Die Erinnerungen an die Hochzeit des TSV Irmelshausen sind, wie es ein Transparent am Sportplatz zeigt, verblasst. In der Saison 1999/2000 wurde der Klub Kreisligameister, stieg in die Bezirksliga auf, aber nach einem Jahr wieder ab. „Wir sind zu spät aufgestiegen“, hieß es damals. Eine gute Generation war halt doch in die Jahre gekommen. Von der Mannschaft ist niemand mehr übrig. Der Neuaufbau ging stolpernd und stockend. Dem Abstieg folgte der Abstieg aus der Kreisliga, dann aus der Kreisklasse.
Heute einen aktuellen Spieler nach seinem größten sportlichen Erfolg, dem schönsten Erlebnis zu fragen, heißt, Zeit zum Nachdenken geben und lange auf eine Antwort warten müssen. André Guthardt ist von Beruf Mittelschullehrer und eine der tragenden Säulen, die unter der Last nicht zerbrochen sind, aber gern erfolgreicher gewesen wären. Der in Rappershausen geborene und aufgewachsene 28-Jährige spielte in seiner Jugendzeit in Mellrichstadt beim TSV, dann in der 1. JFG Rhön und dann drei Jahre in der ersten und zweiten Mannschaft unter den Trainern Uli Glöggler und Friedel Bürger in der Bezirksliga und Kreisliga.
Als dort die Mannschaft auseinanderfiel, wechselte er 2006 ein paar Dörfer weiter östlich zum TSV Irmelshausen hinüber, landete in der Kreisklasse. „Größter sportlicher Erfolg?“, fragt er noch mal zurück, als ob diese Frage gar nicht ernst gemeint sein könne. „Das war unsere Teilnahme an der Relegation zum Aufstieg in die Kreisliga in Wargolshausen gegen Burglauer, damals noch mit Jan Schneider. Unser Trainer war ein Burgläurer, Christian Benkert. Wir haben 2:5 verloren und das war zugleich auch meine größte Enttäuschung.“ Natürlich findet man sich auch damit ab, A-Klasse zu spielen. Doch dieses eine Ziel hat André Guthardt schon noch: „Irgendwann möchte ich wenigstens wieder mal in die Kreisklasse aufsteigen. Dieses Jahr wird es wahrscheinlich noch nichts. Aber wir haben jetzt eine junge, hungrige und entwicklungsfähige Mannschaft, die das einmal schaffen könnte.“ Der Anfang ist gemacht. Das erste Spiel wurde letzten Sonntag in Mellrichstadt mit 5:0 gewonnen. Am Freitagabend geht es daheim gegen Heustreu.
Ansagen mit Inhalt
André Guthardt ist beruflich, privat und auf dem Fußballplatz einer der ruhigeren Sorte. Wären alle wie er, ginge es in den Klassenzimmern und auf den Fußballplätzen sehr ruhig, überlegt und ehrlich zu. In der Schule, heißt es, gelinge es ihm immer wieder, dass eine lebhafte Klasse allmählich seine Lautstärke übernimmt, etliche Schüler sich auch von seiner bescheidenen, bodenständigen Art etwas abgucken. Auf dem Fußballplatz geht das nicht so sehr, obwohl er auch da innerhalb der Mannschaft der ist, auf den man hört, dessen Ansagen Inhalt haben, der letztlich ausgleichend wirkt und das Spielfeld nicht als Kampfplatz sieht. Einer wie er ist natürlich Spielführer, war es zumindest, bis er die Binde an einen Joachim Dürbeck abgab, der ein Jahr älter ist und Erfahrung aus der Landesliga, Bezirksoberliga, Bezirksliga und Kreisliga in Aubstadt und Herbstadt mitbringt.
Einer wie André Guthardt, zuverlässig, intelligent, mit vorausschauender Übersicht und hoher Akzeptanz bei allen, ist natürlich auch Libero. „Nein, die Kette spielen wir noch nicht, wird wohl mal nötig sein.“ Verheiratet ist er seit diesen Mai mit Kerstin, Irmelshäuserin, Erzieherin, wohnt inzwischen auch in Irmelshausen. Hobbys? „Außer Fußball keine.“ Die sind ihm die letzten Jahre vergangen, als es erst an der Uni, dann als Junglehrer immer wieder Prüfungen zu bestehen, Notendurchschnitte zu erreichen galt. Und jetzt ist ein anderes Problem dazu gekommen.
Mainaschaff statt Mellrichstadt
Nach seiner Junglehrerzeit an der Bad Königshöfer Mittelschule und einem Einsatzjahr in Mellrichstadt wurde er ab September nach Mainaschaff an den Untermain versetzt. „Zum Glück nicht Oberbayern, wie so viele“, sieht er auch hier etwas Positives, „es hätte schlimmer kommen können.“ Mit dem Fußball wird es jetzt nicht einfacher für ihn. Trainieren kann er nur freitags, wenn er in den Milzgrund zurück kommt, zum angenehmeren Teil seiner Wochenend-Ehe. Sein Lieblingsverein ist Bayern München. Passt eigentlich gar nicht so sehr zu ihm. Ein Wellenreiter ist André Guthardt nicht. „Das hat sich halt so ergeben. Das war sogar, ich erinnere mich, 1992, als Werder Bremen Meister geworden ist. Nein, da waren sie nicht so oben wie jetzt.“ Na also.
Was gefällt ihm am TSV Irmelshausen so gut, dass seine Treue trotz des Abstiegs in die A-Klasse größer ist als damals zu Mellrichstadt? „Der Verein ist sehr gut geführt. Wir haben gute Bedingungen. Es passt einfach alles. Die Spieler kommen alle aus den Gemeindeteilen Irmelshausen, Höchheim und Rothhausen. Wir sind vier ältere Spieler, Thomas Wimmer, 28, Florian Ledermann, 28, ich 28 und Jo Dürbeck, 29. Um uns herum lauter junge Kerle um die 20 oder noch jünger.“ Was kann er selber besonders in die Mannschaft einbringen: „Ich denke, eine gute Übersicht, Ruhe, Pass- und Ballsicherheit.“ Schwächen: „Mit 1,75 das Kopfballspiel. Und an der Antrittsschnelligkeit fehlt es etwas.“ Rote Karten keine, oder? „Doch, eine, vor etlichen Jahren. Die war aber unberechtigt.“ André Guthardts Ansprüche für die Zukunft sind gar nicht so hoch: „Gesund bleiben, mit dem TSV noch mal aufsteigen und beruflich baldmöglichst wieder zurück in die Heimat.“