Nach dem Shutdown wird das öffentliche Leben in Teilen wieder hochgefahren, einzelne Geschäfte dürfen wieder öffnen. Ähnliches könnte für den Sport gelten. Denn: Die Bundesländer wollen nach und nach den Trainingsbetrieb im Freizeit- und Breitensport wieder ermöglichen. In einer Sonderkonferenz legten die Sportminister einen Stufenplan vor. Erst soll Training wieder möglich sein, später der Spielbetrieb. Ein genauer Termin wurde aber nicht genannt. Klar ist: Auf Zuschauer müsste noch verzichtet werden und Kontakt- und Mannschaftssportarten müssten sich gedulden. Einzel- und Freiluftsportarten könnten unter Auflagen aber bald wieder loslegen. Wir haben uns bei einigen Sportarten umgehört.
Leichtathletik
In dieser für alle Menschen so schwierigen Situation vernünftige Rahmenbedingungen zu definieren, ist für Paul Fella schwierig. „Auch wenn wir Leichtathleten die Abstandsregelungen relativ einfach einhalten können und nicht unbedingt auf Umkleidekabinen oder Duschen angewiesen sind. Problematisch ist im Moment eher, dass Gemeinden und Kommunen die Sportstätten ja erst wieder freigeben müssen“, sagt der stellvertretende Bezirksvorsitzende. Der Hammelburger findet, dass man das Gesamte im Blick haben muss und hinsichtlich der Nutzung von Sportstätten keine Ungerechtigkeiten auftreten dürfen. „Ich hatte ja auf erste Sportveranstaltungen nach Pfingsten gehofft, aber diesbezüglich schaut es aktuell eher schlecht aus.“ Scheint so, als müssten die Leichtathleten ihre „Hausaufgaben“ weiter auf kreative Art und Weise individuell lösen.
Tennis
„Wenn es nach mir ginge, würde ich sofort loslegen. Allerdings weiß doch keiner so richtig Bescheid, was man darf und was nicht“, sagt Jörg Dotzel. Der Bezirkssportwart für Unterfranken weiß aber, „dass der Verbandsausschuss samt Präsidium in Aussicht gestellt hat, ab dem 11. Mai auf den Tennisplatz gehen zu können.“ Die Medenrunde soll am 8. Juni starten. Die zuvor angesetzten Spieltage werden hinten angehängt, sodass die Saison sich bis tief in den August hinein ziehen kann. Sollten die Doppel aufgrund der Abstand-Regelungen gestrichen werden, müssten die Wettspielbestimmungen geändert werden. Ansonsten „droht“ eine Runde mit Hobby-Charakter, ohne Auf- und Absteiger. „So ein Vorschlag ist für mich inakzeptabel. Ich fahre doch nicht zum Teil mehrere hundert Kilometer einfach nur zum Spaß“, sagt der selbst noch aktiv spielende Maßbacher.
Tischtennis
Für Heiko Menzel ist die Sache klar. „Alle Überlegungen machen erst dann Sinn, wenn wir überhaupt erst wieder in die Hallen dürfen“, sagt der Bezirksfachwart (Unterfranken Nord). Ein Spielbetrieb an den Platten ist aktuell nur denkbar, wenn man auf die Austragung der Doppel verzichtet, um die Abstandsregelungen einzuhalten. „Dafür müsste man aber die Wettkampf-Ordnung ändern, wofür der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) einen außerordentlichen Bundestag einberufen müsste. Aktuell ist im Spielsystem nämlich immer das Doppel vorgesehen. Wir in den Bezirken sind letztlich abhängig von den Entscheidungen auf übergeordneter Ebene.“ Sympathie hegt Heiko Menzel für die Idee einer verkürzten Runde, in der die Teams nur einmal gegeneinander spielen, wie dies auch in der Tennis-Medenrunde der Fall ist. „Auch das müsste natürlich rechtlich geregelt werden. Aber wir würden Zeit gewinnen und könnten vielleicht erst im Januar oder Februar 2021 in den Spielbetrieb einsteigen als regulär im September 2020.“
Skepsis bei der 10 Punkteliste
Eher skeptisch sieht der Bad Neustädter die 10-Punkteliste des DTTB, die einen Spielbetrieb unter hohen Hygiene-Auflagen möglich machen soll. „Da ist in meinen Augen viel Aktionismus dabei mit Sachen, die in der Realität kaum umzusetzen sind, weil zum Beispiel die räumlichen Möglichkeiten fehlen. Die Gesundheit geht grundsätzlich vor. Lieber verzichten wir auf eine Saison als unsere Spieler einer Gefahr auszusetzen.“
Schießen
Volker Rühle (Hösbach), Bezirkssportleiter in Unterfranken, ist zuversichtlich, dass die Schützen bald wieder schießen könnten. „Unter Auflagen wäre unser Sport problemlos durchführbar“, sagt Rühle. Zwischen den Schützen sei sowieso ein Meter Platz. Ließe man einen Schießstand frei, lägen zwei Meter Abstand zwischen den Schützen. „Wir würden auch dafür sorgen, dass sich in einem Raum eine reduzierte Anzahl an Personen aufhält“, so Rühle weiter. In einem ersten Schritt soll der Trainingsbetrieb wieder aufgenommen, später die ausgesetzte Saison fortgesetzt werden. Eine Tröpfchenübertragung sei beim Schießen nicht zu befürchten. „In unserer Sportart wird nicht geredet und möglichen Schweiß könnte man sofort entfernen.“ Sollte die aktuelle Saison beendet und die neue gestartet werden können, überlege der Verband auch, Mannschaftsstärken zu reduzieren. „Wir könnten Mannschaften nur mit drei Leuten schießen lassen. Das hätte den Vorteil, dass Vereine mit kleineren Schießständen die Wettkämpfe bei sich durchführen könnten.“
Golf
Die Verbandsligen sind für dieses Jahr bayernweit bereits abgesagt, allenfalls sind interne Clubwettbewerbe denkbar – irgendwann. Dennoch ist Christian Keul positiv gestimmt, dass beim GC Bad Kissingen in absehbarer Zeit wieder Golfer ihre Schwünge zeigen dürfen. Was in einigen Bundesländern übrigens bereits der Fall ist. „Und in Österreich darf seit dem 1. Mai wieder gegolft werden. Jetzt hoffen wir, dass Bayern aufgrund der regionalen Nähe nachziehen und die Plätze wieder öffnen darf“, sagt der Clubmanager des GC Bad Kissingen. Die vom deutschen Golfverband aufgestellten Leitlinien und Leitfäden zur Organisation des Spielbetriebs wurden an der Saale bereits umgesetzt. „Der Platz ist in einem Top-Zustand. Jetzt brauchen wir nur noch das OK der Landesregierung“, sagt Christian Keul, der bei einem Anlaufen des Spielbetriebs vor allem mit Mitgliedern und Gästen aus der Region rechnet aufgrund der geschlossenen Hotels und damit ausbleibender Touristen. Um Abstandsvorschriften einzuhalten, werden Startzeiten telefonisch oder über eine App festgelegt. Maximal zwei Spieler sollen gemeinsam unterwegs sein, sodass sich auf dem 48 Hektar großen Golfplatz insgesamt nicht mehr als 36 bis 40 Personen bewegen. Geschlossen bleiben vorerst die Gastronomie sowie Umkleidekabinen und Duschen. Im Sekretariat besteht Maskenpflicht. In den Toiletten werden zusätzliche Desinfektionsspender angebracht. Neue Hygiene-Standards gibt es auch auf den Spielbahnen. So bleibt die Fahne künftig im Loch und auch auf das Rechen der Bunker wird verzichtet.
„So viel erlauben wie möglich“
„Derzeit arbeiten wir an einem Konzept für die Freigabe weiterer Sportarten ab circa Anfang Mai“, sagt der bayerische Sportminister Joachim Herrmann. Laufen, Radfahren und Wassersport auf natürlichem Gewässer seien schon wieder möglich, weitere sollen folgen. „Wir wollen den Menschen so viele Sportarten wie möglich erlauben. Dabei werden wir das aktuelle Infektionsgeschehen aber sehr genau im Blick behalten. Im Zweifel geht der Infektionsschutz vor“, so Herrmann.
Die Zwischenbilanz gebe Anlass zur Hoffnung: Nach vollständiger Einstellung des Sportbetriebs und Schließung aller Sportstätten sehen der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und die Landes-Sportbünde Signale, die eine Wiederaufnahme des Sporttreibens in den einzelnen Bundesländern ermöglichen. Dazu gab es bei einer Videokonferenz der 16 Landes-Sportbünde gemeinsam mit dem DOSB ein einstimmiges Votum.
Öffnungen möglich
Prof. Dr. Eckhard Nagel vom Institut für Medizinmanagement und Gesundheitswissenschaften der Universität Bayreuth hält eine Wiederaufnahme des Sportbetriebs für möglich. Allerdings nur in Einzelsportarten und unter den bekannten Auflagen. „Generell geht es ja darum, Abstand zu halten und eine Tröpfcheninfektion zu vermeiden. Insofern gilt im Rahmen des Sports das Gleiche wie bei der Bewegung im öffentlichen Raum“, sagt Nagel. „Kommt man mit Personen zusammen, mit denen man die Wohnung nicht teilt oder keinen engeren sozialen Kontakt hat, muss auch beim Sport beachtet werden, was im öffentlichen Raum gilt. Trainingszentren könnten auch geöffnet werden, wenn diese so besucht werden, dass diese Grundbedingungen eingehalten werden.“
Dass über Sportgeräte Viren übertragen werden, schließt Nagel nahezu aus. „Nach dem heutigen Kenntnisstand können über Flächen keine Viren übertragen werden. Deshalb kann man mit vorsichtiger Sicherheit sagen, dass etwa vom Tennisball keine Gefahr ausgeht. Einen Tischtennisball darf man eben auch nicht in den Mund nehmen.“ Dass sich Menschen über den Schweiß eines anderen anstecken könnten, ist nicht zu erwarten. „Alle Untersuchungen bisher haben keine Hinweise darauf gegeben, dass das Coronavirus über eine sogenannte Schmierinfektion übertragen werden könnte. Und dennoch bleibt es bei den allgemeinen Hygieneregeln: Abstand halten, Hände waschen, nicht mit den Fingern ins Gesicht“, sagt Nagel. (js)