
Langsam kommt wieder Leben in die Sporthallen. Während die erste Mannschaft des HSC Bad Neustadt bereits die ersten zwei Spiele in der 3. Liga Mitte absolviert hat, beginnt an diesem Wochenende auch für die restlichen Teams aus dem Landkreis Rhön-Grabfeld die Handball-Saison 2020/21 , eine Spielzeit mit vielen Fragezeichen. Angesichts der wieder steigenden Corona-Zahlen kann heute nämlich niemand mit Gewissheit sagen, ob und wie diese Saison zu Ende gespielt wird. So gab es beispielsweise beim Saisonstart in der Bezirksoberliga an den letzten beiden Wochenenden bereits zahlreiche Spielabsagen, die alle mehr oder weniger mit Corona zu tun hatten.
Zwei HSC-Spieler fürchten Probleme mit ihren Arbeitgebern und ziehen sich daraufhin zurück
Davon besonders stark betroffen war die zweite Mannschaft des HSC Bad Neustadt. Nach einem Corona-Fall außerhalb der Mannschaft galten zwei HSC-Spieler als Kontaktpersonen, sodass Trainings- und Spielbetrieb zunächst eingestellt wurden. An diesem Samstag soll es für die Mannschaft von Spielertrainer Nils Thomas mit einem Auswärtsspiel beim TV Großlangheim nun aber endlich los gehen. "Als wir im Juli nach dem Lockdown im Freien mit dem Training begonnen hatten, war eine große Euphorie zu spüren. Im Laufe der Zeit gab es dann aufgrund von Corona und Verletzungen aber schon das eine oder andere Problem", sagt Thomas. So hätten sich auch zwei Spieler für diese Saison komplett abgemeldet. "Sie fürchten im Falle einer Corona-Infektion oder einer angeordneten Quarantäne Probleme mit ihren Arbeitgebern."
Trotz aller Widrigkeiten freut sich Thomas auf das erste Pflichtspiel seit Anfang März. "Wir haben zwar einige Testspiele absolviert, dennoch wissen wir aktuell nicht, wo wir stehen." Ziel für diese Saison sei es, möglichst schnell nichts mit dem Abstieg zu tun zu haben. "Dann muss man von Spiel zu Spiel schauen, zumal ich nie weiß, welche Spieler mir zur Verfügung stehen. Ein Platz unter den ersten Fünf ist aber eigentlich schon mein Ziel", gibt sich Thomas ehrgeizig.
Birgit Gerbig blickt der neuen Saison mit gemischten Gefühlen entgegen
Mit "gemischten Gefühlen" blickt Birgit Gerbig, Trainerin des VfL Sportfreunde Bad Neustadt, der neuen Saison entgegen. "Natürlich freue ich mich, dass es nach dieser langen Pause endlich los geht. Es kann aber natürlich auch schnell wieder vorbei sein", fürchtet sie. Die weibliche C-Jugend hat Gerbig bereits vor dem Saisonstart zurückgezogen. Auch bei dieser Entscheidung spielte Corona eine Rolle. "Wir hatten auf der einen Seite einen sehr dünnen Kader, auf der anderen Seite haben einige Eltern aber auch Bedenken geäußert, wenn es bei Auswärtsspielen in andere Regionen Bayerns geht. Dafür habe ich vollstes Verständnis, die Gesundheit steht an erster Stelle." Dank eines vom Landratsamt genehmigten Hygienekonzeptes können hingegen die Frauen des VfL Sportfreunde an diesem Wochenende wie geplant mit einem Heimspiel gegen die HSG Volkach in die Bezirksoberliga-Saison starten.
Wo ihr Team leistungsmäßig steht, kann Gerbig derzeit schwer einschätzen. "Wir konnten erst relativ spät mit dem Training beginnen, die Halle war sogar bis in den September hinein noch gesperrt", sagt sie. Durch diese lange Pause seien Automatismen bei den Laufwegen und im Passspiel verloren gegangen. "Ich vergleiche das mit einer langen Verletzung. Danach braucht man auch viel Zeit, um wieder zu alter Stärke zurückzufinden." Den Kader der Frauenmannschaft wird Gerbig in dieser Saison häufiger mit einigen B-Juniorinnen auffüllen. "Die Mädels brennen und haben einen unheimlich großen Kampfgeist. Für sie gibt es daher nichts besseres, als frühzeitig Erfahrungen bei den Frauen zu sammeln", ist sie sich sicher.
Mellrichstädter Männer peilen einen Platz unter den ersten Vier an
Relativ optimistisch geht Ditmar Piechulek, Trainer der Männermannschaft des TSV Mellrichstadt, in die neue Saison in der nun eingleisigen Bezirksliga. "Wir haben die Zeit gut überbrückt und relativ schnell wieder mit dem Training begonnen. Zunächst konnten wir nur die Außenanlagen nutzen, später ging es dann auch zurück in die Halle." Was ihn besonders freut ist die gute Trainingsbeteiligung während der gesamten Vorbereitung. "Es waren eigentlich immer mindestens 14 Spieler da, darunter auch die sonst oft fehlenden Studenten", berichtet Piechulek.

Auch die absolvierten Vorbereitungsspiele geben Anlass zur Hoffnung. Gegen den ESV Lok Meiningen gab es eine 22:27-Niederlage sowie ein 25:25-Unentschieden. Auch gegen den Bezirksoberligisten FC Bad Brückenau hielten die TSV'ler lange gut mit, mussten sich am Ende trotz einer zwischenzeitlich hohen Führung aber noch mit 30:33 geschlagen geben. In eigener Halle wollen die Mellrichstädter an diesem Samstag gegen den TV Ochsenfurt dann gleich mit einem Heimsieg starten. "Unser Ziel ist es, unter die ersten vier Mannschaften zu kommen. Die Mannschaften, die wir aus der letzten Saison kennen, sollten wir auf jeden Fall hinter uns lassen können", hofft Piechulek.
Fiedler übt Kritik am Vorgehen des Verbandes
Keine große Lust auf die am Wochenende beginnenden Saison hat hingegen Steffen Fiedler, Handball-Abteilungsleiter des TSV Mellrichstadt und seit Kurzem auch Hygiene-Beauftragter des TSV. "Ich hätte dieses Jahr noch abgewartet und dann im Januar mit einer einfachen Runde begonnen", sagt er. Angesichts der nun startenden Grippesaison und den wieder steigenden Corona-Infektionen rechne er damit, dass es einige Absagen und Verschiebungen geben wird. In diesem Zusammenhang übt Fiedler auch deutlich Kritik am Vorgehen des Bayerischen Handballverbandes (BHV): "Wenn ich eine Mannschaft aus Angst vor Ansteckungen zurückziehen will, steht diese sofort als Absteiger fest. Da reagieren andere Sportverbände deutlich flexibler." Fiedler sieht dadurch die Spieler vom Verband extrem unter Druck gesetzt: "Entweder spielst du Handball und stellst deine privaten sowie beruflichen Sorgen hinten an oder du lässt bei einem Mannschaftsrückzug und dem damit verbundenen Abstieg deine Mannschaft im Stich."
Abmeldung des Mellrichstädter Frauen-Teams droht
Auch den TSV Mellrichstadt könnte ein solcher Rückzug schon bald betreffen. Bei den TSV-Frauen haben sich im Vergleich zur Vorsaison die personellen Probleme nämlich noch einmal verschärft. "Einige Spielerinnen haben sich aufgrund der aktuellen Lage für die komplette Saison abgemeldet. Sie sind zum Teil selbstständig und können es sich nicht erlauben, womöglich wegen dem Handball in häusliche Quarantäne gehen zu müssen. Dafür habe ich auch vollstes Verständnis", sagt Fiedler. Insgesamt würden ihm nur noch fünf Stammspielerinnen und fünf Aushilfen zur Verfügung stehen. "Das ist definitiv zu wenig. Daher werden wir die Mannschaft höchstwahrscheinlich zurückziehen müssen."
Dass die Vereine nicht an der Ausgestaltung des Hygienekonzeptes beteiligt waren, kann Fiedler ebenfalls nicht verstehen."Natürlich ist ein solches Konzept notwendig und wichtig. Ich hätte mir aber gewünscht, dass wir aktiv mit einbezogen worden wären." Für das erste Heimspielwochenende an diesem Samstag komme nun ein großer Aufwand auf ihn und die weiteren ehrenamtlichen Helfer zu. "Im Vergleich zu den sonstigen Heimspielen brauche ich mindestens sechs Helfer mehr", erklärt Fiedler. In der Halle dürfen inklusive der beiden Mannschaften maximal 100 Personen sein, sodass der TSV die Zuschauerzahl zunächst auf 60 Personen begrenzen wird.