Über den Stellenwert von Tischtennis im Vergleich zu anderen Sportarten zu diskutieren, käme der Verwechslung von Äpfeln und Zwetschgen nahe. Nur drei Parameter hierzu: Die Nationalität, der Hauptverein, der Stellenwert in Spitzenvereinen und kleinen Klubs. 850 Millionen Menschen spielen weltweit Tischtennis, in Deutschland wird es unter den Top-10-Sportarten nicht aufgeführt. In China oder Japan etwa ist es die Nummer eins, in Deutschland gäbe es diesbezüglich nur unzuverlässige Schätzungen. Hier wird in den Fußball-Bundesliga-Hauptvereinen SV Werder Bremen und nun auch BV 09 Borussia Dortmund hochklassig gespielt.
Apropos Dortmund. "BVB ist mehr als Fußball", steht auch Timo Boll zu seinem Lieblingsklub: im Fußball und Tischtennis. Diese Borussia blieb aber nach zwei Zweitliga-Meisterschaften 2002 und 2010 vom finanziellen Tropf der börsennotierten Fußballer abgeschnitten und ließ den Platz in der Tischtennis-Bundesliga (TTBL) ungenutzt.
Weiterer Verzicht wäre nicht zu vermitteln gewesen
In diesem Jahr wollte sich das BVB-Präsidium nicht sperren mit Blick auf die Sponsoren des Gesamtvereins. "Ein dritter Verzicht aus wirtschaftlichen Gründen wäre nicht zu vermitteln gewesen", stellte die Tischtennis-Chefin Ulla Reitmeyer klar. "Wir sind Borussia Dortmund und fühlen uns dem Leistungssport verpflichtet."
An diesem Samstag, 12. Oktober, um 17.30 Uhr stellt sich das gegenüber der Meistermannschaft (Simon Berglund, Erik Bottroff, Dennis Klein) neu formierte Team in der Shakehands-Arena beim TSV Bad Königshofen vor. Diese drei gehören zwar noch zum Kader, aber auf den Positionen vier bis sechs. Bereits vor dem Saisonfinale der 2. Bundesliga standen das Top-30-Ass Anders Lind (Dänemerk), der Champions-League-Sieger Cedrik Nuytinck (Belgien) und der Chinese Yonggyin Li vom TTBL-Absteiger Mainz 05 als Zugänge fest und bildeten in den bisher vier Spielen das Top-Trio.
Ein "mittleres sechsstelliges Budget" sei, "seriösen Schätzungen zufolge", vom Präsidium abgenickt worden. Reitmeyer stellte vor Saisonbeginn mit selbstbewusster BVB-Attitude fest: "Wir reden über unsere Performance, und die hat einen Wert für den Verein, für die TTBL und den gesamten Tischtennis-Sport. Die TTBL wartet auf die Borussia und ihre Strahlkraft."
Noch konnte dieses den Erwartungen nicht ganz gerecht, nur in Mühlhausen 3:1 gewonnen werden. Niederlagen gab es in Bremen (1:3), daheim gegen Grünwettersbach (2:3) und Ochsenhausen (1:3). Da nur Li Rechtshänder ist, lässt sich über eine eventuelle Einzel- und Doppelbesetzung relativ treffsicher spekulieren. Das verletzte Bad Königshöfer Aushängeschild Kilian Ort sieht im BVB "eine gefährliche Mannschaft, die mit drei Linkshändern ausgestattet ist".
Filip Zeljko in hervorragender Form
Anders Lind habe "vor kurzem die Nummer 1 der Weltrangliste besiegt und Li kann nahezu jeden Spieler der Liga schlagen". Ort denkt aber immer komplexer, sprich, an die Möglichkeit, dass die Partie im Schlussdoppel entschieden werden könnte. Und er hat nicht vergessen, wie schwer sich der TSV vor drei Wochen in Bad Homburg getan hat: "Ich sehe uns auf dem Papier vorne, wobei insbesondere im Doppel eine konsequentere Vorstellung als in Bad Homburg vonnöten sein wird."
Natürlich setzt man bei den Gastgebern auf die aktuell hervorragende Form von Filip Zeljko, der in Bad Homburg den Schweden Kristian Karlsson entzauberte. Wobei Bastian Steger und Jin Ueda sich mit all ihrer Routine eh nicht von Namen, Ranglistenplatzierungen und Bilanzen aus der Ruhe bringen lassen. Zu rechnen ist beim BVB an Position 1 mit Yongyin Li, der in Mühlhausen beide Einzel gewann. An den Positionen 2 oder 3 könnten Anders Lind und Cedrik Nuytinck zum Einsatz kommen, die beide noch sieglos sind.
