So zuversichtlich und selbstbewusst wie diesmal war der Fußball-Regionalligist TSV Aubstadt nur selten in ein Pokalspiel gegen einen höherklassigen Gegner gegangen. Es hatte ja auch einiges dafür gesprochen, dass bei entsprechender Spielentwicklung eine Überraschung gegen den Drittligisten Würzburger Kickers in der Luft liegen könnte. Dennoch war der aufmüpfige Underdog am Ende draußen aus dem lukrativen und auch sportlich reizvollen Toto-Pokal-Wettbewerb und der Pokalverteidiger war – völlig verdient – nach seinem 3:1-(2:0)-Erfolg im Achtelfinale eine Runde weiter. Es fehlte nämlich nicht nur einiges, es lief auch einiges anders als geplant.
Pause für Feser
„Wer nicht topfit ist, spielt nicht“, war die Devise von TSV-Trainer Josef Francic. Was zumindest beim zweiten Überdenken auf die Vorrangigkeit des Spiels am Samstag (16 Uhr) in der Liga um Punkte gegen den 1. FC Nürnberg II hindeutet. Beim ersten darauf, dass er ein fundamentales Vertrauen in alle Spieler seines Kaders hat. Der sechsfache Torschütze Ingo Feser fehlte deshalb ganz. Er absolvierte nach dem Spiel eine vorsichtige Trainingseinheit zusammen mit Assistenztrainer Julian Grell und einigen nicht eingesetzten Spielern.
Wochenlang an den Grenzen
Dass Timo Pitter und Christopher Bieber im Paket erst in der 56. Minute ins Spiel kamen, dürfte Folge taktischer Überlegungen gewesen sein. „Wir sind jetzt wochenlang in jedem Spiel an unsere Grenzen oder sogar darüber hinaus gegangen und da ist es ganz normal, dass der Trainer durchwechselt und jedem eine Chance gibt“, sagte Ex-Kicker Bieber, den es freilich freute, „dass ich noch ein paar Minuten mitspielen durfte“.
Pfeiffer hält nur den Fuß hin
Dennoch: Die erste halbe Stunde bekamen die zahlenden 1350 Zuschauer ein Spiel zu sehen, in dem nicht auf Anhieb das Wer-ist-wer zu klären, der Höherklassige zu identifizieren war. Allein auf Torchancen bezogen, fielen deshalb die beiden Treffer eher aus dem Nichts heraus. Dann traten die Würzburger aus Zuschauersicht in die Rolle des Spielverderbers, genauer gesagt Luca Pfeiffer, vorher VfL Osnabrück, mit den ersten zwei seiner drei Treffer. Er bekam den Doppelpack (30., 36.) von Kaufmann bzw. Ronstadt wie auf dem Silbertablett serviert, musste nur noch sicher den Fuß hinhalten, aber eben exakt da sein und ungedeckt zudem.
Zu leicht gemacht
Das ging zu schnell für die TSV-Abwehr. Das waren die ersten Momente, in denen die Aubstädter erstmals ihrem rasanten Aufstieg Tribut zollen mussten. Immerhin spielten sie im Mai noch gegen Sand in der Bayernliga, seit Juli erst in der Regionalliga. Und kaum ist der Gewöhnungsprozess im Gang, ging es gegen dieses Tempo, die Dynamik und Kombinationssicherheit von Vollprofis aus der 3. Liga. So leicht, wie man Kaufmann und Ronstadt von rechts in den Strafraum hinein spazieren ließ, macht es die TSV-Abwehr den Regionalligisten schon nicht mehr.
Francic: „Ball mal wegschlagen“
„Ein bisschen Angst bestraft der Gegner gleich, so wie bei den ersten zwei Toren. Da müssen wir auch mal einfach den Ball wegschlagen“, sagte Josef Francic. Sein Gegenüber, Michael Schiele, war freilich zufrieden: „Wir haben von der ersten Minute an den Druck von zwei Niederlagen in der Liga aufgenommen. In der ersten Halbzeit haben wir gar nichts zugelassen und unsere zwei Chancen eiskalt genutzt.“
Schmidt verfehlt das Anschlusstor
Was aber für die Aubstädter spricht: Sie fielen jetzt nicht in sich zusammen, sondern trachteten danach, erst mal ungeschoren in die Pause zu kommen. Und beinahe hätten sie in der 46. Minute den Schlüssel für ein spannenderes Spiel doch gefunden. „Wenn nach der Halbzeit der Anschlusstreffer gefallen wäre, hätte das zu unserer derzeitigen Lage gepasst“, war Schiele froh, dass es nicht so kam. Der auffälligste Aubstädter, Martin Thomann, trieb den Ball von links in den Strafraum und legte für Christoph Schmidt auf. Dessen Feinmotorik hätte noch einen Tick feiner sein müssen, um den Ball aus etwa zwei Metern zu kontrollieren und über die Linie zu bringen. Auch Michael Dellinger scheiterte mit dem zweiten Versuch an Hägele auf der Linie. „Das hätte ich sehen mögen, wie sie dann reagiert hätten“, trauerte Francic dieser Gelegenheit zum Anschlusstreffer nach.
Aubstadt im Aufwind
Doch in Wirklichkeit trauerte er nicht lange, sondern setzte voll auf Offensive, brachte Pitter und Bieber für Kraus und Schmidt, später auch noch Schebak für Grader und stellte auf Dreierkette und zwei Spitzen um. Für vielleicht zehn Minuten fand Aubstadt die physische Kraft und mentale Thermik für neuen Aufwind. Doch die Kickers zogen das Spiel wieder an sich und machten das 0:3 durch Luca Pfeiffer, das ihnen die nötige Ruhe gab. Noch einmal keimten zehn Minuten Hoffnung, als Martin Thomann einen 18-Meter-Freistoß ins Torwarteck gezirkelt hatte zum 1:3. „Für einen Keeper ist es schwierig, wenn ich so einen Freistoß aus 18 Metern gut treffe“, sagte Thomann. Der Rest war dann aber pure Routine.
Gute Vorbereitung auf Samstag
Gewiss haben die Aubstädter in den letzten sieben Wochen schon mitreißendere Spiele gezeigt. Aber das Pferd Würzburger Kickers sprang eben mal so hoch, wie es musste, während für den TSV Aubstadt die Hürde einen Tick zu hoch war. Groß war hinterher unter den Zuschauern die Bandbreite, die von ein bisschen Enttäuschung bis zu großem Respekt reichte. Josef Francic sah es so: „Manche Phasen war das eine sehr gute Spielanlage, in manchen hat man den Unterschied gesehen. Ich glaube, dass das eine gute Vorbereitung war auf Nürnberg II am Samstag. Wir haben gesehen, was noch fehlt, aber auch, dass die zweite Halbzeit voll in Ordnung war.“
Die Statistik des Spiels
Fußball, Totopokal-Achtelfinale
TSV Aubstadt –
Würzburger Kickers 1:3 (0:2)
Aubstadt: Purtscher – Behr, Benkenstein, Köttler, Grader (78. Schebak) – Müller – Dellinger, Kraus (56. Pitter), Trunk, Thomann – Schmidt (56. Bieber).
Würzburg: Müller – Ronstadt, Hägele, Schuppan, Herrmann – Sontheimer (65. Rhein), Gnaase – Kaufmann (90. Hansen), Vrenezi, Widemann (81. Hemmerich) – Pfeiffer.
Schiedsrichter: Hanslbauer (Altenberg).
Zuschauer: 1350
Tore: 0:1 Pfeiffer (30.), 0:2 Pfeiffer (36.), 0:3 Pfeiffer (62.), 1:3 Thomann (67.).