Es war schon eine verrückte Saison 2019/21: gestartet im August 2019, unterbrochen Anfang März 2020, Re-Start Ende September 2020, zweite Unterbrechung Ende Oktober 2020, endgültiger Abbruch Mitte Mai 2021. Es wird – hoffentlich für immer – die einzige Unvollendete sein wie die zehnte Symphonie von Beethoven. Und weil es irgendwie ja aufhören und wieder anfangen muss, gibt es zum Abbruch auch Meister sowie Auf- und Absteiger. Nur: Richtig ärgern können sich viele, die Absteiger und die möglichen Releganten, mit denen ein Aufstieg noch möglich und ein Abstieg zu verhindern gewesen wäre. In der B-Klasse ist dies nicht der Fall. Man nennt sie deshalb auch die Sicherheits-Liga, aus der man nicht absteigen kann.
Ärgern könnte sich höchstens der Tabellenzweite SG Wargolshausen I/Wülfershausen II, der die SpVgg Althausen-Aub eventuell noch hätte abfangen können. Der Frust wird sich in Grenzen halten, immerhin steigt in der B-Klasse auch der Zweite auf. Die SG Trappstadt II/Gabolshausen-Untereßfeld I/Alsleben I (aufgrund der Quotientenregel auf Platz drei) wird hingegen in der B-Klasse verbleiben. Ärgerlich deshalb, weil man nach schwächerem Start so richtig Fahrt aufgenommen und fast alle Gegner an die Wand gespielt hatte. Doch ab Platz zwei steht alles nur im Konjunktiv der Vergangenheit, was möglich hätte sein können. Der Indikativ im Tabellenstand nach dem letzten ausgetragenen Spieltag am 18. Oktober 2020 sagt aus: Meister der B-Klasse Rhön 4 ist die Mannschaft der SpVgg Althausen-Aub, die die Saison bis dahin in ganz überlegener Manier dominiert hatte und bis zur ersten Unterbrechung schon unaufhaltsam enteilt schien.
Zweite Meisterschaft der Vereinsgeschichte
Seit der Vereinsgründung 1964 hatte es die SpVgg ein einziges Mal in der C-Klasse 16 zu Meister-Ehren gebracht, sodass man ein Jahr in der B-Klasse spielen durfte. Und, so erinnern sich einige wenige ältere Jahrgänge heute noch, die "drin geblieben wäre, wenn nicht die abgeschlagenen Sulzdorfer in der Winterpause mit Roland Schneider einen neuen Trainer geholt hätten, mit dem sie uns noch überholten". Schnuppern durfte die SpVgg Althausen-Aub öfter an Meisterschaft und Aufstieg. Letztendlich fehlte in den vergangenen Jahren nicht nur einmal der entscheidende Punch in der Endphase "oder wir verdummten es uns selber durch Niederlagen gegen hintere Mannschaften". Was Spielertrainer Kilian Kuhn schon richtig wehmütig machte. Dabei war er pikanterweise noch nicht einmal auf die Meisterschaft selbst so scharf. Vielmehr wünschte er sich seit ein paar Jahren mit ein bisschen mehr Demut "einen zweiten Platz, um dann in einem denkwürdigen Relegationsspiel vor vielen Zuschauern den Aufstieg zu schaffen".
In dieser Sonder-Saison lief dann aber fast alles wie gewünscht. "Man kann sich's nicht aussuchen", nimmt Kuhn zur Kenntnis, "dass wir zwar nach der ersten Unterbrechung für zwei Spiele noch einmal richtig ins Schleudern geraten, dann aber völlig verdient Meister geworden sind". Wie Recht er hat, bekommt man erst heraus, wenn man diese 21 Monate dauernde Saison noch einmal Revue passieren lässt. 15 Spiele lang hat Kuhns Mannschaft eine Riesen-Saison gespielt. Das einzige Unentschieden (1:1) gab es bereits am ersten Spieltag am 26. Juli 2019, beim späteren Vizemeister SG Wargolshausen I/Wülfershausen II. Danach folgte eine unglaubliche Serie von 14 Siegen hintereinander. Der letzte gelang am 15. Spieltag mit 3:1 gegen den TSV Rothhausen/Thundorf II. Es war aber nicht nur der letzte Sieg dieser Serie, sondern zugleich der letzte Sieg überhaupt in der Meistersaison – am 10. November 2019.
Nach der langen Unterbrechung richtig ins Schleudern geraten
Wer hätte damals gedacht, dass man 18 Monate lang kein Spiel mehr gewinnt und dann nach § 93 der Spielordnung des Bayerischen Fußball-Verbands zum Meister erklärt wird. Es gab allerdings auch nur noch zwei Spiele, beide wurden mit 2:3 verloren: beim FV Rannungen/Pfändhausen/Holzhausen III und gegen den FC WMP Lauertal III, den man im Hinspiel auswärts noch mit 5:1 bezwungen hatte. Nach zwölfmonatiger Wettkampfpause kam Kuhns Mannschaft schlecht aus den Startlöchern. "Wir haben nicht schlechter gespielt als in den 14 gewonnenen Spielen davor, aber nichts rein gebracht und hinten drei dumme Tore gefangen." Ein Spiel wurde abgesagt, das erste nach dem Re-Start, vor diesen zwei Niederlagen. Wäre das auch verloren worden, wäre nach der Quotientenregel am Ende um drei Hundertstel alles umsonst gewesen. Kilian Kuhn mit einem Schuss Genugtuung: "Zum Glück wurde es vom späteren Tabellenzweiten Wargolshausen I/Wülfershausen II selbst abgesagt."
Nein, die Althäuser und Auber müssen sich überhaupt nicht entschuldigen für diese Meisterschaft. Sie waren nach Punkten die Besten (43 aus 17 Spielen) und nach der Quotientenregel (2,43) ebenso, haben mit 81 Toren die meisten geschossen und waren nach der Tordifferenz (+61) um eine Klasse besser als die SG Wargolshausen (+42) und die SG Trappstadt II (+41).
Gründe für den Erfolg: Kaum Verletzte und ein toller Teamgeist
Gibt es spezielle Gründe, weshalb es diesmal zur Meisterschaft gereicht hat? "Nichts Besonderes. Wir haben im Grund mit derselben Mannschaft gespielt wie davor. Im Gegensatz zu sonst hatten wir fast überhaupt keine Verletzungen zu beklagen, jedenfalls keine langwierigen. Wir hatten einen sehr kleinen Kader, aber die 15 Mann standen bis zur Unterbrechung fast immer zur Verfügung", erklärt Kuhn. Der Teamgeist sei ja schon immer gut gewesen, diesmal habe es die Mannschaft aber auch auf den Platz gebracht. "Vom System her haben wir nur Kleinigkeiten verändert, ein bisschen offensiver. Verletzungsfrei und Zusammenhalt, das waren die Garanten für den Erfolg. Dazu gut gestartet und in einen Flow hinein gespielt, wie das halt so ist."
Kilian Kuhn hatte viel Freude, mit dieser Mannschaft zu trainieren und zu spielen. "Eine echt harmonische Einheit, ausgeglichen besetzt von hinten bis vorne. Wir wären zwar lieber auf dem Platz ganz normal Meister geworden, konnten es aber nicht beeinflussen. Wir haben wirklich eine sehr gute Saison gespielt, fast alle Spiele deutlich gewonnen." Gegen die SpVgg Sulzdorf/Bundorf II sogar mit 15:0. Die erfolgreichsten Torschützen waren Philip Ruck (26), Kilian Kuhn (17) und Johannes Arrighy (9). Weil außer diesen noch 29 weitere Tore erzielt wurden, ist davon auszugehen, dass fast die ganze Mannschaft an den 81 Treffern beteiligt gewesen sein muss. 4,76 Tore pro Spiel geschossen und 1,17 bekommen. Kuhn hakt nach: "Ohne die zwei Niederlagen wären es 0,93 gewesen. Da muss man zufrieden sein und wir sind es auch."
Wenn ein Sportverein wie dieser am Fuß der Sambachsteige so lange auf eine Meisterschaft warten muss, dann "hätten wir das natürlich gerne anders gefeiert", bedauert Kilian Kuhn, ist sich aber sicher: "Wir werden, wenn es wieder erlaubt ist, bestimmt ein paar Bier springen lassen und das Ausgefallene weitestgehend nachholen." Und vermutlich wird sich auch am Kader wieder nichts ändern.