Seit Samstagnachmittag kurz vor 16 Uhr steht es fest: Der TSV Aubstadt ist Meister der Fußball-Bayernliga Nord und Aufsteiger in die vierthöchste Liga, die Regionalliga, von der es fünf in Deutschland gibt. Natürlich steht das 750-Einwohner-Dorf im Grabfeld Kopf und wird sich etwas einfallen lassen, wie es diesen für die Gemeinde historischen Erfolg feiern kann.
Wahres Gesicht gezeigt
Zeit genug dazu war ja schon lange genug. Acht Spieltage der vorherigen 32 war die Mannschaft von Trainer Josef Francic in der Lauerposition 3, elf Mal Zweiter und zwölf Mal Erster. Nur ein Mal, am siebten Spieltag, Fünfter. Die ebenbürtige DJK Gebenbach wäre auch kein unverdienter Meister gewesen, hatte vom 22. bis 29. Spieltag die Nase vorn, aber in der entscheidenden Phase die Nerven weniger im Griff. Für den TSV drohte es zum dritten Mal der Relegationsplatz zu werden: Nach den Niederlagen gegen die Würzburger Kickers II, in Hof und dem Unentschieden in Erlangen-Bruck. Dann zeigte die Mannschaft ihr wahres Gesicht wieder und gewann drei Spiele (Ansbach, Ammerthal, Bamberg) in Serie, während Gebenbach die Luft ausging.
„Keiner blickte durch“
Während des Spiels, so hatte man vereinbart, wollte man die Spieler nicht von den Spielständen von Gebenbach gegen Seligenporten informieren. Es wäre einem Konfrontieren und Irritieren gleich gekommen. In Gebenbach ging es nämlich hin und her: von 2:0 über 2:2 und 3:2 - das 3:3 und 3:4 in der 85. und 87. Minute. „Ganz am Schluss haben wir auf der Bank etwas mitbekommen, was dort lief. Es blickte aber keiner durch, weil es hin und her ging“, bekannte der TSV-Kapitän Julian Grell, der für die letzten 14 Minuten von Christoph Schmidt abgelöst worden war. „Drinnen hast du für so was schon gar kein Ohr. Da bist du so auf deine Aufgabe fokussiert, dass du es vielleicht hörst, aber in der Konsequenz nicht verarbeiten kannst.“ Schlimm sei es erst gewesen, als in Bamberg Schluss war und in Gebenbach noch gespielt wurde. Das konnte schlechtestenfalls bedeuten: Noch nicht Meister, aber alles selber in der Hand.
Die Nerven der Akteure auf dem Platz spielten eine mindestens so große Rolle wie Taktik und Kondition. Solche Tage sind der Ausnahmezustand im Kopf eines Fußballers. Und des Trainers. TSV-Coach Josef Francic bekannte, „dass ich noch nie in meinem Sportlerleben solche Anspannung und solchen Druck verspürt habe. Da läuft dir immer wieder, wenn du denkst einschlafen zu können, der Saisonverlauf durch den Kopf. Wenn es rum ist, kriegst du erst mal die Gänsehaut und verstehst das noch nicht wirklich. Ich musste erst einmal ein Viertelstunde lang flennen, einfach flennen. Wie ein kleines Kind.“
Sicherungsmaßnahmen greifen
Vom rein sportlichen und fußballästhetischen Wert her war dieses Spiel kein Ausnahmespiel. Oder doch: Der Ausnahmezustand der Nerven war vielen holprigen und ungenauen Spielzügen anzumerken. Es ging nur darum, keinen Fehler zu machen, der dem Gegner in die Karten spielt und ihn in Führung gehen lässt. Von daher hat die Mannschaft ihre Reifeprüfung bestanden, ist dem Fegefeuer entkommen. Auf der Defensivbaustelle hatten alle Sicherungsmaßnahmen gegriffen, war alles unter Kontrolle. Bester Beweis Torhüter Christian Macks lapidare Beantwortung der elementaren Frage, ob er wieder Vater des Siegs gewesen sei: „Ich hab doch nur einen Ball drauf gekriegt.“
Nicht nur statistisch, vom Namen des Torschützen her, wichtig war, dass Jens Trunk wieder einmal im (vor-)entscheidenden Saisonspiel, nach einer Knie-Verletzung in Hof, erstmals wieder dabei dabei war. Er erzielte in der 31. Minute das 1:0 für seine Mannschaft. Was natürlich noch keinesfalls Entspannung bescherte, aber doch einen gewissen Bonus im Hinterkopf. Nach eigener Führung hatte Aubstadt in dieser Saison nur ein Mal verloren, ein Mal unentschieden gespielt. Das Bollwerk, die mit Abstand beste Abwehr (27) der Liga, stand. Die Offensive, die zweitbeste (78, Gebenbach 80) spielte das Motto mit: Angriff ist die beste Verteidigung. Schließlich hatte man ja da noch den Bayernliga-Toptorjäger Martin Thomann dabei, der zumindest viel DJK-Aufmerksamkeitsenergie band.
Party bis früh am Morgen
Dass man kräftig zur Sache ging von beiden Seiten, belegen die vier gelben Karten für Aubstadt, die drei gelben und eine rote für Bamberg. Erst mit dem Elmeter (Grell: „Kann man geben, muss man nicht“) von Ingo Feser (88.) ging das Ventil der Emotionen auf. Der Feiermarathon konnte nach dem Schlusspfiff in Gebenbach beginnen und wurde am frühen Sonntagmorgen im Container in Aubstadt vorübergehend unterbrochen.
Bamberg: Glos – Kettler, Müller, Niersberger, Spies (62. Trawally), Allgaier, Hümmer, Wunder, Rosiwal, Haaf, Hoffmann. Aubstadt: Mack – Bauer, Köttler, Benkenstein, Feser – Trunk (90. Kleinhenz), Behr – Dellinger, Martin Thomann, Kraus, (46. Leicht) – Grell (76. Chr. Schmidt). Schiedsrichter: Demlehner (Eggenfelden). Zuschauer: 305. Tore: 0:1 Trunk (31.), 0:2 Feser (88., Foulelfmeter). Rot: Wunder (78., Bamberg, Tätlichkeit).