Das Spitzenspiel der Bayernliga Nord zwischen dem TSV Aubstadt und dem SV Seligenporten hat wenigstens im Nachhinein das Attribut Spitzenspiel und wesentlich mehr Zuschauer als die 230 zahlenden verdient. Was diese beiden Teams, bei in der zweiten Halbzeit widrigsten Witterungsbedingungen, zu bieten hatten, war ein über 95 Minuten intensiv geführtes Fußballspiel auf hohem spielerischen und noch höherem kämpferischem Niveau, das die Gastgeber mit 3:1 (2:0) gewannen.
Dazu beigetragen hatten wohlgemerkt beide Mannschaften und die souveräne Schiedsrichterin Sabine Stadler aus Fulda, die ein Paradebeispiel dafür lieferte, wie Spielleiter sich ohne Autoritätsverlust zurücknehmen können und die Übersicht behalten, wenn das Spiel zum Kampf mutiert und die allgemeine Hektik die Grenzen der Fairness abtastet. 1:3 gelbe Karten, ein Klacks in einem hoch-intensiven Spiel.
Motivierte Gäste
Was Seligenporten betrifft: Wahrscheinlich der stärkste Gegner zusammen mit Gebenbach, der sich diese Runde im Schulstadion vorstellte. In höchstem Maße motiviert, trotz 0:2-Rückstands mit großer Moral nie nachlassend und die Aubstädter an den Rand des Unentschiedens zwingend. Und Aubstadt: Mit viel mehr Respekt als sonst in den ersten 20 Minuten gegen bärenstarke Oberpfälzer, sich allmählich ins Spiel hinein findend, am Gegner hoch ziehend und im zweiten und dritten Viertel Spiel und Gegner beherrschend. Um gegen Spielende, als das Unentschieden in der Luft lag, im Stil einer Spitzenmannschaft mit frischen Leuten wieder die Zügel in die Hand zu nehmen und als das 2:2 drohte, dem Gegner den Knockout zu versetzen.
Aubstadts Defensive gefordert
Bestätigt sahen sich jene Experten, die zuvor mit dem Regionalliga-Absteiger den schwersten Gegner der Rückrunde erwartet hatten. Doch mit der von Josef Francic so geforderten Balance zwischen Flexibilität und Sicherheit sah es zunächst gar nicht gut aus. Drei neuen Spielern (Patrick Kirsten für den verletzten Benkenstein, Markus Thomann und Julian Grell) hatte er nach dem 4:0-Sieg über Erlangen das Vertrauen geschenkt. Und nichts war's, wie sonst daheim, mit einem fulminanten Start des TSV. Abwehr, manchmal Notwehr gegen einen sehr selbstbewussten Gegner waren zunächst gefragt. Dann halfen zwei glückliche Minuten, dem Spiel die Wende zu geben.
Effektive Hausherren
In der 18. Minute rettete David Bauer auf der Linie gegen einen Schuss von Armin Binder. Nur zwei Minuten später machte sich Julian Grell zum ersten Mal ungeheuer wertvoll, eroberte den Ball im Mittelfeld, bediente Martin Thomann und der traf aus spitzem Winkel zum 1:0. Jetzt schafften es die Hausherren, die Gäste weit genug vom eigenen Tor fern zu halten und nicht mehr nur fürs Absichern zu investieren. Martin Thomanns Schuss knapp über den Balken (35.) wäre schon das 2:0 wert gewesen, Daniel Leichts überraschende 1:1-Chance gegen SV-Keeper Dachs ebenso. Als es dann wirklich fiel, war Grell wieder der Initiator, erhakelte sich den Ball im Mittelfeld, steckte zu Ingo Feser durch. Dessen Schuss knallte an die Latte und zurück zu Michael Dellinger, der goldrichtig stand – 2:0. In diesem Abschnitt setzte sich die spielerische Klasse mit hoher Qualität und Effektivität durch.
Aber als die Mannschaften aus der Kabine kamen, war die Sonne weg, der Wind, von Starkregen begleitet, zum mittleren Sturm gewachsen. Ungemütlicher geht Fußball nicht. Mit heftiger Windunterstützung schlugen die Gäste nun eine noch höhere Schlagzahl an, nötigten allen elf Aubstädtern Schwerstarbeit ab und hatten zunächst selber Glück, dass David Bauers Schuss (56.) von einem Verteidigerbein nicht ins Tor, sondern ans Außennetz abgefälscht wurde. Vier Minuten später war es dann aber so weit: Ein langer Ball setzte vor der Aubstädter Kette auf, sprang über sie hinweg, Mergim Bajrami durch sie hindurch und ließ Mack keine Chance – 2:1 und noch eine halbe Stunde zu spielen.
Frischer Wind von der Bank
Der zu erwartende Überfall folgte auf dem Fuß, aber auch die Wechselspieler von der Hausherren-Bank – der schon oft entscheidende Joker in dieser Saison. Michael Kraus und die Schmidt-Zwillinge brachten genau das, was Francic und Dinudis von ihnen erwarten: Körperliche Frische, ein Plus an Dynamik, Frechheit und unter Beteiligung dieses Trios die Vorbereitung zum Knockout durch Martin Thomanns 3:1 (88.). „Das war Kampf und Charakter pur“, schrie Francic überglücklich in den Spielerkreis hinein. Da war der Gästecoach Hendrik Baumgart längst geflüchtet, ließ sich vertreten durch Spielführer Marco Janz: „Wir haben ein sehr ordentliches Spiel abgeliefert, uns leider nicht dafür belohnt.“
Die Statistik des Spiels
Fußball: Bayernliga Nord TSV Aubstadt –
SV Seligenporten 3:1 (2:0)
Aubstadt: Mack – Bauer, Köttler, Kirsten, Grader – Leicht, Feser – Dellinger (70. Kraus), Martin Thomann, Markus Thomann (79. Behr) – Grell (73. Chr. Schmidt).
Seligenporten: Dachs – Moos, Janz (46. Zander), Knorr, Bauer (79. Petrakis), Bajrami, Olschewski, Ekern (76. Katidis), Selmani, Ott, Binder.
Schiedsrichterin: Stadler (Fulda). Zuschauer: 230. Tore: 1:0 Martin Thomann (20.), 2:0 Dellinger (40.), 2:1 Bajrami (60.), 3:1 Martin Thomann (88.).