfeld – VfL Bad Neustadt 2:0
1990: SV Herschfeld – DJK Mühlbach 2:0
1991: VfL Bad Neustadt – Spfr. Bad Neustadt 3:1
1993: VfL Bad Neustadt – SV Herschfeld 4:1
1995: VfL Bad Neustadt – Spfr. Bad Neustadt 6:5 n. E.
1996: VfL Bad Neustadt – Spfr. Bad Neustadt 4:0
1998: VfL Bad Neustadt – SV Herschfeld 3:0
2000: VfL Bad Neustadt – Spfr. Bad Neustadt 4:2
2008: VfL Spfr. Bad Neustadt – SV Herschfeld 3:2
2010: Turnier im Modus „Jeder gegen Jeden“; Sieger: VfL Spfr. Bad Neustadt.